rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
FGO: Wiedereinsetzung nach Versäumung einer Ausschlussfrist für die Einreichung einer Prozessvollmacht
Leitsatz (amtlich)
Das Finanzgericht kann bei versäumter Vollmachts-Ausschlussfrist insoweit über die Wiedereinsetzung durch Zwischen-Gerichtsbescheid entscheiden, wobei es keinen Unterschied macht, ob dieser gemäß herrschender Meinung auf § 155 FGO in Verbindung mit § 303 ZPO oder gemäß Minderheits-Rechtsprechung auf § 97 FGO gestützt wird.
Normenkette
FGO § 62 Abs. 3, §§ 56, 97, 99 Abs. 2, § 155; ZPO § 303
Tatbestand
I. Der Kläger begehrt die Feststellung eines Verlusts aus atypisch stiller Beteiligung als Mitunternehmer an der A ...-AG (A) und Still. Gegenstand der Zwischenentscheidung ist die Frage der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung einer Ausschlussfrist für die Einreichung einer Prozessvollmacht.
Auf Anregung des Beklagten (des Finanzamts -FA-) hat das Finanzgericht (FG) am 2. Mai 2002 eine Ausschlussfrist zur Einreichung einer Original-Prozessvollmacht bis zum 31. Mai 2002 gesetzt (Finanzgerichts-Akte -FG-A- Bl. 8 ff).
Zuvor war am 25. Oktober 2001 nur zu der Sache "III 530/01" wegen "1994" eine Prozessvollmacht vom 12. April 2001 in Kopie eingereicht worden (FG-A Bl. 7 f).
Nach Ablauf der Ausschlussfrist hat der Kläger persönlich mit Schreiben unter dem Datum vom 7. Juni am 10. Juni 2002 eine Original-Prozessvollmacht für "III NEU 1995" mit den Zusatz "für beide Prozesse" für "III 530/01 A wegen Feststellung 1994" und "III 14/02 A wegen Feststellung 1995" eingereicht. Er teilte mit, dass er soeben aus seinem Urlaub zurückgekehrt sei und von der S AG gebeten worden sei, die Prozessvollmacht im Original nachzureichen. Er bat darum, die Verspätung zu entschuldigen (FG-A Bl. 9 f).
Bei dem Aktenzeichen III 14/02 handelt es sich um den Antrag auf gerichtliche Aussetzung der Vollziehung (AdV), der sich auf die vorliegende Klage bezieht. Diesen Antrag hat der Senat mit Beschluss vom 5. Juni 2003 aus anderen Gründen abgelehnt und dabei auf die Frage der Substantiierung bzw. Glaubhaftmachung des Vortrags zur Wiedereinsetzung wegen der Versäumung der Vollmacht-Ausschlussfrist hingewiesen (FG-A III 14/02).
Mit Schriftsatz vom 17. Juni und 22. Juli 2003 hat die Prozessbevollmächtigte sich auf die Entschuldigung der Fristversäumnis des Klägers wegen Urlaubs bezogen, Hotelbelege über die Reiseabwesenheit des Klägers vom 18. Mai bis 6. Juni 2002 nachgereicht und ausgeführt, dass die nachgereichte Vollmacht - trotz Aktenzeichen-Verwechselung - nach den Vermerken des Klägers auch für das vorliegende Klageverfahren wegen "Feststellung 1995" gelte (FG-A Bl. 5 ff).
Ohne die Klage bisher näher begründet (und insbesondere den Gesellschaftsvertrag und die Einlage belegt) zu haben, beantragt der Kläger sinngemäß (FG-A Bl. 2), den negativen Feststellungsbescheids 1995 vom 15. Dezember 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. November 2001 aufzuheben und das FA zu verpflichten, im Rahmen einer gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb der A AG & atypisch Still die dem Kläger zugewiesenen gewerblichen Verluste in Höhe von 100 % seiner Einlage festzustellen.
Das FA beantragt (FG-A Bl. 11), die Klage abzuweisen.
Das FA geht in seiner ausführlichen Klageerwiderung auf die materiellen Streitfragen der Verlustfeststellung ein.
Ergänzend wird Bezug genommen auf die vorstehend angeführten Vorgänge und die damit zusammenhängenden Unterlagen aus der vorliegenden Klageakte und aus der AdV-Akte III 14/02 sowie aus der Gewinnfeststellungsakte und aus der Rechtsbehelfsakte betreffend die Gesellschaftsbeteiligung des Klägers.
Entscheidungsgründe
I. Der Senat entscheidet im Wege des Zwischen-Gerichtsbescheids. In dieser Form kann das FG auch dann entscheiden, wenn mangels Klagebegründung und Darlegung einer Rechtsverletzung (§ 40 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung -FGO-) die Zulässigkeit der Klage noch nicht insgesamt durch Zwischenurteil gemäß § 97 FGO oder entsprechenden (Zwischen-)Gerichtsbescheid (§ 90a FGO) bejaht werden darf.
Dabei kann dahinstehen, ob über einzelne die Zulässigkeit betreffende Fragen bei Sachdienlichkeit, wenn die Beteiligten nicht widersprechen, bereits gemäß § 99 Abs. 2 FGO ("eine Sach- oder Rechtsfrage") entschieden werden kann (bejahend von Wedel in Schwarz, FGO, § 97 Rd. 9).
Unabhängig davon - oder soweit z.T. die Auffassung vertreten wird, dass darunter keine die Klagezulässigkeit betreffenden Fragen fallen, - kann gleichwohl eine Zwischenentscheidung über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - betreffend die Prozessvollmacht-Ausschlussfrist gemäß § 62 Abs. 3 FGO - auf anderweitiger Grundlage getroffen werden, und zwar nach überwiegender Meinung aufgrund § 155 FGO i.V.m. § 303 Zivilprozessordnung -ZPO- (FG Düsseldorf vom 23. Mai 1997 18 K 7246/96 Kg, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 1998, 65 m.w.N.; Schmidt-Troje und Woring in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 97 FGO Rd. 3 und § 155 Rd. 87; von Groll in...