Entscheidungsstichwort (Thema)

Erfordernis der Vergleichslandermittlung vor Erlass einer Anti-Dumping-VO

 

Leitsatz (amtlich)

Vorabersuchen an den EuGH, ob die Kommission vor Erlass einer Anti-Dumping-VO es dabei bewenden lassen darf, in einem möglichen Vergleichsland zwei Hersteller ergebnislos anzuschreiben, und den Hinweis auf ein anderes Vergleichsland unberücksichtigt zu lassen.

 

Normenkette

EGV 384/96

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung von Einfuhrabgaben. Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Antidumpingzoll-Verordnung für bestimmte zubereitete oder haltbar gemachte Citrusfrüchte (Ware) mit Ursprung in der VR China. Bei der Ware handelt es sich - nach den nicht bestrittenen Angaben der Klägerin - um Mandarinenkonserven.

  1. Mit der Verordnung (EG) Nr. 642/2008 der Kommission vom 04. Juli 2008 (ABl. L 178 vom 05. Juli 2008, S. 19-37 - VO 642/2008) wurde für die Ware mit Ursprung in der VR China ab dem 06. Juli 2008 ein vorläufiger Antidumpingzoll in Form einer Sicherheit in Höhe von EUR 482,20 EUR je Tonne Nettogewicht festgesetzt. Mit der Verordnung (EG) Nr. 1355/2008 des Rates vom 18. Dezember 2008 (ABl. L 350 vom 30. Dezember 2008, S. 35-45 - VO 1355/2008) wurde für die Dauer von zunächst 5 Jahren die Erhebung von Antidumpingzoll für die Ware bestimmt und die mit der erstgenannten Verordnung eingeführten vorläufigen Maßnahmen für endgültig erklärt.
  2. Untersuchungszeitraum war der 1. Oktober 2006 bis 30. September 2007.

    • a) Nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin wurden im Untersuchungszeitraum folgende Mengen der Ware produziert:

      • in der Gemeinschaft - und zwar ausschließlich in Spanien -: 34.000 t
      • in der VR China: 300.000 t,
      • in Thailand: 50.000 t,
      • in Japan: 16.800 t (bei einem Jahresdurchschnitt von rund 25.000 t in der Zeit von 2002 bis 2008).

      In dem Antrag auf Erlass von Antidumpingzoll hatte es allerdings geheißen, außer in der Gemeinschaft werde die Ware nur in der VR China in nennenswertem Umfang produziert (s. VO 642/2008 Rz. 40).

    • b) Die Kommission suchte potentielle Vergleichsländer. Sie forderte zwei Unternehmen aus Thailand zur Mitarbeit auf. Eines der Unternehmen erklärte sich zur Mitarbeit an der Untersuchung bereit, gab aber keine Antwort auf den Fragebogen; das andere Unternehmen reagierte auf das Ersuchen der Kommission nicht (s. Rz. 40 VO 642/2008). Hinweisen von Verfahrensbeteiligten auf Japan als Produzent ging die Kommission nach dem unbestritten gebliebenem Vortrag der Klägerin nicht weiter nach. Für frühere Dumping- und Subventionspraktiken im Zusammenhang mit der Ware gab es keine Beweise (s. Rz. 82 VO 642/2008).
    • c) Die Kommission hat sodann den Normalwert für alle chinesischen ausführenden Hersteller gemäß Art. 2 Abs. 7 Buchst. a) der Verordnung (EG) Nr. 384/96 des Rates vom 22. Dezember 1995, ABl. 1996 L 56/1, über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (Grundverordnung - GVO) unter Verwendung der Verkaufpreise in der EG berechnet (s. Rz. 39 der VO 642/2008).
  3. Die Klägerin meldete mit Anmeldung vom 30. Juli 2008 Mandarin Orangen (in Dosen, Position 2008 3055 900 der Kombinierten Nomenklatur, 720 Kartons) zur Überführung in das Zolllagerverfahren und anschließendem Verbringen in ihr Zolllager an. Mit ergänzender Zollanmeldung vom 09. Oktober 2008 überführte die Klägerin die Partie in den freien Verkehr. Der Beklagte setzte vorläufigen Antidumpingzoll in Form einer Sicherheit in Höhe von EUR 5.311,92 fest, den die Klägerin entrichtete. Mit Schreiben vom 01. Dezember 2008 legte die Klägerin Einspruch ein. Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 21. April 2009 als unbegründet zurück. Die Festsetzung und Vereinnahmung des Antidumpingzolls entspreche den genannten EU-Verordnungen. Der Beklagte sei nicht ermächtigt, die von der Klägerin bestrittene Rechtmäßigkeit dieser Verordnungen zu überprüfen.
  4. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 29. April 2009, bei Gericht eingegangen am 30. April 2009, Klage erhoben. Die Klägerin meint, die Erhebung des vorläufigen Antidumpingzolls sowie die spätere endgültige Vereinnahmung seien rechtswidrig, weil ihre Rechtsgrundlagen, die vorläufige und die endgültige Antidumpingverordnungen, gegen höherrangiges Gemeinschaftsrecht verstießen. Diese Verordnungen seien unter Verstoß gegen Art. 2 Abs. 7 Buchst. a) GVO ergangen, denn die Verwendung der EG-Preise sei keine angemessene Grundlage für die Berechnung eines etwaigen Dumpings. Obwohl sie im Verfahren darauf hingewiesen worden sei, habe die Kommission zu Unrecht davon abgesehen, den Normalwert auf der Grundlage eines konstruierten Normalwerts zu berechnen, woraus sich das Vorliegen von Dumping nicht ergeben hätte - wie auch in den Vorjahren nicht (Rz. 82 der VO 642/2008). Stattdessen habe sie auf die Verkaufspreise in der Gemeinschaft zurückgegriffen, was zwangsläufig zur Feststellung von Dumping habe führen müssen, auch wenn - wie hier

    • tatsächlich gar kein Dumping vorgelegen habe. Jedenfalls leide d...

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