Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Hemmung des Fristablaufs durch Anfechtung eines nichtigen Verwaltungsaktes - Zur Gewinnerzielungsabsicht einer GbR bei Verlusten aus Vermietung und Verpachtung
Leitsatz (amtlich)
1. Der Ablauf der Feststellungfrist wird nicht nach § 181 Abs. 1 i. V. m. § 171 Abs. 3a AO durch Anfechtung gehemmt, wenn der angefochtene Verwaltungsakt nichtig ist. Nur ein rechtswirksamer Bescheid ist geeignet, die Festsetzungsfrist zu wahren und eine Ablaufhemmung herbeizuführen.
2. Ein negativer Feststellungsbescheid ist nichtig, wenn er nicht demjenigen bekannt gegeben wird, für den er inhaltlich bestimmt ist. Das ist bei einem negativen Feststellungsbescheid der einzelne Gesellschafter.
3. Eine Heilung des Bekanntgabefehlers ist nicht durch die Einspruchsentscheidung möglich, wenn erstmals mit der Einspruchsentscheidung bestimmt wird, wem gegenüber eine Regelung getroffen werden soll.
4. Zur Gewinnerzielungsabsicht einer GbR bei Verlusten aus Vermietung und Verpachtung.
Normenkette
AO § 180 Abs. 1 Nr. 2a, § 181 Abs. 1 i. V. m. AO § 169 Abs. 1, § 170 Abs. 1, § 171 Abs. 3a, § 179 Abs. 2, § 125; EStG § 15 Abs. 3 Nr. 2, § 21
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Verluste der A GmbH und der B-Gesellschaft mbH in GbR (im Folgenden GbR) für das Jahr 2003 einheitlich und gesondert festzustellen sind.
Die Klägerin zu 1) ist Rechtsnachfolgerin der B-Gesellschaft mbH (im Folgenden B GmbH), die im Streitjahr als Gesellschafterin mit 90 % am Vermögen der GbR beteiligt war. Weitere Beteiligte der GbR war mit 10 % der Anteile die A GmbH (im folgenden A GmbH). Die A GmbH ist Rechtsvorgängerin der C GmbH, über deren Vermögen mit Beschluss des Amtsgerichts D am ... 2015 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Als Insolvenzverwalter ist der Kläger zu 2) eingesetzt worden, der am 09.03.2015 die Aufnahme des Verfahrens gemäß § 85 der Insolvenzordnung (InsO) erklärt hat.
E war alleiniger Gesellschafter der B GmbH und hielt 50 % der Anteile der A GmbH. Zweck der im ... 1996 gegründeten GbR war der Erwerb und die Verwaltung des Grundstücks XX in F, das sie im März 1996 zum Kaufpreis von 770.000 DM erworben hatte. Das benachbarte Grundstück XY befindet sich seit 1983 im Eigentum des E und wird von ... bewohnt.
In den Jahren 1996 bis 1998 wurde das Gebäude XX umfangreich saniert und modernisiert. Bis 2002 entstanden nachträgliche Anschaffungskosten i. H. v. 830.171,06 DM (424.461,25 €). Eine auf dem Grundstück befindliche Garage war 1998/1999 für insgesamt 529.047,05 DM (270.497,46 €) zu einem Einfamilienhaus umgebaut worden (XZ). Darüber hinaus erfolgte eine parkähnliche Gestaltung der Außenanlage für 432.330 DM. In die Gestaltung der Außenanlage wurde das Nachbargrundstück XY mit einbezogen.
Zum 01.01.1998 wurde das Erdgeschoss des Gebäudes XX mit drei Büroräumen, Küche, WC und Flur (113,25 qm), vier Stellplätzen und 30 qm Abstellraum und Lager im Keller an die G GmbH für 5.000 DM monatlich inklusive Heiz- und Nebenkosten vermietet. Alleinige Gesellschafterin der G GmbH war die B GmbH bzw. deren Rechtsvorgängerin. Das Mietverhältnis war mit einer Frist von sechs Monaten zum Ablauf des Kalendervierteljahres kündbar. Das Mietverhältnis wurde zum 31.12.1999 beendet. Eine erneute Vermietung der Räume erfolgte nicht.
Zum 01.07.1998 wurden die Räume des Dachgeschosses mit einer Wohnfläche von 86,14 qm an E 1, der Mutter von E, für eine monatliche Miete von 1.300 DM inklusive Heiz- und Nebenkosten vermietet. Das Dachgeschoss war mit einer offenen Wohnempore ausgestattet und zum Erdgeschoss hin nicht abgeschlossen.
Das Einfamilienhaus XZ wurde zum 01.07.2000 zu Wohnzwecken an E für eine Bruttomiete von monatlich 1.550 DM vermietet. Das Mietverhältnis endete am 31.12.2002.
Mit notariellem Vertrag vom ... 2003 verkaufte die GbR die Immobilie XX und XZ für 455.300 € an E. Der Kaufpreis war auf der Grundlage eines Verkehrswertgutachtens ermittelt worden. Mit Schreiben vom 14.05.2004 sowie 16.06.2004 erklärte die GbR gegenüber dem Beklagten die Betriebsaufgabe zum 31.12.2003, da nach dem Verkauf des Grundstücks die Grundstücksgemeinschaft beendet sei.
Die GbR hatte in der Vergangenheit folgende Jahresergebnisse erklärt:
1996 |
- 57.075,00 DM |
1997 |
- 69.388,00 DM |
1998 |
+ 3.440,00 DM |
1999 |
- 41.010,37 DM |
2000 |
- 104.094,49 DM |
2001 |
- 98.562,86 DM |
2002 |
- 43.870,75 € |
Mit der am 04.01.2005 eingereichten Feststellungserklärung für 2003, dem Streitjahr, erklärte sie des Weiteren einen Verlust von 679.968 €.
Auf Grund einer für die Jahre 1999 bis 2002 durchgeführten Außenprüfung kam der Beklagte zu dem Schluss, dass die GbR keine Gewinnerzielungsabsicht gehabt habe. Der aufwendige Umbau des Wohngebäudes und die parkähnliche Gestaltung der Außenanlage legten die Vermutung nahe, dass die Immobilie nicht zum Zweck der Vermietung, sondern für eine private Nutzung durch E hergerichtet worden sei. Ein Totalgewinn sei nicht erzielbar. Der Beklagte lehnte deshalb mit Bescheid vom 17.09.2007 - ebenso wie für den Prüfungszeitraum - eine gesonderte un...