Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgabenordnung: Eidesstattliche Versicherung

 

Leitsatz (amtlich)

In einem Anfechtungsverfahren bzgl. der Aufforderung zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung genügt es für die Benennung des Klaggegenstandes, wenn für das Gericht aus einer kurzen Begründung der Klage erkennbar ist, dass der Kläger den Bescheid dem Grunde nach angreift und dessen vollständige Aufhebung begehrt ist. Eine gleichwohl verfügte Ausschlussfrist ist dann hinfällig.

Wird der zu vollstreckende Haftungsbescheid durch einen anderen ersetzt, wenn die Ladung zur eidesstattlichen Versicherung ergangen, aber noch nicht vollzogen ist, ist diese Ladung nicht gemäß § 257 Abs. 1 Nr. 2 AO aufzuheben.

Die Anfechtungsklage gegen die Anordnung der eidesstattlichen Versicherung erledigt sich nicht dadurch, dass der hierfür angesetzte Termin verstreicht.

Die Ladung zur eidesstattlichen Versicherung ist dem Vollstreckungsschuldner zuzustellen. Die Zustellung an einen Bevollmächtigten ist ausgeschlossen.

 

Normenkette

AO § 130 Abs. 1, § 257 Abs. 1 Nr. 2, § 284 Abs. 1, 3, 6; FGO § 65 Abs. 2 S. 2, § 68 S. 1; VwZG § 7 Abs. 1 S. 2, § 8

 

Tatbestand

A.

Streitig ist die Rechtmäßigkeit zweier Aufforderungen zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und der damit verbundenen Ladungen zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung.

I.

Der Kläger war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der in Hamburg unter der Wohnanschrift des Klägers ansässigen A GmbH, vormals B GmbH.

Die A GmbH reichte beim Beklagten von Mai 2008 bis April 2009 Umsatzsteuervoranmeldungen mit erheblichen Vorsteuerüberschüssen ein. Die Überschüsse wurden damit begründet, dass Kompaktsteuerungen von der Firma C GmbH erworben und nach D exportiert worden seien. Der Beklagte zahlte die Erstattungsbeträge an die A GmbH aus.

Im Rahmen einer durch den Beklagten bei der A GmbH durchgeführten Umsatzsteuersonderprüfung wurde festgestellt, dass die C GmbH die durch die A GmbH beim Beklagten vorgelegten Rechnungen nicht ausgestellt und keine entsprechenden Lieferungen an die A GmbH durchgeführt hatte. Der Beklagte änderte daraufhin unter dem 22. Juni 2009 die Bescheide über die Umsatzsteuervorauszahlungen für die Monate August 2008 bis März 2009. Hierin wurden die Vorsteuerüberschüsse um die in den vermeintlichen Rechnungen der C GmbH ausgewiesene Umsatzsteuer reduziert und die bereits ausgezahlten Beträge in Höhe von insgesamt Euro ... unter Fristsetzung bis zum 2. Juli 2009 zurückgefordert (Finanzgerichtsakten -FGA- 3 K 259/09 Bl. 24 ff.).

Der Beklagte beauftragte den Vollziehungsbeamten am 18. August 2009 mit der Pfändung beweglicher Sachen bei der A GmbH und der Feststellung etwaiger Forderungen und Vermögensrechte (VollstrA A GmbH, Rückstandsanzeige vom 27. Juli 2009). Als der Vollziehungsbeamte den Kläger am 21. August 2009 in seiner Wohnung aufsuchte, verweigerte dieser die Erteilung jeglicher Auskünfte über die Vermögensverhältnisse der A GmbH (Bericht des Vollziehungsbeamten vom 21. August 2009, VollstrA A GmbH Bl. 5).

Daraufhin forderte der Beklagte den Kläger durch Bescheid vom 8. Oktober 2009 (VollstrA A GmbH Bl. 6, Az. .../.../... Vo 1), dem Kläger zugestellt am 10. Oktober 2009 (Postzustellungsurkunde, VollstrA A GmbH Bl. 7) auf, am 17. November 2009 im Finanzamt zu erscheinen und ein Verzeichnis des Vermögens der A GmbH vorzulegen und zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass die verlangten Angaben richtig und vollständig gemacht worden seien.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 10. November 2009 (VollstrA A GmbH) Einspruch ein, den er nicht begründete.

II.

Am 5. Juni 2009 erließ der Beklagte wegen der Rückforderungen gegenüber der A GmbH eine Arrestanordnung in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Klägers (VollstrA Kläger Bl. 1). Der Kläger habe vorsätzlich Scheinrechnungen in die Buchhaltung der A GmbH einfließen lassen, um zu Unrecht Vorsteuererstattungen geltend machen zu können. Er hafte daher nach § 71 AO für die verkürzten Steuern, und es stehe zu befürchten, dass ohne die sofortige Sicherung der Vollstreckung die Beitreibung vereitelt oder wesentlich erschwert würde. Vollstreckungsmaßnahmen in das Vermögen der A GmbH seien aussichtslos, da diese Gesellschaft nach der Bilanz auf den 31.12.2007 kaum werthaltiges Vermögen besessen habe und unter Zugrundelegung der eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen so gut wie keine weiteren Vermögensgegenstände angeschafft worden sein könnten. Dass nach diesen Voranmeldungen mehr als 95 % der Wareneinkäufe auf die angeblichen Lieferungen der C GmbH entfallen seien, begründe den dringenden Verdacht, dass es sich bei der A GmbH um ein Scheinunternehmen gehandelt habe, das allein dem Erschleichen von Vorsteuererstattungen gedient habe. Auf den weiteren Inhalt der Arrestanordnung wird Bezug genommen.

Der Beklagte beauftragte den Vollziehungsbeamten am 5. Juni 2009 (VollstrA Kläger Bl. 9), aufgrund der Arrestanordnung in den Räumlichkeiten des Kläger...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge