Revision eingelegt (BFH VII R 25/23)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Nacherhebung von Antidumpingzoll auf Einfuhren von Verbindungselementen mit Ursprung in der Volksrepublik China
Leitsatz (amtlich)
1. Die Aufhebung der endgültigen Antidumpingzölle der VO (EG) Nr. 91/2009 mit Wirkung vom 28. Februar 2016 durch Art. 1 und Art. 2 DVO (EU) 2016/278 gilt (nur) für solche Antidumpingzölle, die bei Inkrafttreten der DVO (EU) 2016/278 noch nicht durch Bescheid festgesetzt waren.
2. Die Auslegung des Art. 2 DVO (EU) 2016/278 ergibt nach Wortlaut und Normzweck, dass ab Inkrafttreten der DVO (EU) 2016/278 keine Rechtsgrundlage für die Erhebung dieser Antidumpingzölle mehr besteht, weder für Einfuhren, die ab dem Inkrafttreten der DVO (EU) 2016/278 stattfinden, noch für Einfuhren, die vor dem Inkrafttreten der DVO (EU) 2016/278 bereits stattgefunden haben. Davon unberührt bleiben lediglich vor dem Inkrafttreten der DVO (EU) 2016/278 bereits erhobene Antidumpingzölle, wobei es unerheblich ist, ob der Bescheid mit dem der Antidumpingzoll festgesetzt wurde, bereits bestandskräftig ist oder nicht (Bestätigung der Urteile des Senats vom 3. April 2019, 4 K 80/16 und 4 K 191/16).
Normenkette
ZK Art. 220 Abs. 1 S. 1; EUVO-91/2009 Art. 1 Abs. 1; Verordnung (EU) 2016/278 Art. 1-2
Tatbestand
Die Klägerin, eine sich mittlerweile in Liquidation befindende GmbH & Co. KG, wendet sich gegen die Nacherhebung von Antidumpingzoll für die Einfuhr von Schrauben.
Die Klägerin, vertreten durch die A (GmbH & Co) KG, überführte mit Zollanmeldung vom 3. September 2010 zwei Partien Schrauben der Warennummern 7318 1569 990 bzw. 7318 1589 990 aus Malaysia in den zollrechtlich freien Verkehr unter Vorlage eines entsprechenden Ursprungszeugnisses Formblatt A (KL2010/XXX vom 12. August 2010). Das Ursprungszeugnis wies als Aussteller Secretary General, Ministry of International Trade and Industry Malaysia (MITI), aus und bescheinigte eine Herstellung der angegebenen Waren in Malaysia durch den Ausführer, die Firma F., G (Malaysia) - im Folgenden: F -. Ausgehend von einem malaysischen Warenursprung wurden mit Einfuhrabgabenbescheid vom 3. September 2010 gegen die Klägerin ... EUR EUSt festgesetzt.
Mit Schreiben vom 17. August 2012 informierte das Zollkriminalamt D mehrere Hauptzollämter, u.a. den Beklagten, über den Untersuchungsbericht ... OF/2010/XXX des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung (OLAF) vom 2. August 2012, nach dessen Ergebnis Verbindungselemente, die aus der malaysischen "Free Commercial Zone Port Klang" (Freizone) in die Europäische Union eingeführt worden seien, tatsächlich ihren Warenursprung in der Volksrepublik China gehabt hätten und später als Ursprungswaren Malaysias in die Europäische Union importiert worden seien, und forderte dazu auf, die zusammengetragenen Informationen anhand der beigefügten Tabellen (...) durch Erhebung des Antidumping- und Drittlandszolls auszuwerten.
Im Mai 2012 erhielt das Zollfahndungsamt Hamburg über ein beim Zollfahndungsamt E anderweitig geführtes Ermittlungsverfahren Erkenntnisse über die Firma F, wonach diese lediglich als scheinbarer Hersteller von Verbindungselementen genutzt worden sei, um einen Ursprung der Waren in Malaysia vorzutäuschen. Daraufhin leitete das Zollfahndungsamt Hamburg im Juli 2012 gegen unbekannte Verantwortliche der Klägerin wegen des Verdachts der gewerbsmäßigen Hinterziehung von Einfuhrabgaben ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren ein (Az. xxx), das vom Hauptzollamt H im Oktober 2012 übernommen wurde (Az.: xxx).
Auf Antrag des Hauptzollamts H ordnete das Amtsgericht H am 6. Juni 2013 im Rahmen des eingeleiteten Ermittlungsverfahrens die Durchsuchung der Geschäftsräume der Klägerin und der A (GmbH & Co) KG an, im Rahmen der Durchsuchung wurden Geschäftsunterlagen und Datenbestände, u.a. E-Mail-Konten der Geschäftsführer der Klägerin J und K, als mögliche Beweismittel sichergestellt. Nach Auswertung des sichergestellten Materials wurden im Juni 2014 im Rahmen des laufenden Ermittlungsverfahrens die Ermittlungen wegen des Verdachtes der gewerbsmäßigen Steuerhinterziehung gegen K, L, M, N und O aufgenommen.
Auf Veranlassung des Beklagten hatte das Hauptzollamt Q, Bundesstelle Ursprungsnachprüfung, zu dem vorgelegten Ursprungszeugnis sowie zu vier Ursprungszeugnissen, die im Zusammenhang mit weiteren in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten fallenden, hier nicht streitgegenständlichen Einfuhren der Klägerin von Schrauben des Lieferanten F vorgelegt worden waren, Nachprüfungsersuchen eingeleitet, woraufhin das MITI mit zwei Schreiben vom 29. März 2013 mitteilte, dass die Ursprungszeugnisse jeweils durch das MITI ordnungsgemäß ausgestellt worden seien.
Ende 2013 wurde die Klägerin aufgelöst und befindet sich seitdem in Liquidation.
Mit Schreiben vom 27. Mai 2014 übersandte das Zollkriminalamt D dem Beklagten den Abschlussbericht des OLAF zur AM 2010/XXX vom 7. April 2014 (OF/2010/XXX).
Das beim Zollfahndungsamt Hamburg eingeleitete und vom Hauptzollamt H übernommene strafrechtliche E...