Entscheidungsstichwort (Thema)
Versagung von Ausfuhrerstattung wegen Nichteinhaltung der gemeinschaftsrechtlichen Tierschutzvorschriften während des Transports von Rindern
Leitsatz (amtlich)
Hinsichtlich der Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 3 VO (EG) Nr. 615/98, wonach die Ausfuhrerstattung nicht gezahlt wird für Tiere (hier Rinder), bei denen die Behörde aufgrund sonstiger Informationen zu dem Schluss gelangt, dass die Richtlinie über den Schutz der Tiere beim Transport nicht eingehalten worden ist, ist die Behörde darlegungs- und beweispflichtig.
Zur Fragestellung, ob die Behörde unter Hinweis auf Art. 5 Abs. 3 VO (EG) Nr. 615/98 die Ausfuhrerstattung versagen darf, wenn ein Veterinär zwar Mängel des Transportmittels festgestellt, einer Verladung der Tiere auf dieses Transportmittel aber nicht widersprochen hat.
Normenkette
EGV 615/98 Art. 1, 2 Abs. 3, Art. 3 Abs. 2, Art. 5 Abs. 3; Richtlinie 91/628/EWG
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Ausfuhrerstattung durch das beklagte Hauptzollamt.
Mit Ausfuhranmeldung vom 8.11.2001 (Nr. ...01) meldete die Klägerin beim Hauptzollamt H 34 Rinder zur Ausfuhr in den Libanon an und beantragte hierfür unter dem 10.12.2001 die Gewährung von Ausfuhrerstattung, was das beklagte Hauptzollamt mit Bescheid vom 28.8.2003 unter Hinweis darauf ablehnte, dass die Klägerin während des Transports der Tiere die gemeinschaftsrechtlichen Tierschutzbestimmungen nicht eingehalten habe. Insoweit führte das beklagte Hauptzollamt in seinem Bescheid vom 28.8.2003 zum einen aus, dass nach Auswertung des von der Klägerin vorgelegten Transportplanes zwischen dem Beginn des Versandes der Tiere am 8.11.2001 um 11.00 Uhr und deren Ankunft in Koper am 9.11.2001 um 21.46 Uhr mehr als 34 Stunden vergangen seien. Nach der Richtlinie 91/628/EWG über den Schutz von Tieren beim Transport müssten die Tiere nach einer maximalen Transportdauer von 29 Stunden im Rahmen einer Ruhepause von 24 Stunden an einem zugelassenen Aufenthaltsort entladen, gefüttert und getränkt werden. Der Klägerin wäre es möglich und zumutbar gewesen, nach ihrem Eintreffen in Prosecco und einer Transportdauer von rund 24 Stunden einen der drei dort zugelassenen Aufenthaltsorte aufzusuchen und den Transport erst im Anschluss an die nach der Richtlinie 91/628/EWG vorgeschriebene 24-stündige Ruhepause fortzusetzen. Zum anderen verwies das beklagte Hauptzollamt zur Begründung darauf, dass die Tiere am 10.11.2001 in Koper auf das Schiff "Dana ... M" verladen und in den Libanon transportiert worden seien. Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung habe im Rahmen einer am 29.11.2001 in Koper gemäß Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 615/98 durchgeführten Kontrolle festgestellt, dass das Schiff "... M" in verschiedener Hinsicht nicht den Anforderungen der Richtlinie 91/628/EWG über den Schutz von Tieren beim Transport genüge. So müsse (1.) die Neigung der Treibwege zu den einzelnen Decks auf 20° verringert, (2.) das Verdeck vom Oberdeck, das aus Brettern mit Fugen bestehe, als Schutz gegen Regen und Seewasser abgedichtet, (3.) der Treibgang im Zwischendeck günstiger gestaltet sowie (4.) der Gülleablauf der Tierstauboxen verbessert werden. - Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des Bescheides vom 28.8.2003 Bezug genommen.
In ihrem gegen den Bescheid vom 28.8.2003 gerichteten Einspruch wandte die Klägerin im Hinblick auf die Überschreitung der maximalen Transportdauer ein, dass sie insoweit durch höhere Gewalt an der Einhaltung der Richtlinie 91/628/EWG gehindert gewesen sei. Der LKW sei nämlich an der italienischen Grenze in einen für sie nicht vorhersehbaren Stau geraten, der dadurch verursacht worden sei, dass die italienischen Behörden die Zollabfertigung für Industriegüter bestreikt hätten. Da dieser Streik sich auf die Abfertigung von Lebendviehtransporten nicht erstrecken sollte, habe für sie keine Veranlassung bestanden, bereits in Prosecco einen zugelassenen Aufenthaltsort aufzusuchen. Vielmehr habe sie darauf vertrauen dürfen, den von der Grenze nur 60 km entfernten Hafen in der ihr noch zur Verfügung stehenden Zeit zu erreichen. Bezüglich der von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung gerügten Mängel des von ihr für den Transport in den Libanon eingesetzten Schiffes entgegnete die Klägerin, dass das Handbuch Tiertransporte vom 10.7.2002 das Schiff "... M" als geeignet zum Transport von Rindern ausweise. Auch in der ihr vom Landratsamt Augsburg unter dem 5.8.2002 übersandten Liste, die eine Zusammenstellung der für den Tiertransport geeigneten und ungeeigneten Schiffe enthalte, werde das Schiff "... M" als für den Tiertransport geeignet geführt.
Mit Einspruchsentscheidung vom 19.11.2004 wies das beklagte Hauptzollamt den Einspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 28.8.2003 zurück. Es verwies zur Begründung erneut darauf, dass die Klägerin die nach der Richtlinie 91/628/EWG über den Schutz von Tieren beim Transport vorgeschriebene maximale Transportdauer überschritten habe...