rechtskräftig
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei der Anfechtung von Schätzungsbescheiden reicht die Einreichung von bloßen Steuererklärungen mit abweichenden Angaben ohne nachvollziehbare Buchführungsunterlagen zur Angabe des Gegenstandes des Klagbegehrens jedenfalls dann nicht aus, wenn auch in den Vorjahren die Steuerfestsetzung auf einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen beruhte.
2. Die Mandatsniederlegung eines während des gesamten Rechtsstreits tätigen Prozessbevollmächtigten unmittelbar vor Beginn der mündlichen Verhandlung verhindert nicht die Durchführung der mündlichen Verhandlung und Entscheidung, wenn die Ladung einen Hinweis gemäß § 91 Abs.2 FGO enthielt.
3. Das gilt auch, wenn wegen der überraschenden Verhinderung des Klägers persönlich niemand zur mündlichen Verhandlung erschienen ist.
Normenkette
FGO § 65 Abs. 1 S. 1, § 91 Abs. 1-2; AO § 145; GG Art. 103 Abs. 1
Tatbestand
Der als Handelsvertreter tätige Kläger wehrt sich gegen Steuerbescheide für 1996, die auf Schätzungen der Besteuerungsgrundlagen beruhen. Auch für 1995 hatte der Beklagte Schätzungsbescheide erlassen. Zunächst ebenfalls für 1994 ergangene Schätzungsbescheide waren nach Vorlage von Steuererklärungen antragsgemäß geändert worden. Für diese Jahre liegen weder Bilanzen noch Gewinn- und Verlustrechnungen vor. Lediglich für 1993 hatte der Kläger unter Gegenüberstellung der Erlöse sowie der Wareneinkäufe und Kosten eine vorläufige Gewinnermittlung eingereicht, nach der sich um 78.641 DM höhere Erlöse ergeben hatten.
Als Grundlage der für das Streitjahr 1996 erlassenen Bescheide schätzte der Beklagte Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb in Höhe von 75.000 DM. Für die Vorjahre hatte er folgende Beträge angesetzt: 95.000 DM für 1995, 27.816 DM für 1994, 103.921 DM für 1993. Die Umsätze für das Streitjahr 1996 schätzte der Beklagte auf 381.412 DM, während 675.000 DM für 1995, 653.156 DM für 1994 und 575.381 DM für 1993 zugrunde gelegt worden waren. Die Bescheide für die Vorjahre sind bestandskräftig.
Gegen die am 4.5.1998 erlassenen Bescheide über Umsatzsteuer, über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer und über Einkommensteuer legte der Vertreter des Klägers am 5.5.1998 Einspruch ein. Seine Begründung lautete jeweils: „Schätzung ins Blaue”. Durch die Einspruchsentscheidung vom 7.7.1998, mit Postzustellungsurkunde zugestellt am 8.9.1998, wies der Beklagte den Einspruch zurück, da nach dem Akteninhalt keine Verstöße gegen geltende Bestimmungen festzustellen seien.
Mit Schreiben vom 10. 8.1998 erhob der Prozessbevollmächtigte des Klägers Klage „wegen Umsatzsteuerbescheid für 1996 vom 4. 5. 1998, Einkommensteuerbescheid für 1996 vom 4. 5. 1998, Bescheid für 1996 über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer vom 4. 5.1998” und kündigte als Antrag für die mündliche Verhandlung an,
den Umsatzsteuerbescheid vom 4. 5.1998 dahin abzuändern, dass die Mehrwertsteuer von 57.211,80 DM auf 45.361 DM zu verringern und die Vorsteuer von 36.000 DM auf 41.316 DM zu erhöhen sei;
den Gewerbesteuerbescheid vom 4. 5.1998 dahin abzuändern, dass der Ertrag aus Gewerbebetrieb von 75.000 DM auf 46.213 DM zu vermindern sei,
den Einkommensteuerbescheid vom 4. 5. 1998 dahin abzuändern, dass das zu versteuernde Einkommen auf DM 38.369 DM festzusetzen sei.
Trotz einer gerichtlichen Verfügung vom 13.8.1998, die Klage binnen 4 Wochen zu begründen und einer Erinnerung vom 25.9.1998 mit weiterer Fristsetzung von 4 Wochen erfolgte zunächst kein weiterer Vortrag. Nachdem durch Verfügung des Vorsitzenden vom 28.10.1998, zugestellt am 29.10.1998, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers gemäß § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO eine Frist mit ausschließender Wirkung bis zum 30.11.1998 gesetzt worden war, alle Tatsachen anzugeben, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren eine Beschwer empfunden werde, reichte der Prozessbevollmächtige mit Schriftsatz vom 30.11.1998, eingegangen am 1.12.1998 Zweitschriften einer Umsatzsteuer-, Gewerbesteuer- und Einkommensteuererklärung für 1996 ein. Den Erklärungen hatte er mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass ihm nichts weiter vorliege, keine Unterlagen beigefügt. In dem Konvolut der Erklärungen befand sich in Kopie ein nicht bezeichnetes und nicht zugeordnetes Einzelblatt mit einer Erklärung über beabsichtigte Anschaffungen in Höhe von insgesamt 310.000 DM, auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Bl.17 d.A.).
Der Prozessbevollmächtigte stellte nunmehr unter Berufung auf die in den Erklärungen vom Kläger selbst eingetragenen Beträge den Antrag,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidungen des Beklagten vom 7.7.1998 und Änderung der Bescheide für 1996 vom 4.5.1998 über die Umsatzsteuer, den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer sowie die Einkommensteuer
im Umsatzsteuerbescheid die Mehrwertsteuer von 57.211,80 DM auf 49.829,88 DM verringert und die Vorsteuer von 36.000 DM auf 43.273,80 erhöht festzusetzen,
im Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer eine...