Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinzuschätzungen bei Einkünften aus Kapitalvermögen
Leitsatz (amtlich)
Eine Verletzung der Mitwirkungspflicht gemäß § 90 Abs. 2 AO liegt dann vor, wenn der Steuerpflichtige keine Erklärung über den Sachverhalt gibt, obwohl er die Möglichkeit dazu hat (hier Zulässigkeit der Hinzuschätzung bei Einkünften aus Kapitalvermögen).
Normenkette
AO § 90 Abs. 2, § 162 Abs. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Mutter der Klägerinnen in den Streitjahren (2000 bis 2003) Einnahmen aus Kapitalvermögen durch nach Luxemburg transferierte Tafelpapiere erzielt, diese nicht erklärt und insoweit Steuern hinterzogen hat.
1.
Die Klägerinnen sind Gesamtrechtsnachfolgerinnen ihrer am ...2003 in Hamburg verstorbenen Mutter B... (B). B hatte in ihren Einkommensteuererklärungen mindestens seit 1989 bis 2001 Kapitaleinkünfte erklärt. Für die Veranlagungszeiträume 2002 und 2003 erklärte die Klägerin zu 1. für die Erblasserin ebenfalls Einkünfte aus Kapitalvermögen.
Die erklärten Kapitaleinnahmen rührten entsprechend den Erläuterungen zu den jeweiligen Einkommensteuererklärungen aus diversen festverzinslichen Wertpapieren, in- und ausländischen Aktien sowie Investmentanteilen her.
B hatte in Luxemburg ein Depotkonto bei der ... (Bank1) S.A. unter der Kontonummer ...7 (Gerichtsakte Blatt 6). Dieses Konto wurde zum 08.05.1995 von B selbst aufgelöst.
2.
Aufgrund einer Steuerfahndungsprüfung (Bericht vom 23.07.2001 - Blatt 86 bis 94 Einkommensteuerakte Band VII) wurden Räumlichkeiten der Bank1 durchsucht und Unterlagen beschlagnahmt, aus denen sich ergab, dass Kunden ihr Vermögen anonymisiert oder nicht anonymisiert zur Bank1 S.A. transferiert haben.
Der Beklagte gelangte zu der Annahme, dass auch B im Zeitraum ab 1989 über Tafelpapiere verfügt habe, die am 23.11.1992 zur Bank1 S.A. transferiert worden seien, und dass sie die aus diesem Kapitalvermögen resultierenden Einnahmen nicht erklärt habe. Der Beklagte rechnete diese Wertpapiere ausschließlich B mit der Begründung zu, dass auf dem Einlieferungsbeleg vom 23.11.1992 (Rb-Akte Bl.123) ausschließlich die Referenznummern von B handschriftlich notiert worden seien.
Darüber hinaus hatte die Steuerfahndung folgende weitere Unterlagen beschlagnahmt:
- Aus einem Kassenkontrollstreifen vom 11.12.1990 (Anlage 1 V 176/02) ergibt sich, dass unter der Kontonummer ...1 ein Betrag in Höhe von 49.309,40 DM abgehoben wurde.
- Auf dem Swiftbeleg der Bank1 S.A. vom 16.02.1990 (Anlage 2 V 176/02) ist B mit Namen und Adresse verzeichnet. Als Verwendungszweck ist angegeben: "DEPOTGEB. ...7/006 ...(Frau B)". Abgerechnet werden 100 DM mit Wertstellung zum 16.02.1990. Beauftragte und begünstigte Bank ist die Bank1 S.A. Entsprechende Eintragungen befinden sich in den Swiftbelegen vom 22.03.1991 (Anlage 2a V 176/02) und vom 12.03.1992 (Anlage 2b V 176/02); die unter dem Verwendungszweck bei Anlage 2b aufgeführte Kontonummer lautet "...7-002...".
- Unter dem 12.12.1990 datieren zwei Einzahlungsbelege der ... (Bank1) AG über Beträge in Höhe von 24.312 DM (Anlage 4 V 176/02) und in Höhe von 24.997,40 DM (Anlage 4a V 176/02). Als Empfänger ist "WKK" verzeichnet; die Kontonummer des Empfängers lautet "2...".
- Ebenfalls unter dem 12.12.1990 datieren zwei Belege über den Erwerb folgender Tafelpapiere:
o 300 Stück E... Anteile, WKN ..., Stücke-Nummern: 2952 bis 2954 (je 100 Stück) (Anlage 5 V 176/02) und
o 8 3/4 % Bank1 Obligationen, Nennbetrag 25.000 DM, WKN ..., Stücke-Nummern: 2785 bis 2788 (je 5.000 DM) sowie 740 bis 744 (je 1.000 DM) (Anlage 5a V 176/02).
- Mit der Einlieferungsquittung Nr. 0032 der Bank1 S.A. vom 23.11.1992 (Anlage 6 V 176/02) bittet diese die Bank1 AG ("Effektenlieferung"), folgende Stücke in ihr, der Luxemburger Bank, Depot Nr. ...00 einzuliefern:
o 500 Stück F..., WKN ..., Stücke-Nummern: 7496 bis 7500, E ...,
o 20.000 DM 6 1/4 % W..., WKN: ..., Stücke-Nummern: 8295 bis 8298, E ...,
o 2.565 Stück G..., WKN: ..., E ...,
o 20.000 DM 7 % ...(Bank2), WKN ..., E ...,
o 300 Stück E..., WKN: ..., E ... und
o 25.000 DM 8 3/4 % ...(Bank1), WKN: ..., E ....
Auf dem unteren Teil des handschriftlich ausgeschriebenen Beleges befinden sich - vor Datum und Unterschrift - der Betrag von 300 DM und die Nr. ...7 vermerkt. Bei dem Depot Nr. ...90 handelt es sich um das Depot der Bank1 S.A. bei der Bank1 AG im Inland, über das Wertpapiertransfers von der inländischen zur Luxemburger Bank vorgenommen wurden.
- Die Bank1 AG bestätigte (Anlage 7 V 176/02) der Bank1 S.A. die Einlieferung des Wertpapiers mit der Belegnummer E ... (25.000 DM 8 3/4 % Bank1, WKN ...) zum 19.01.1993 in die Sammelverwahrung ("We entered into collective custody acct. on 19.1.93").
- Zu dem vorgenannten Tafelpapier (WKN ...) ist ein Einlieferungsbeleg unter dem 29.01.1993 datiert (Anlage 8 V 176/02).
- Ebenfalls unter dem 19.01.1993 wurde für das vorgenannte Wertpapier der fällige Kupon eingelöst (Anlagen 9 und 9a V 176/02).
- Anlage 10 V 176/02 enthält das für die Aushändigung an einen anderen Kunden vorgesehene Blatt 1 - in...