Entscheidungsstichwort (Thema)
Familienleistungsausgleich: Keine Erstattung von Kosten im Vorverfahren bei bloßer Zahlungseinstellung
Leitsatz (amtlich)
Die Vorschrift des § 77 EStG findet keine Anwendung, wenn sich ein Kindergeldberechtigter außergerichtlich erfolgreich gegen eine Einstellung der Kindergeldzahlung wendet. Denn eine bloße Zahlungsunterbrechung nach zuvor erfolgter Kindergeldfestsetzung bzw. zuvor erfolgter Kindergeldzahlung stellt keinen Verwaltungsakt dar.
Normenkette
EStG § 77
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Erstattung der Kosten für ein außergerichtliches Verfahren.
Der Kläger bezieht seit Jahren Kindergeld für mehrere Kinder.
Nach Aktenlage erfolgte zuletzt eine Kindergeldfestsetzung der Familienkasse Hamburg vom 30.04.2013 für das Kind A ab September 2012 mit gleichzeitiger Festsetzung zur Höhe des auch für die anderen Kinder zu beanspruchenden Kindergeldes gem. § 70 Abs. 2 EStG.
Laut Kindergeldverfügung vom 30.04.2013 war die Kindergeldzahlung für das Kind A befristet bis 06.2015, für das Kind B bis 01.2014, für die beiden jüngsten Kinder C und D befristet bis 04.2019 bzw. 10.2022.
Mit Schreiben vom 19.02.2015 teilte die Familienkasse Nord (Hamburg) dem Kläger einen Zuständigkeitswechsel auf die Familienkasse E mit. Das Schreiben enthielt den Hinweis: "Dieser Wechsel hat keinerlei Auswirkungen auf Ihren Kindergeldanspruch. Das Kindergeld wird ohne Zahlungsunterbrechung weiter in der bisherigen Höhe an Sie ausgezahlt."
Die nunmehr zuständige Beklagte versandte am 19.03.2015 einen "Fragebogen zur Prüfung des Anspruchs auf Kindergeld" an den Kläger. Zu diesem Zeitpunkt waren neben dem Kind A auch die jüngeren Kinder C und D als weitere zu berücksichtigende Kinder des Klägers im System der Beklagten gespeichert. Nach Rücklauf des ausgefüllten Fragebogens mit Angabe von vier zu berücksichtigenden Kindern (einschließlich B) nebst Anlagen forderte die Beklagte mit Schreiben vom 01.06.2015 weitere Unterlagen betreffend B von dem Kläger an. Dies leitete sie mit den Worten ein: "über Ihren Anspruch auf Kindergeld kann noch nicht bzw. noch nicht endgültig entschieden werden...". In der Akte findet sich im Anschluss eine Terminanzeige mit dem Hinweis "Anlass: Aufhebungsbescheid/Aufforderung gem. Befristungsgrund A" mit weiterem Hinweis auf eine Befristung für das Kind A 06.2015A. Unter dem 12.10.2015 erfolgte eine "Pseudo-Kassenanordnung" zu Dokumentationszwecken zur Nachzahlung für drei Kinder (ohne B, für A für 01 - 06 2015, für die anderen beiden Kinder für 01 - 07 2015) infolge Erhöhung der Kindergeldsätze zum 01.01.2015. Anschließend gingen weitere Unterlagen des Klägers ein.
Mit am 30.05.2016 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben vom 25.05.2016 wies der Kläger darauf hin, dass seit 18.05.2015 kein Kindergeld mehr ausgezahlt würde, und bat um Zahlung.
Unter dem 27.07.2016 wandte sich eine von dem Kläger bevollmächtigte Rechtsanwältin an die Beklagte. Sie stellte zunächst fest, dass für die Kinder A und B die Kindergeldzahlungen zu Recht eingestellt worden seien. Jedoch seien zu Unrecht im Juni 2015 auch die Zahlungen für die Kinder C und D eingestellt worden, ohne dass ein entsprechender Bescheid erteilt worden sei.
Unter dem 24.08.2016 erfolgte eine "Kindergeldverfügung" bzw. "Kassenanordnung" mit der Verfügungsbemerkung "Zahlungsaufn. nach Termin Fragebogen ab 08/15...". Mit Schreiben gleichen Datums teilte die Beklagte der Bevollmächtigten des Klägers die Aufnahme der Kindergeldzahlung für die "beiden jüngeren" Kinder mit und kündigte eine Nachzahlung ab August 2015 an. Ein gesonderter Bescheid ergehe nicht, da die Festsetzung des Kindergeldes nicht aufgehoben worden sei. Es sei nur eine jährliche Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen erfolgt.
Mit Schreiben vom 13.10.2016 beantragten die Bevollmächtigten unter Hinweis auf die Entscheidung des FG Münster vom 05.02.2015 (11 K 1172/14 Kg), die Kosten der Rechtsvertretung in Höhe von 473,62 € als Aufwendungen gem. § 77 Abs. 3 EStG festzusetzen und die Hinzuziehung der Bevollmächtigten als notwendig zu erklären. Die Einstellung der Kindergeldzahlungen im Zusammenhang mit der Anforderung weiterer Unterlagen stelle einen anfechtbaren Verwaltungsakt dar, gegen den sich der Kläger innerhalb der mangels Rechtsbehelfsbelehrung geltenden Jahresfrist mit dem als Einspruch auszulegenden Schreiben vom 25.05.2016 gewendet habe. Dem habe die Beklagte durch Wiederaufnahme der Zahlungen abgeholfen.
Mit Bescheid vom 16.11.2016 lehnte die Beklagte eine Kostenerstattung nach § 77 EStG mit der Begründung ab, diese sei nur für das Rechtsbehelfsverfahren (Vorverfahren), nicht für das Verwaltungsverfahren vorgesehen.
Am 24.11.2016 legten die Bevollmächtigten namens des Klägers Einspruch gegen den Bescheid vom 16.11.2016 ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 02.01.2017 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. § 77 EStG sehe eine Kostenerstattung nur für einen hier nicht vorliegenden Einspruch gegen ein Festsetzungsverfahren vor. Die Einspruchsentscheidu...