Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH VII B 115/22)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Nacherhebung von Antidumpingzoll und Drittlandszoll: Umgehung von Antidumpingzöllen durch Umladungen in Indien (Freizone Panvel, Mumbai)

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Beweiswert von OLAF-Untersuchungen.

Auf Einfuhren von Glasfasergewebe mit Ursprung in der Volksrepublik China, die zur Umgehung von Antidumpingzoll und Drittlandszoll über die Freizone Panvel (Mumbai) in die EU eingeführt wurden, kann Antidumpingzoll und nichtpräferenzieller Drittlandszoll nachzuerheben sein.

Kein Verstoß gegen Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte oder das Anhörungsrecht.

Keine Umkehr der Beweislast mangels Verstoß gegen Amtsermittlungspflicht.

 

Normenkette

ZK Art. 220; EUDVO-791/2011; AO §§ 88, 91 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung von Antidumpingzoll und Drittlandszoll auf Einfuhren von Glasfasergewebe aus Indien.

Der Kläger meldete vom 5. Oktober bis 12. November 2012 beim Beklagten in fünf Fällen Gewebe aus Glasfasern der Unterposition 7019 5900 KN mit einer Maschengröße von 5 x 5 und einem Gewicht von 145g/m2 (im Folgenden: Einfuhrware) zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr mit anschließender innergemeinschaftlichen Lieferung an. Hierbei legte er die Rechnungen des Ausführers B (B mit Sitz in Gurgaon (Indien) (im Folgenden: B) und indische Ursprungszeugnisse Form A, die das Export Inspection Council of India (im Folgenden: EIC) in Neu-Delhi der B ausgestellt hatte, vor. Der Export erfolgte vom indischen Seehafen Nhava Sheva, der in Navi Mumbai in der Metropolregion Mumbai liegt, über Hamburg nach Polen. Im Einzelnen handelt es sich um die folgenden Zollanmeldungen:

Fall

Registrier-Nr.

Datum

UZ

Rechnungs-Nr.

AT/C/.../.../2012

El...

exporter's ref.

1

...

05.10.2012

...

B/...

2

...

05.10.2012

...

B/...

3

...

11.10.2012

...

B/...

4

...

19.10.2012

...

B/...

5

...

12.11.2012

...

B/...

12.11.2012

...

B/...

Auf der Grundlage der angemeldeten Daten setze der Beklagte zunächst nur Zoll unter Berücksichtigung des indischen Präferenzzollsatzes (3,5 %) fest.

Im Rahmen von Ermittlungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) wegen der Umgehung von Antidumpingzöllen bei der Einfuhr von Glasfasergewebe aus Indien (OF/xxx/xxx) fand vom 2.-11. März 2015 eine Missionsreise nach Indien statt, über die der Missionsbericht vom 15. April 2015 erstellt wurde (Missionsbericht, ...). Die Ermittlungsergebnisse sind niedergelegt im Abschlussbericht vom 29. Juli 2015 (Abschlussbericht [AB], ...).

Das Zollkriminalamt (ZKA) informierte den Beklagten mit Schreiben vom 13. Dezember 2013 über die Untersuchung, bei der OLAF festgestellt habe, dass die aus Indien nach Deutschland eingeführten Sendungen von Glasfasergewebe ihren nichtpräferenziellen Ursprung in der Volksrepublik China (Folgenden: China) hätten. B habe erklärt, dass die betroffenen Waren in der Free Trade & Warehousing Zone (FTWZ) in Arshiya (im Folgenden: FTWZ) lediglich umgeladen und nach Europa exportiert worden seien.

Mit Einfuhrabgabenbescheid vom 26. Juni 2015 AT/S/00/XXX, zugestellt am 24. Juli 2014, erhob der Beklagte gemäß Art. 220 ZK beim Kläger für die Fälle 1-5 Einfuhrabgaben nach. Im Einzelnen setzte er ... € Drittlandszoll - die Differenz zwischen den Präferenzzoll und dem Drittlandszoll - sowie ... € Antidumpingzoll für Waren chinesischer Herkunft fest. Die OLAF-Ermittlungen hätten ergeben, dass B unter der angegebenen Adresse nicht existiere und Glasfasergewebe aus China nach Indien importiert habe, um es nach Umladung in die EU auszuführen. Daher stehe der nichtpräferenzielle chinesische Ursprung fest und der Antidumpingzoll werde nacherhoben. Anwendbar sei der allgemeine Antidumpingzollsatz, da der tatsächliche Hersteller unbekannt sei. Das EIC habe die Ursprungsnachweise für ungültig erklärt, sodass auch die Differenz zwischen dem Präferenzzoll und dem Drittlandszoll nachzuerheben sei.

Mit Schreiben vom 28. Juli 2015 legte der Kläger Einspruch ein. Der indische Ursprung habe sich aus den vorgelegten Belegen ergeben, an deren Echtheit und Richtigkeit der Kläger keine Zweifel gehabt habe. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass OLAF Ermittlungen durchgeführt habe und die Einfuhrware aus China stamme. Unterstellt, sie käme nicht aus Indien, müsse sie nicht zwingend aus China stammen. Die Ungültigerklärung der Ursprungszeugnisse werde ebenfalls mit Nichtwissen bestritten. Der Kläger berufe sich auf Vertrauensschutz im Hinblick auf die ausgestellten Ursprungszeugnisse.

Nachdem der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 27. Juli 2016 Kopien der Ermittlungsergebnisse (...) übersandt hatte, räumte der Kläger ein, dass sich hieraus der chinesische Ursprung ergebe. Es fehlten aber Ausführungen dazu, wie es zur Ausstellung der offensichtlich unrichtigen Ursprungszeugnisse habe kommen können. Dies sei im Hinblick auf den Vertrauensschutz gem. Art. 220 Abs. 2 Buchst. b) Unterabs. 2 und 3 ZK relevant. Die für den Kläger günstigen Umstände hätte der Beklagte gemä...

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