Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsvermögen i.S.d. § 4 Abs. 1 EStG
Leitsatz (amtlich)
Der handelsrechtliche Bilanzausweis von Forderungen wird für die steuerrechtliche Qualifikation durch das Veranlassungsprinzip verdrängt (§ 4 Abs. 1 und Abs. 4 EStG).
Normenkette
EStG § 4; BGB § 739; HGB § 161 Abs. 2, § 105 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Forderung gegen den Gesellschafter der Klägerin ein Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens darstellt, das auf den niedrigeren Teilwert abzuschreiben war.
Die Klägerin wurde 1978 gegründet. Geschäftsgegenstand der Klägerin sind ein ... Betrieb und Apparatebau sowie Bauausführungen. Persönlich haftende Gesellschafter der Klägerin waren bis einschließlich zum Streitjahr 1999 der ...-meister L und der Ingenieur K.
Am 22.01.1997 trafen die Klägerin, vertreten durch den persönlich haftenden Gesellschafter L, und K folgende als Darlehensvertrag bezeichnete Vereinbarung:
- Herr K ist berechtigt, für die Herstellung von ...-Anlagen (und evtl. eine Anlage für Leiterplatten), Geldbeträge bis zur Höhe von 750.000,-DM ... aus der ... (Klägerin) zu entnehmen. Dieser Betrag wird Herrn K als Darlehen gewährt. Weitere Entnahmen werden gemeinsam abgestimmt.
- Die Fa. P hat der ... (Klägerin) größere ...-Aufträge (auch solche für Leiterplatten) in Aussicht gestellt. Bedingung der Auftragsvergabe ist, dass die ... (Klägerin) diese Großaufträge bearbeiten kann und über entsprechende ...-Anlagen verfügt. Herr K wird den Umfang der Herstellung der Anlagen und den Zeitpunkt der Lieferung mit der ... (Klägerin) abstimmen.
- ...
- Die ...(Klägerin) wird die von Herrn K hergestellten Anlagen übernehmen. Herr K wird die Anlagen zu einem Preis herstellen können, der weit unter dem Marktpreis für Neuanlagen liegt, da er die Anlagen im wesentlichen nur aus gebrauchten Teilen unter Einsatz der eigenen Arbeitskraft herstellen wird..."
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 20.01.1997 Bezug genommen.
Im Dezember 1998 hatte K eine ...-anlage zu 85% fertig gestellt. Der Wert wurde von einem von K beauftragten Sachverständigen für ...-technik B am 14.09.1998 auf 390.000 DM geschätzt. Im November 1999 hatte K eine ...-anlage zu 90% fertig gestellt. B ermittelte den Wert dieser Anlage am 23.11.1999 mit 335.000 DM. Die unfertigen Anlagen waren in einer Lagerhalle des K in R deponiert; sie kamen bei der Klägerin nicht zum Einsatz. Der Sohn des K, S, und Geschäftsführer der 2007 in das Handelsregister eingetragenen persönlich haftenden Gesellschafterin der Klägerin beauftragte B im Juni 2000 mit der Vermittlung des Verkaufs dieser Anlagen. Im März 2001 teilte B dem S mit, dass sich die Anlagen mangels fachgerechter Lagerung und Pflege nicht in einem besichtigungsfähigen Zustand befänden, sie derzeit nicht verkauft werden könnten und er seine Vermittlungsarbeit nicht fortführen werde.
Mit Schreiben vom 29.10.1999 forderte der persönlich haftende Gesellschafter der Klägerin L den Gesellschafter K auf, angesichts seines, des K, Vermögensverfalls bis zum 30.11.1999 die Entnahmen aus der Klägerin in Höhe von 522.178,91 DM (Kapitalkonto per 31.12.1998: 422.178,92 DM zuzüglich Entnahmen per 29.10.1999: 100.000 DM) zurückzuzahlen. Hierzu heißt es weiter: "In den Entnahmen per 29.10.1999 ist der mögliche Gewinnanteil für 1999 geschätzt worden".
Am 20.12.1999 unterzeichnete K ein Schuldanerkenntnis über einen Betrag in Höhe von 522.178,92 DM per 29.10.1999 gegenüber der Klägerin unter Verzicht auf die Einrede der Verjährung.
Die Klägerin ermittelte ihr Jahresergebnis für 1999 mit einem Verlust von 232.523,35 DM. Dabei berücksichtigte sie unter Konto 2000 "außerordentliche Aufwendungen" in Höhe von 528.433 DM als Betriebsausgaben. In den Erläuterungen zur Bilanz auf den 31.12.1999 (Kontenausweis zur GuV), die am 11.12.2000 aufgestellt wurde, führte sie aus, dass es sich hierbei um die Abschreibung des Kapitalkontos des ausgeschiedenen persönlich haftenden Gesellschafters K handele und diese Forderung aus Vorsichtsgründen mit 1 DM zu bewerten sei.
Mit Bescheid vom 12.05.2003 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1999 stellte der Beklagte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 295.909,65 DM (Unterschiedsbetrag zur Feststellungserklärung: 528.433 DM) fest. Hiergegen legte die Klägerin am 06.06.2003 Einspruch ein. Diesen begründete sie damit, dass K zum 10.06.2000 aus der Gesellschaft ausgeschlossenen worden sei und sein Entnahmekonto in diesem Zeitpunkt einen negativen Saldo in Höhe von 522.178,92 DM aufgewiesen habe. K habe diese Forderung durch Schuldanerkenntnis vom 20.12.1999 anerkannt; er sei bereits im Jahr 1999 verpflichtet gewesen, das negative Kapitalkonto zurückzuzahlen, da die Entnahmen nicht durch den Gesellschaftsvertrag gedeckt und unberechtigt gewesen seien. Die Forderung gegen K in Höhe von 522.178,92 DM sei wertzuberichtigen, da der Teilwert durch die fortbestehende Zahl...