Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH VII B 149/21)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Stromsteuergesetz: Strom zur Stromerzeugung - Neben- und Hilfsanlagen einer in Kraft-Wärme-Kopplung betriebenen Stromerzeugungseinheit
Leitsatz (amtlich)
1. Der Gasverdichter, die sekundäre Gastrocknung und die Kühlkreispumpe des sekundären Kühlkreises der streitbefangenen Blockheizkraftwerke sind begünstigungsfähige Neben- und Hilfsanlagen einer Stromerzeugungseinheit nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStG.
2. Zur Schätzung nach § 12 Abs. 2 StromStV.
Normenkette
StromStG § 9; StromStV § 12; EGRichtl 2003/96/EG Art. 14 Abs. 1 lit. a
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Entlastung von Strom zur Stromerzeugung.
Die Klägerin betreibt in einem Betriebsraum zwei Blockheizkraftwerke (BHKWs), mit denen in Kraft-Wärme-Kopplung Strom und Wärme erzeugt werden. Der produzierte Strom wird bilanziell in das Netz des ortsansässigen Stromversorgers eingespeist und nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vergütet. Die produzierte Wärme dient der Eigenbedarfsdeckung der Biogasanlage und der Wärmelieferung an in der Nähe ansässige Landwirtschaftsbetriebe. Überschusswärme wird erforderlichenfalls über Notkühler abgefahren. Den Strombedarf der Biogasanlage und der angeschlossenen Blockheizkraftwerke deckt die Klägerin über strombesteuerte Entnahmen aus dem öffentlichen Versorgungsnetz. Im Streitjahr 2016 wiesen die BHKWs ausweislich der Betriebsstundenzähler 8.654 respektive 8.688 Betriebsstunden auf.
Als Kraftstoff für die in den BHKWs verbauten Zündstrahlmotoren verwendet die Klägerin in ihrer Biogasanlage erzeugtes Rohbiogas, das im Wesentlichen ein Gasgemisch aus Methan, Kohlendioxid sowie weiteren Begleitstoffen ist. Die vor dem Einsatz in Verbrennungsmotoren stets erforderliche primäre Entschwefelung erfolgt als biologische Entschwefelung innerhalb der Fermenter am Standort der Biogasanlage. Das Biogas wird sodann in der Verrohrung von der Biogasanlage zu den Motoren durch Erdwärmetauscher abgekühlt, wodurch Wasser in der Verrohrung kondensiert und über Kondensatschächte abgeführt wird. Diese sog. Primärentfeuchtung erfolgt bis kurz vor den Motorräumen.
Da ein konstanter Gasdruck für den Betrieb der Verbrennungsmotoren technisch unabdingbar ist, wird das Rohbiogas mittels eines Gasgebläses, das als Gasverdichter wirkt, in der Gasleitung auf einen Überdruck von 10 mbar verdichtet. Zudem dient der Gasverdichter dem Explosionsschutz. Mit dem geringen Überdruck wird dem Eintritt von Luftsauerstoff in die Gasleitung vorgebeugt und eine Explosionsgefahr verhindert.
Den streitbefangenen Motoren sind Katalysatoren nachgeschaltet, deren Einsatz erforderlich ist, um die Formaldehydgrenzwerte von 60 mg/Kubikmeter Abgasvolumen nach der Betriebsgenehmigung vom ... 2010 und dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) i.V.m. der TA Luft 2002 einhalten zu können. Das primärentschwefelte und primärentfeuchtete Biogas muss in einem weiteren Bearbeitungsschritt feinentschwefelt werden, um den Betrieb der Katalysatoren zu ermöglichen und schädliche Schwefelablagerungen in den Motoren und den hinter den Motoren liegenden Gerätschaften wie Abgasrohr und Wärmetauscher zu verhindern. Schwefelverbindungen zerstören Katalysatoren innerhalb kurzer Zeit. Die Feinentschwefelungsanlage ist in dem Anlagenraum der BHKWs hinter dem Gasverdichter und vor dem Motor installiert. Für einen störungsfreien Betrieb der Feinentschwefelungsanlage ist Voraussetzung, dass der Brennstoff nach der bereits in der Biogaserzeugungsanlage erfolgten Primärtrocknung je nach Feuchtigkeitsgehalt noch einmal zusätzlich sekundärgetrocknet wird. Die Sekundärtrocknung wird durch Kondensation mittels eines Kühlaggregats zur Gaskühlung realisiert, dessen alleiniger Zweck der Betrieb der Feinentschwefelungsanlage ist.
Der Anlagenraum wird mittels zweier Raumlüfter be- und entlüftet, deren Betrieb technisch zur Frischluftversorgung der Motoren sowie zur Absaugung der durch die Strahlungswärme der Motoren erwärmten Raumluft erforderlich ist. Zur Einhaltung der maximalen Raumtemperatur werden die Raumlüfter in der Drehzahl geregelt. Im Zeitraum Frühjahr bis Spätherbst laufen die Raumlüfter überwiegend in Volllast, über die Wintermonate ist meist ein Teillastbetrieb ausreichend, wobei die Verbrennungsluftversorgung mit 1.200 m³/h nicht unterschritten werden darf. Im Störungsfall würde der Raumlüfter stets auf Volllast geregelt, um der Entstehung explosiver Gasgemische vorzubeugen. Die Ist- Leistungsaufnahme schwankt im Jahresverlauf zwischen 50 % und 100 % der Nennleistung. Die Beteiligten haben sich tatsächlich darauf verständigt, den Verbrauch der Raumlüfter im Jahresdurchschnitt mit 75% der Nennleistung anzusetzen.
Die Abgas- und Kühlwasserwärme der BHKWs werden vom primären Kühlkreislauf aufgenommen und sodann über Wärmetauscher an einen gemeinsamen sekundären Wasserkreislauf übertragen. Die Motoraustrittstemperatur des Kühlwassers im Primärkreislauf liegt bei 90° C, die Eintrittstemperatur vor dem Eintr...