Entscheidungsstichwort (Thema)
Begriff "für eigene Zwecke" in § 10 StromStG - schriftliche Mitteilung eines Außenprüfers als verjährungshemmende Prüfungshandlung
Leitsatz (amtlich)
- Einzelfallentscheidung zu den Fragen, ob der von einem Unternehmen des produzierenden Gewerbes zur Steuervergütung angemeldeter Strom im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 StromStG für eigene betriebliche Zwecke verwendet wurde bzw. ob eine bestimmte Anlage als Betriebsstätte oder als Unternehmen des Produzierenden Gewerbes anzusehen ist.
- Einzelfallentscheidung zu der Frage, ob eine bestimmte Mitteilung eines Außenprüfers als verjährungshemmende Prüfungshandlung anzusehen ist.
Normenkette
StromStG § 2 Nrn. 3-4, § 9 Abs. 3, § 10; AO § 169 Abs. 2 Nr. 1, § 170 Abs. 2 Nr. 1, § 171 Abs. 4 Satz 1
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Korrektur eines Steuervergütungsbescheides durch das beklagte Hauptzollamt.
Die Klägerin ist ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes im Sinne des § 2 Nr. 3 des Stromsteuergesetzes vom 24.03.1999 (BGBl. I S. 378, geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 18.12.2006, BGBl. I S. 3180) und aufgrund der Erlaubnis des beklagten Hauptzollamtes vom 17.08.1999 gemäß § 9 Abs. 3 StromStG zur Entnahme von steuerbegünstigtem Strom berechtigt. Sie betreibt von ihrer Zweigniederlassung "Geflügelhof A" in B aus ein geschlossenes System der Zucht, Brut, Aufzucht und Mast von Geflügel, wobei sie für die Geflügelhaltung sowohl eigene als auch fremde landwirtschaftliche Betriebe nutzt. Ihre Zweigniederlassung C dient der Schlachtung, Zerlegung, Verarbeitung und Verpackung von Geflügel; die Durchführung der verschiedenen Produktionsschritte hat die Klägerin im Rahmen von Werkverträgen an dritte Firmen übergeben.
Im Rahmen einer im Jahre 2007 durchgeführten Außenprüfung gelangte das beklagte Hauptzollamt zu dem Ergebnis, dass die Klägerin für das Kalenderjahr 2005 für Strommengen eine Vergütung nach § 10 StromStG erhalten hatte, die sie nicht selbst zu betrieblichen Zwecken verbraucht, sondern an Dritte geleistet hatte, die nicht im Besitz einer Erlaubnis nach § 9 Abs. 3 StromStG waren. Nachdem das beklagte Hauptzollamt zunächst mit Bescheid vom 14.08.2008 den bezüglich der Stromsteuervergütung 2005 ausgesprochenen Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben hatte, setzte es gegenüber der Klägerin mit Steuerbescheid vom 26.08.2008 die Stromsteuer für das Kalenderjahr 2006 auf € 134.077,32 fest.
Die Klägerin erhob gegen den Steuerbescheid vom 26.08.2008 Einspruch, den das beklagte Hauptzollamt mit Einspruchsentscheidung vom 04.05.2009 zurückwies.
Mit ihrer am 08.06.2009 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren fort. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: Sie habe zwar im Kalenderjahr 2005 ihre Vertragspartner mit der Elterntierhaltung, der Aufzucht und der Mast betraut, die die Aufgabe gehabt hätten, für die Versorgung, Pflege und Überwachung der Tiere, das Auslesen der Bruteier und die Bereitstellung schlachtreifer Tiere zu sorgen. Die Übertragung dieser Aufgaben auf ihre Vertragspartner führe indes noch nicht zu der Annahme, dass eine Stromleistung an ihre Vertragspartner und damit an Dritte gegeben sei. Denn der Betrieb der technischen Anlagen, in die der von ihr - der Klägerin - aus dem Netz entnommene Strom unmittelbar gelangt sei, sei nicht auf die Vertragspartner übergegangen. Die gesamte Technik zur Wärmeerzeugung, Lüftung, Fütterung und Steuerung stehe in ihrem Eigentum, deren Instandhaltung, Reparatur und Erneuerung werde auf ihre Kosten ausgeführt. Sie - die Klägerin - habe auch die Stromversorgungsverträge mit den Energieversorgungsunternehmen selbst geschlossen und trage auch die Kosten der Stromversorgung. Den Auftragnehmern stünden nur durch ihre Anlagen erzeugte Wärme, Luft und Licht zur Verfügung. Dabei handele es sich entgegen der Auffassung des beklagten Hauptzollamtes nicht um elektrischen Strom im Sinne des § 1 StromStG, sondern um Produkte, die durch die technische Nutzung des elektrischen Stroms entstünden. Denn als elektrischer Strom werde eine gerichtete Bewegung von Ladungsträgern, z.B. von Elektronen oder Ionen, in einem Festkörper, einer Flüssigkeit, einem Gas oder in Vakuum bezeichnet. Dies treffe aber auf die mittels Strom erzeugte Wärme, Luft und Licht bereits begrifflich nicht zu. Der vereinbarte (Warm-)"Pachtzins" umfasse zwar die Betriebskosten. Diese deckten jedoch nicht annähernd ihren - der Klägerin - tatsächlichen Aufwand und würden von den Auftragnehmern für erzeugte Wärme, Luft und Licht entrichtet, die jedoch mit Strom im Sinne des § 1 StromStG gerade nicht vergleichbar seien. Im Übrigen komme es ohnehin nicht auf den Wortlaut der vorliegenden Vereinbarung, sondern allein darauf an, wie die Vertragsbeziehungen nach ihrem Geschäftsinhalt objektiv einzuordnen seien. Sie - die Klägerin - habe bereits im Rahmen der Betriebsprüfung darauf hingewiesen, dass die Wartung, Instandhaltung und Reinigung der technischen Anlagen - wie Lüftungsanlagen, Heizungsanlagen, Beleuchtung und Futtera...