Revision eingelegt (BFH IV R 21/13)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuer: Abgrenzung zwischen der "Abwicklung" eines nicht begonnenen, originär gewerblichen Betriebes von der Aufnahme eines neuen (fiktiven) Gewerbebetriebes durch eine gewerblich geprägte Personengesellschaft
Leitsatz (amtlich)
1. Ist Gegenstand des Unternehmens einer Ein-Schiff-Gesellschaft allein der Einsatz des Schiffs für den Seeverkehr und gibt die Gesellschaft diese Absicht während der Vorbereitungsphase vor Ablieferung des Schiffes auf, tritt sie auch dann nicht in die sachliche Gewerbesteuerpflicht ein, wenn sie sich entschließt, den bereits abgeschlossenen Bauvertrag zu erfüllen und das fertige, betriebsbereite Schiff an eine andere Ein-Schiff-Gesellschaft zu veräußern.
2. Zu einem Eintritt in die sachliche Gewerbesteuerpflicht kommt es nur dann, wenn die Gesellschaft entweder zeitlich nach der Ablieferung des Schiffes eine neue werbende Tätigkeit aufnimmt oder wenn sie während der "Abwicklung" des nicht begonnenen Schiffsbetriebs eine sachlich davon unabhängige werbende Tätigkeit ausübt, etwa indem sie gegen eine Vergütung zusätzliche Dienstleistungen übernimmt oder das zu veräußernde Schiff wesentlich verändert bzw. "veredelt".
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 1 S. 2; EStG § 15 Abs. 2, 3 Nr. 2
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin zu 1. im Streitjahr 2007 gewerbesteuerpflichtig war, und bejahendenfalls, ob für die Erhebungszeiträume 2004 bis 2006 vortragsfähige Gewerbeverluste festzustellen sind oder die Gewerbesteuer für 2007 nebst Zinsen zu erlassen ist.
1. a) Die Klägerin zu 1. wurde am ... 2004 als Ein-Schiff-Gesellschaft gegründet. Persönlich haftende Gesellschafterin ohne Vermögensbeteiligung war die Verwaltung A GmbH, Kommanditistinnen waren die Klägerinnen zu 2. und 3. mit einer Beteiligung am Gesellschaftsvermögen von je 50 %. Die vertraglich vereinbarte Pflichteinlage der Kommanditistinnen belief sich auf je € ..., die im Handelsregister eingetragene Hafteinlage auf je € ... Hierauf zahlten die Klägerinnen zu 2. und 3. im Jahr 2008 je € ... ein (s. unten 2. i.). Nach § 1 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin zu 1. (Anlage K 6, Finanzgerichtsakten -FGA- Anlagenband) war ihr Geschäftsgegenstand "der Erwerb und Betrieb von Seeschiffen sowie alle damit in Zusammenhang stehenden Geschäfte und Tätigkeiten sowie ggf. die Veräußerung von Seeschiffen". Weitere Kommanditisten sollten in Form eines Schiffsfonds vor Infahrtsetzung eingeworben werden. Die Klägerin zu 3. ist auf die Konzeption und den Vertrieb derartiger geschlossener Fonds spezialisiert. Die Klägerin zu 2. sollte das zu erwerbende Schiff als Vertragsreederin in ihrer Flotte betreiben.
b) Am ... 2004 schloss die Klägerin zu 1. mit der B, Ltd., (später umfirmiert in C Ltd.) in China einen Schiffbauvertrag über den Bau eines Containerschiffs zum Preis von US-$ ... und € ... (Anlage K 5, FGA Anlagenband). Vertragsbestandteile waren nach Art. 1 (a) des Vertrages die Bauzeichnungen und die "Technical Specifications" (in Auszügen Anlage D 1 zum Schriftsatz der Klägerinnen vom 13.02.2013, FGA Anlagenband). Das zu bauende Schiff sollte spätestens am 30.08.2007 abgeliefert werden. Insgesamt wurden ... Schiffe dieser Baureihe bestellt, die jeweils von Ein-Schiff-Gesellschaften aus der Unternehmensgruppe der Klägerin zu 2. betrieben werden sollten (vgl. Übersicht im Schriftsatz der Klägerinnen vom 29.05.2012, FGA Bl. 193 f.).
c) Die Klägerin zu 1. schloss am ... 2004 mit der Bank-1 (im Folgenden: Bank-1) einen Vertrag über die Bauzeitfinanzierung (Anlage K 4, FGA Anlagenband), die bis zum 30.11.2007 befristet war. Die für die langfristige Finanzierung erforderlichen Eigenmittel sollten durch "public placement" aufgebracht werden. Die Klägerin zu 3. sollte diese Mittel einwerben. Gleichzeitig wurde ein Vertrag über die Endfinanzierung abgeschlossen (Anlage zum Schriftsatz der Klägerinnen vom 22.03.2012, FGA Anlagenband).
d) Ferner schloss die Klägerin zu 1. am selben Tag mit der Klägerin zu 2. einen Vertrag über die Durchführung der Bauaufsicht ab (Anlage K 2, FGA Anlagenband), die die Klägerin zu 2. gegen eine Vergütung von US-$ ... übernahm, sowie einen Bereederungsvertrag (Anlage K 3, FGA Anlagenband).
e) Die Klägerin zu 1. schloss am ... 2005 mit der Firma E ... einen Time-Charter-Vertrag. Das Schiff sollte dem Charterer zwischen dem 15.07.2007 und dem 15.10.2007 zur Verfügung gestellt werden (Anlage K 10, FGA Anlagenband).
f) In einem Addendum vom ... 2006 zu dem Time-Charter-Vertrag (Anlage C 10 zum Schriftsatz der Klägerinnen vom 27.06.2012, FGA Anlagenband) wurde vereinbart, dass weitere Kühlcontaineranschlüsse und ein entsprechender Generator installiert werden sollten. Bereits mit Change Order Agreement vom ... 2006 (Anlage K 14 b, FGA Anlagenband) war zwischen der Klägerin zu 1. und der Werft die Installation der Kühlcontaineranschlüsse zu einem zusätzlichen Preis von US-$ ... verein...