Entscheidungsstichwort (Thema)
Ort der Betriebsprüfung
Leitsatz (redaktionell)
Dem Argument eines erhöhten Zeitaufwands der Verwaltung bei Fahrten zum Ort der Betriebsprüfung kann bei einer zu treffenden Ermessensentscheidung nur dann ein besonderes Gewicht zukommen, wenn sich durch die Prüfung beim steuerlichen Berater wesentlich höhere Fahrtzeiten ergeben, als normalerweise bei Prüfungen in den Geschäftsräumen des Unternehmens anfallen würden.
Normenkette
AO § 200 Abs. 2
Tatbestand
Der Kläger ist selbständiger Handelsvertreter. Als einzigen Geschäftsraum verfügt er über einen "Show-Room" ohne Nebengelass, der ausschließlich den Kunden zur Show zur Verfügung steht. Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass dieser Raum als Prüfungsort ausscheidet. Mit Prüfungsanordnung vom 28.5.1999 hat der Beklagte als Prüfungsort die Betriebsprüfungsstelle in seinen Räumen X-Straße festgelegt. Mit dem Einspruch vom 25.6.1999 begehrte der Kläger als Prüfungsort das Büro seines steuerlichen Beraters, des Prozessbevollmächtigten, festzulegen. Dort könne eine umgehende Klärung mit dem Berater erfolgen und außer auf die laufenden Buchführungsunterlagen auf weitere Vertragsunterlagen, Vereinbarungen und ähnliches zurückgegriffen werden.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Entscheidung vom 28.7.1999 zurück. Die im Rahmen der Ermessensentscheidung erforderliche Interessenabwägung ergebe, dass die Interessen des Klägers hinter denjenigen des Beklagten zurückstehen müssten. Die Möglichkeit umgehender Klärung sei für sich allein nicht ausreichend zur Begründung eines schützenswerten Interesses; zudem müsse der Steuerberater bei besonders unternehmensspezifischen Fragen selbst Rückfrage beim Steuerpflichtigen nehmen. Es seien nicht nur die laufenden Buchführungsunterlagen, sondern alle Unterlagen zu Beginn der Prüfung vorzulegen; befänden sich diese nicht beim Steuerberater, sei gleichgültig, ob sie an den Prüfungsort des Büros oder des Finanzamtes übersandt werden müssten. Dem stehe das Interesse des Beklagten gegenüber, dass die Arbeitszeit des Betriebsprüfers nicht für uneffektive Fahrzeit verloren gehe; die Hin- und Rückfahrt vom Finanzamt zum Büro des Steuerberaters in Y dauere jeweils rund 45 Min., so dass zuzüglich der Fußwege sich Fahrzeiten pro Tag von bis zu 2 Stunden ergäben. Da das Büro des Steuerberaters sich zudem in einem anderen Bundesland befinde, würden zusätzlicher Verwaltungsaufwand durch dienstreiserechtlich erforderliche Anträge bei der Oberfinanzdirektion Hamburg und zusätzliche Reisekosten entstehen.
Hiergegen hat der Kläger am 26.8.1999 Klage erhoben, mit der er geltend macht: Die erforderlichen Fahrten zu seinem Büro begründeten kein schutzwürdiges Interesse, da der Außenprüfer diese ja von seinem Wohnsitz aus direkt zurücklegen könne. Die Fahrzeit mit dem Kraftfahrzeug zwischen Büro und Finanzamt betrage rund 20 Minuten. Es würde seit Jahrzehnten länderübergreifend geprüft; rund 90 % aller von der Finanzverwaltung in Hamburg anberaumten Prüfungen würden in seinem Büro durchgeführt. So habe auch der Beklagte erst kürzlich eine Betriebsprüfung in seinem Büro vorgenommen.
Der Kläger beantragt, die Prüfungsanordnung vom 28.5.99 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.7.1999 insoweit aufzuheben, als darin als Prüfungsort die Betriebsprüfungsstelle des Beklagten angegeben ist, und den Beklagten dazu zu verpflichten, als Prüfungsort das Steuerberatungsbüro seines Prozessbevollmächtigten festzulegen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Über die bisher vorgetragenen Gründe hinaus führt er an, dass bei einer Prüfung im Finanzamt die Prüfung unabhängig von den Bürozeiten des Steuerberaters durchgeführt werden könne, der Sachgebietsleiter optimal einbezogen werden könne, jederzeit auf Literatur und technische Hilfsmittel zurückgegriffen werden könne und das Steuergeheimnis optimal sichergestellt sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf ihre Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Dem Senat haben die Bp-Arbeitsakten, die Einkommensteuerakten Band V, die Gewerbesteuerakten Band IV die Umsatzsteuerakten Band III sowie die Einheitswertakten des Beklagten zur Steuer-Nr. ... vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist teilweise begründet.
Die Entscheidung des Beklagten, die Betriebsprüfung an Behördenstelle durchzuführen, ist ermessenswidrig. Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Durchführung der Prüfung bei seinem Prozessbevollmächtigten, sondern nur darauf, dass der Beklagte die Gründe für und gegen die beiden in Betracht kommenden Prüfungsorte ermessensgerecht abwägt.
Die Festlegung des Prüfungsortes ist auch dann, wenn sie zusammen mit der Anordnung der Prüfung selbst erfolgt, ein selbständig anfechtbarer Verwaltungsakt (BFH-Urteil vom 24.2.1989 III R 36/88, BStBl II 1989, 445). Nach § 200 Abs. 2 Satz 1 AO findet die Prüfung in den Geschäftsräumen oder, soweit ein zur Durchführung der Außenprüfung geeigneter Geschäftsraum nicht vorhanden ist, i...