Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH VII B 190/12)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgabenordnung: Haftung wegen Steuerhinterziehung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Haftung des maßgeblich lenkend an einem Umsatzsteuerkarussell mitwirkenden Geschäftsführers einer am Ende der deutschen Rechnungskette stehenden Firma wegen Steuerhinterziehung für die nach § 14c Abs. 2 UStG bestehenden Umsatzsteuerschuld der in der Rechnungskette davor liegenden Firma.

 

Normenkette

AO §§ 71, 191; UStG § 14c Abs. 2; StGB § 25 Abs. 2, § 27

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen einen Haftungsbescheid für Umsatzsteuern.

Er war Geschäftsführer der A Marketing GmbH mit Sitz in B (im Folgenden: A). Die Steuerfahndung Hamburg führte in den Jahren 2007 und 2008 gegen insgesamt 18 Personen - zu denen auch der Kläger gehörte - Ermittlungen aufgrund des Verdachts der gemeinschaftlichen Steuerhinterziehung im Rahmen organisierter Vorsteuererschleichung in den Jahren 2006 und 2007 durch.

Durch Urteil des Landgerichts Hamburg vom ... 2009 (...) wurde der Kläger wegen mittäterschaftlich begangener Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Nach den Feststellungen des Landgerichts wirkte der Kläger zusammen mit anderen Angeklagten in den Veranlagungszeiträumen April 2006 bis September 2007 an einem gut organisierten Umsatzsteuerhinterziehungssystem mit, in das die Firma A einbezogen worden war. Das Hinterziehungssystem habe aus zwei Rechnungsketten bestanden, die als Quer- und Standardgeschäft bezeichnet worden seien. Das Quergeschäft habe der eigentlichen Umsatz- und Vorsteuerhinterziehung gedient. Über das Standardgeschäft seien die Umsatzsteuergewinne aus dem Quergeschäft verdeckt an ... Täter weitergeleitet worden. Zugleich habe dieses Geschäft der Verschleierung des eigenen Beuteanteils sowie der eigenen Tatbeteiligung gedient. Der Firma A sei dabei eine Schlüsselposition zu gekommen. Bei ihr sei die Geltendmachung und zuletzt auch die Auszahlung der zu Unrecht ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge als Vorsteuerguthaben erfolgt. Zudem sei sie sowohl im Quer- als auch im Standardgeschäft eingebunden gewesen, so dass zugleich die Weiterleitung der aus dem Quergeschäft erlangten Vorsteuern an die ... Täterseite durch sie über die Rechnungskette des Standardgeschäfts erfolgt sei.

Im Quergeschäft hätten die Angeklagten durch die Konstruktion der Rechnungskette dafür gesorgt, dass die erste deutsche Firma in der Kette, die keine Umsatzsteuererklärungen habe abgeben sollen und auch nicht abgegeben habe, nicht der Firmengruppe A nach außen zuzuordnen gewesen sei und zudem nicht dieser Firmengruppe zugehörige Firmen als Rechnungsaussteller unmittelbar vorgelagert gewesen seien. Der Kläger sowie andere Angeklagte hätten auf diese Weise ihre Kenntnis und damit ihre Zuordnung zu dem auf Steuerhinterziehung angelegten Betrugssystem verschleiern wollen.

Die innerstaatliche Rechnungskette im Quergeschäft habe von Juni bis September 2007 wie folgt ausgesehen:

C GmbH (im Folgenden: C) - D GmbH - E Vertriebs- und Handels GmbH (im Folgenden: E) - A

Die erste Firma in der Rechnungskette, die C, habe tatsächlich keinen Handel betrieben, sondern lediglich Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis erstellt, ohne die dadurch entstandene Umsatzsteuer anzumelden und an das Finanzamt abzuführen. Die nachfolgenden Firmen hätten die Waren mit einem geringen Aufpreis weiterfakturiert. Die Firma A habe die Waren dann ... Firmen in Rechnung gestellt und zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuerbeträge als Vorsteuerguthaben geltend gemacht, ohne - wegen des Verkaufs ins europäische Ausland - eigene Umsatzsteuern anmelden zu müssen.

Der Kläger habe mit der Firmengruppe A, zu der auch die Firmen F GmbH und Co. KG und die Firma G Handels GmbH gehört hätten, die Unternehmen und jeweils eine bestehende Unternehmensinfrastruktur eingebracht, mit Hilfe derer die Tat überhaupt hätte begangen werden können. Er habe zudem die Finanzplanung vorgenommen und die letzte Entscheidungsgewalt für seinen Einflussbereich gehabt.

Im Umsatzsteuerhinterziehungsystem A habe sich der Schaden auf insgesamt rund ... € zu Unrecht angemeldeter und erstatteter Vorsteuern in der Zeit von April 2006 bis September 2007 mit Ausnahme der Monate Juli und September 2006 belaufen. Der Kläger habe bewirkt, dass das Finanzamt zu Unrecht Vorsteuern für die Firma A in Höhe dieses Betrags festgesetzt habe.

Die Taten seien aus der Unternehmensgruppe A heraus begangen und gesteuert worden. Der Kläger sei Geschäftsführer sämtlicher Gesellschaften gewesen, die zu der Firmengruppe gehört hätten. Ihm sei eine Zentralstellung zugekommen. Er sei derjenige gewesen, der die formellen Verträge mit den an dem System beteiligten Unternehmen unterzeichnet habe. Er habe die Finanzkontrolle wahrgenommen und die Verteilung des Umsatzsteuergewinns mit dem anderweitig verfolgten H abgestimmt. Hierfür habe er auch die Rechnungsbeträge des Quer-und Standardgeschäfts sowie die Anme...

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