rechtskräftig
Leitsatz (redaktionell)
Im Rahmen einer sogenannten quasi doppelten Haushaltsführung kann der Lebensmittelpunkt eines alleinstehenden Steuerpflichtigen u.U. auch nach Studium und mehrjährigen auswärtigen Beschäftigungsverhältnissen am Heimatort verbleiben.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5
Tatbestand
Streitig ist, ob Aufwendungen des Klägers für eine doppelte Haushaltsführung steuermindernd zu berücksichtigen sind.
Der 1963 geborene ledige Kläger absolvierte in der Zeit von 1985 bis 1988 eine kaufmännische Lehre in Oldenburg. Während dieser Zeit bewohnte er ein Zimmer in seinem nahe gelegenen Elternhaus in Y, das ihm weiterhin, auch im Streitjahr, zur Verfügung stand. Nach der Lehre begann der Kläger ein Studium der Wirtschaftswissenschaften in Kassel, das er 1992 als Dipl.-Ökonom abschloss. Während der Studienzeit bewohnte der Kläger in Kassel ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft und verbrachte die Wochenenden und weitgehend auch die Semesterferien in seinem Elternhaus. Nach dem Studium leistete er ein einjähriges Praktikum bei einer Niederlassung der Firma X in Südafrika ab. Bemühungen, danach im norddeutschen Raum bei X eine Stellung zu erhalten, misslangen zunächst, weil X zu diesem Zeitpunkt einen Einstellungsstopp hatte. Der Kläger übernahm daher ab September 1993 eine Anstellung als Trainee bei einem Sicherheitsunternehmen in Hannover. Hier bezog er die Wohnung des bisherigen Trainees der Firma.
Aufgrund des Anstellungsvertrages vom 24.11.1993 trat der Kläger ab dem 1.1.1994 eine Stelle als Nachwuchsverkäufer bei der X-Niederlassung in Hamburg an, und zwar befristet bis zum 31. März 1995. Ebenfalls ab 1.1.1994 mietete der Kläger eine ca. 42 qm grosse 2-Zimmerwohnung zu einem monatlichen Nettomietpreis von 625 DM an.
Nach Ablauf des befristeten Anstellungsvertrages wurde der Kläger von der Firma X unbefristet weiterbeschäftigt.
In seiner Einkommensteuer(ESt)erklärung 1994 machte der Kläger u.a. Werbungskosten wegen doppelter Haushaltsführung mit Rücksicht auf den Wohnort in der elterlichen Wohnung in Y und die Zweitwohnung in Hamburg geltend. Seine insoweit angefallenen Kosten bezifferte der Kläger wie folgt:
30 Wochen Heimfahrt |
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170 km X 0,70 DM × 30 |
3.570,00 DM |
230 Tage Verpflegung |
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DM 16,– × 230 Tage |
3.680,00 DM |
Strom + Wasser + Miete |
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DM 785,68 × 12 |
9.428,16 DM |
Der Beklagte ließ diese Aufwendungen im ESt-Bescheid 1994 vom 27.12.1995 nicht zum Werbungskostenabzug zu und berücksichtigte lediglich den Arbeitnehmerpauschbetrag unter Hinweis darauf, dass nicht nachgewiesen worden sei, dass der Lebensmittelpunkt weiterhin in Y verblieben sei. Wesentliche Indizien sprächen vielmehr dagegen: Im Mietvertrag über die Hamburger Wohnung und im Anstellungsvertrag sei als Wohnort die Hannoveraner Anschrift genannt worden, ab 1.1.1994 habe eine Kontoverbindung in Hamburg bestanden und es seien in Y lediglich Räumlichkeiten der Eltern bewohnt worden. Hiergegen richtete sich der Einspruch des Klägers vom 17.1.1996, mit dem er geltend machte, der Lebensmittelpunkt sei weiterhin in Y. Angesichts der Kürze der Beschäftigungszeit in Hannover habe dort ein Lebensmittelpunkt nicht begründet werden können. Die Hannoveraner Adresse sei lediglich wegen der Postzustellung im Vorfeld des neuen Beschäftigungsverhältnisses angegeben worden, um eine reibungslose Postzustellung zu ermöglichen.
Mit Einspruchsentscheidung vom 1.10.1997 wurde der Einspruch zurückgewiesen.
Mit seiner am 22.10.1997 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren auf Berücksichtigung einer doppelten Haushaltsführung weiter.
Bis zum Beginn des Studiums habe er, der Kläger, ausschließlich im Hause seiner Eltern gelebt. Auch danach sei dort sein Lebensmittelpunkt geblieben. Während des Studiums in Kassel habe er lediglich ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft bewohnt und sei regelmäßig am Wochenende nach Hause gefahren und habe dort auch die Semesterferien verbracht. In dem großzügigen Haus seiner Eltern mit ca. 250 qm Wohnfläche habe ihm insoweit ein ca. 20 qm großes Zimmer zur Verfügung gestanden. Es sei ihm wichtig gewesen, sich die alten Freunde aus der Schulzeit zu erhalten. Zudem sei er in Oldenburg im Tennisverein gewesen. Nach der Rückkehr von dem Auslandsaufenthalt habe er sich nur für kurze Zeit zwischen September und Dezember in Hannover aufgehalten und während dieser Zeit naturgemäß seinen Lebensmittelpunkt in Y behalten. Nach dem Wechsel nach Hamburg im Streitjahr sei er ebenfalls in Y verwurzelt geblieben. Das Arbeitsverhältnis sei befristet und demzufolge mit Unsicherheiten bezüglich der Zukunft verbunden gewesen. Tatsächlich sei er im Streitjahr an den Wochenenden auch weiterhin nach Y gefahren. Da er zudem Silvester 1993 in Oldenburg eine Freundin kennengelernt habe, sei er gelegentlich auch während der Woche nach Hause in die elterliche Wohnung gefahren. In der Steuererklärung habe er lediglich 30 Wochenheimfahrten angesetzt, weil er später über einen Firmenwagen verfügt habe. Seinerzeit habe er sich auch in Oldenburg beworben, a...