Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemeinnützigkeit
Leitsatz (amtlich)
Zu den Anforderungen an die formelle Vermögensbindung.
Normenkette
AO § 61 Nr. 1
Tatbestand
Zweck des Klägers ist nach § 2 Abs. 1 seiner Satzung vom 28.06.1995 die Förderung der Systematischen und Vergleichenden Musikwissenschaft im In- und Ausland. Er verwirklicht seine Zwecke nach § 2 Abs. 2 seiner Satzung insbesondere durch
a) Anregung, Organisation und Durchführung von wissenschaftlichen Konferenzen und Symposien zu Themen der Systematischen und Vergleichenden Musikwissenschaft;
b) Förderung der internationalen Zusammenarbeit im Bereich der Systematischen und Vergleichenden Musikwissenschaft. Hierzu dient vor allem der Informationsaustausch zwischen den Mitgliedern sowie zwischen Institutionen, die im Bereich der Systematischen und Vergleichenden Musikwissenschaft wissenschaftlich oder organisatorisch tätig sind;
c) Unterstützung von Forschungsvorhaben und sonstigen fachbezogenen Projekten durch beratende und gutachterliche Tätigkeit;
d) Einsatz für den disziplinären Ausbau der Systematischen und Vergleichenden Musikwissenschaft an Universitäten, sonstigen Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen sowie Wahrnehmung berufspolitischer Interessen seiner Mitglieder.
Nach § 4 Abs. 1 der Satzung beschließt die Mitgliederversammlung über die Änderungen und Ergänzungen der Satzung mit zwei Drittel Mehrheit. Nach § 6 Abs. 3 der Satzung ist für die Aufnahme eines neuen Mitgliedes ein Beschluss des Vorstands mit der einfachen Mehrheit seiner Mitglieder erforderlich. Nach § 8 Abs. 2 der Satzung ist im Falle der Auflösung vorhandenes Vereinsvermögen an eine gemeinnützige wissenschaftliche Stiftung zu übereignen. Diese Bestimmung ist am 17.08.2001 (Eintragung am 26.06.2002) dahin geändert worden, dass der Fall der Aufhebung der Auflösung gleichgestellt worden ist.
Der Beklagte veranlagte den Kläger mit Bescheid vom 9.02.2001 zu einer Körperschaftsteuer für 1999 von 0 DM. Er lehnte die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Körperschaftsteuergesetz ab, weil die Satzung keine Bestimmung über das Vermögen bei Aufhebung oder bei Wegfall des bisherigen Vereinszwecks enthalte. Der Briefumschlag trägt den Poststempel vom 13.02.2001.
Am 14.03.2001 legte der Kläger Einspruch ein; er verwies auf das Datum des Briefstempels und gab als Eingang den 15.02.2001 an.
Mit Entscheidung vom 16.03.2001 verwarf der Beklagte den Einspruch als unzulässig und wies ihn hilfsweise als unbegründet zurück.
Mit der Klage vom 17.04.2001 macht der Kläger geltend: Der Bescheid sei ihm erst am 15.02.2001 zugegangen. Die Beanstandung der Satzung sei formalistisch, da eine Aufhebung rein hypothetisch sei. Seine Satzung entspreche den Satzungen vieler Vereine, die vom Beklagten nicht beanstandet worden seien.
Der Kläger beantragt, wie entschieden.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er macht geltend: Die Satzung entspreche nicht den gesetzlichen Anforderungen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf ihre Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Dem Senat haben die Körperschaftsteuer-Akten, die Bilanz- und Bilanzberichtsakten sowie eine Akte Allgemeines des Beklagten zur Steuernummer ... vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Zu Unrecht hat der Beklagte den Einspruch als unzulässig verworfen und die Anerkennung der Gemeinnützigkeit des Klägers versagt.
1. Der Einspruch ist innerhalb der Monatsfrist des § 355 Abs. 1 AO eingelegt worden. Der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung im Original vorgelegte Briefumschlag für den Bescheid vom 9.02.2001 trägt den Poststempel des 13.02.2001. Er kann damit allenfalls am folgenden Tag dem Kläger zugegangen sein, so dass der Einspruch vom 14.03.2001 rechtzeitig eingelegt worden ist.
2. Strittig ist allein, ob die Voraussetzungen der formellen Vermögensbindung nach § 61 Abs. 1 AO erfüllt sind. Nach dieser Vorschrift liegt eine steuerlich ausreichende Vermögensbindung (§ 55 Abs. 1 Nr. 4) vor, wenn der Zweck, für den das Vermögen bei Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft oder bei Wegfall ihres bisherigen Zweckes verwendet werden soll, in der Satzung so genau bestimmt ist, dass aufgrund der Satzung geprüft werden kann, ob der Verwendungszweck steuerbegünstigt ist. Der Senat legt diese Bestimmung dahin aus, dass nicht zwingend in jedem Fall alle drei angesprochenen Fälle in der Satzung aufgeführt sein müssen, sondern dass nur für die bei Aufstellung der Satzung naheliegenden Fälle ein steuerlich anzuerkennender Destinatär bestimmt sein muss. Der Senat sieht sich mit dieser Auffassung in Übereinstimmung mit dem Anwendungserlass des BdF zur AO IV A 5 - S-0062 - 38/87 vom 24.09.1987 (BStBl I 1987, 664), der zu § 61 AO ausführt, dass die Vorschrift klarstelle, dass die zu den Voraussetzungen der Selbstlosigkeit zählende Bindung des Vermögens für steuerbegünstigte Zwecke vor allem im Falle der Auflösung aus der Satzung genau hervorgehen müsse, und der hierzu auf § ...