Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderung von Ausfuhrerstattung bei Verwendung geschmuggelter Butter
Leitsatz (amtlich)
1. Ausfuhrerstattung wird bei zusammengesetzten Erzeugnissen gem. Art. 8 Abs. 2 VO Nr. 3665/87 i.V.m. Art. 9 Abs. 2 EWG-Vertrag nur für Gemeinschaftswaren oder für Waren aus Drittländern, die sich in den Mitgliedsstaaten im freien Verkehr befinden, gewährt.
2. Den Nachweis gem. Art. 17 Abs. 11 VO Nr. 804/68 dafür, dass das auszuführende Erzeugnis mit dem zuvor eingeführten Erzeugnis identisch ist und alle Einfuhrzölle auf dieses Erzeugnis bei der Einfuhr erhoben worden sind, hat der Ausführer zu erbringen.
3. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes ist Teil der Gemeinschaftsrechtsordnung und ist deshalb auch im Rahmen eines auf Art. 11 Abs. 3 VO Nr. 3665/87 gestützten Rückforderungsanspruchs zu berücksichtigen. Die Vorschrift des Art. 52 Abs. 4 VO Nr. 800/1999 ist als Festschreibung dieses Grundsatzes zu verstehen, die in dieser Vorschrift aufgestellten Wertungen sind von den nationalen Behörden auch in Rückforderungsfällen zu beachten, die die Gewährung von Ausfuhrerstattungen für Ausfuhren vor dem 1.7.1999 betreffen.
4. Die Angaben zur Ursprungseigenschaft sind solche i.S.v. Art. 11 Abs. 1 VO Nr. 3665/87.
5. Der Zuschlag von 15 % kann grundsätzlich auch auf den Sanktionsbetrag gem. Art. 23 Abs. 1 VO Nr. 3665/87 erhoben werden.
Normenkette
EWGV 3665/87 Art. 11 Abs. 3, Art. 8 Abs. 2, Art. 23 Abs. 1; EWGV 804/68 Art. 17 Abs. 11
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die teilweise Rückforderung vorfinanzierter Ausfuhrerstattung.
Mit Ausfuhranmeldung vom 30.7.1998 meldete die Klägerin die Ausfuhr von Schmelzkäse nach Russland an, den sie im Rahmen der bewilligten aktiven Veredelung hergestellt hatte. Für die in dem Schmelzkäse enthaltenen Bestandteile Cheddarkäse, Milch und Butter beantragte sie die Zahlung von Ausfuhrerstattung.
Mit Bescheid vom 3.9.1998 setzte der Beklagte unter dem Vorbehalt, dass der Anspruch hierfür entsteht und form- und fristgerecht nachgewiesen wird, Ausfuhrerstattung in Höhe von 18.824,28 DM fest. Die endgültige Festsetzung erfolgte mit Bescheid über die Freigabe der Sicherheit vom 1.10.1998.
Im Mai 1999 nahm das Hauptzollamt für Prüfungen H bei der Klägerin hinsichtlich der Ausfuhr von Schmelzkäse nach aktiver Veredelung eine Marktordnungsprüfung vor. Prüfungsanlass waren Feststellungen des Hauptzollamts Wien, wonach es sich bei der im Zeitraum vom 1.8.1998 bis 20.1.1999 von der österreichischen Firma G an die Klägerin gelieferten und von dieser eingesetzten Butter nicht um aus Österreich stammende Butter handelte, sondern um Butter, die aus Drittländern (Tschechien und Slowakei) stammte und von dort eingeschmuggelt worden war. Das Prüfungsergebnis des Hauptzollamtes für Prüfungen H bestätigte im Ergebnis den Drittlandsursprung der eingesetzten Butter. Auf den Bericht des Hauptzollamtes für Prüfungen H vom 13.8.1999 wird Bezug genommen.
Mit Berichtigungsbescheid vom 26.10.1999 forderte der Beklagte im Hinblick auf die in dem Schmelzkäse enthaltene Butter - soweit diese von der Firma G geliefert worden war - insgesamt 4.993,44 DM zurück, wobei er einen Zuschlag von 15 % und, da die Klägerin eine höhere Ausfuhrerstattung beantragt habe, als ihr zugestanden habe, eine Sanktion erhob. Auf den Sanktionsbetrag wurde ebenfalls ein Zuschlag von 15 % erhoben.
Der Einspruch der Klägerin vom 12.11.1999 wurde mit Einspruchsentscheidung vom 30.9.2002 zurückgewiesen.
Mit ihrer am 31.10.2002 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie meint, es sei davon auszugehen, dass die Eingangsabgaben für die Butter zwischenzeitlich nacherhoben worden seien, sodass der Erstattungsanspruch wegen Art. 17 Abs. 11 VO Nr. 804/68 gegeben sei. Durch die Bezahlung der Eingangsabgaben sei die Butter zur Gemeinschaftsware geworden. Der Beklagte habe nicht dargelegt, dass die Eingangsabgaben nicht entrichtet worden seien, insoweit sei er beweispflichtig. Die Butter sei ursprünglich als Margarine verzollt worden, sodass zumindest in Höhe der für Margarine entrichteten Eingangsabgaben Ausfuhrerstattung gezahlt werden müsse. Zudem sei die Rückforderung aus Vertrauensschutzgründen unzulässig, da sie hinsichtlich des Gemeinschaftsursprungs der Butter gutgläubig gewesen sei. Vertrauensschutz sei durch Art. 11 Abs. 3 VO Nr. 3665/87 nicht ausgeschlossen. Das Verhängen einer Sanktion sei rechtswidrig. Die Angaben zur Ursprungseigenschaft seien keine solchen im Sinne von Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 2, Art. 3 VO Nr. 3665/87. Da sie sich bei den Angaben zum Ursprung auf ihren Lieferanten habe verlassen müssen, könnten ihr die falschen Angaben nicht vorgeworfen werden. Schließlich sei die Erhöhung der Sanktion um 15 % rechtswidrig, da Art. 23 Abs. 1 VO Nr. 3665/87 nur den Schaden ausgleichen solle, der durch eine zu Unrecht erfolgte Vorschussgewährung entstehe. Der Sanktionsbetrag sei aber nicht Gegenstand einer solchen V...