Entscheidungsstichwort (Thema)
Kosten für die Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft und für Insolvenzanfechtungen als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit
Leitsatz (amtlich)
1. Grundsätzlich können Kosten für die Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend gemachten werden. Entscheidend für die Qualifizierung als Werbungskosten ist der Zeitpunkt, in dem das Bürgschaftsversprechen gegeben wird.
2. Kosten aus Insolvenzanfechtungen können ebenfalls nachträgliche Werbungskosten darstellen, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf vorliegt und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt worden sind.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1, § 19
Tatbestand
Streitig ist, ob Aufwendungen aus zwei Insolvenzanfechtungen und aus einer Bürgschaftsinanspruchnahme als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt werden können.
Der Kläger wendet sich gegen die Nichtberücksichtigung von (nachträglichen) Werbungskosten aus nichtselbständiger Tätigkeit bei seiner Einkommensteuer 2014. Diesen Werbungskosten liegen folgende Sachverhalte zugrunde:
Zum einen machte der Kläger Prozesskosten in Höhe von ... € aus einem Prozess gegen den Insolvenzverwalter A über das Vermögen der B GmbH als Werbungskosten geltend: Der Kläger war bei der B GmbH als Geschäftsführer beschäftigt. Alleingesellschafterin der GmbH war die Mutter des Klägers. Der Kläger wurde am 30. November 2006 mit Wirkung zum 1. Januar 2007 als Geschäftsführer abberufen. Mit Vertrag vom 2. Dezember 2006 trat die B GmbH verschiedene Forderungen in Höhe von ... € an den Kläger ab. Nach Angaben des Klägers erfolgte die Abtretung zur Besicherung von Darlehensrückzahlungsansprüchen des Klägers. Im Mai 2008 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet und der Insolvenzverwalter A erklärte die Insolvenzanfechtung hinsichtlich der Abtretungsvereinbarung. Es folgte ein Zivilprozess. Mit Urteil vom ... 2013 verurteilte das Landgericht Hamburg den Kläger, die am 2. Dezember 2006 abgetretenen Forderungen (zurück)abzutreten bzw. ... € nebst Zinsen als Wertersatz zu zahlen. Im Prozess machte der Kläger geltend, er habe der B GmbH drei Darlehen über insgesamt ... € gewährt, deren Absicherung die Abtretung gedient habe.
Des Weiteren machte der Kläger Prozesskosten in Höhe von ... € wegen der Inanspruchnahme durch den Insolvenzverwalter C über das Vermögen der D GmbH geltend: Insoweit hatte der Insolvenzverwalter ein Verfahren gegen den Kläger angestrengt, weil er behauptete, der Kläger sei in der Zeit vom 1. bis zum 22. August 2005 faktischer Geschäftsführer der D GmbH gewesen. Mit Urteil des Landgerichts Hamburg vom ... 2010 wurde der Kläger zur Zahlung von ... € nebst Zinsen verurteilt. Im Urteil wurde ausgeführt, die D GmbH sei spätestens zum 1. August 2005 zahlungsunfähig gewesen. In der Zeit vom 1. bis zum 22. August 2005 habe es keinen Geschäftsführer gegeben. Der Kläger habe in dieser Zeit die Stellung eines faktischen Geschäftsführers eingenommen und dafür gesorgt, dass am 16. August 2005 die B GmbH eine Zahlung in Höhe von ... € auf ein debitorisches Konto der D GmbH geleistet habe. Gegen dieses Urteil legte der Kläger Berufung beim Hanseatischen OLG ein. Mit Urteil des Hanseatischen OLG vom ... 2011 wurde die Klage des Insolvenzverwalters mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe nicht die Stellung eines faktischen Geschäftsführers innegehabt. Die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil zugunsten des Klägers scheiterte allerdings aufgrund einer durch den Insolvenzverwalter erhobenen Vollstreckungsabwehrklage: So wurde mit Urteil des Landgerichts Hamburg vom ... 2013 die Vollstreckung wegen Neumasseunzulänglichkeit für unzulässig erklärt.
Schließlich machte der Kläger Kosten im Zusammenhang mit einer Bürgschaftsübernahme in Höhe von insgesamt ... € geltend: Der Kläger war vom 18. Dezember 2007 bis zum 20. September 2009 Geschäftsführer der E GmbH. Seine Mutter hielt die Geschäftsanteile. Ab dem 21. September 2009 war sein Vater Geschäftsführer. Vom 1. Januar 2010 bis zum 30. April 2011 war der Kläger bei der E GmbH angestellt. Im Juli 2010 schloss der Vater des Klägers einen Gastronomievertrag mit der F GmbH für den Gaststättenbetrieb "XXX" an der X-Straße in Hamburg und der Kläger übernahm eine selbstschuldnerische Bürgschaft. Da die Mindestabgabemenge nicht erreicht wurde, kündigte die F GmbH den Gastronomievertrag und nahm den Kläger als Bürgen in Anspruch. Mit Urteil des Landgerichts Hamburg vom ... 2012 wurde der Kläger verurteilt, ... € nebst Zinsen an die F GmbH zu zahlen.
Mit Bescheid vom 29. Februar 2016 setzte der Beklagte eine Einkommensteuer in Höhe von ... € fest. Dabei berücksichtigte der Beklagte die geltend gemachten Aufwendungen für die Prozesskosten und die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft nicht als Werbungskosten mit der Begründung, dass entsprechende U...