Entscheidungsstichwort (Thema)
Verjährung von Rückforderungsansprüchen im Ausfuhrerstattungsrecht
Leitsatz (amtlich)
Auch nach nationalem Recht verjähren Rückforderungsansprüche in entsprechender Anwendung des § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO innerhalb von vier Jahren; die regelmäßige Verjährungsfrist von 30 Jahren nach § 195 BGB a. F. findet keine Anwendung (Änderung der Rechtsprechung des Senats)
Normenkette
EGV 2988/95 Art. 3 Abs. 1, 3; AO § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2; BGB a.F. § 195
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Ausfuhrerstattung durch das beklagte Hauptzollamt.
Die Klägerin meldete im Oktober 1993 beim Hauptzollamt A 26 lebende Rinder der Marktordnungs-Warenlistennummer 0102 9071 0000 zur Ausfuhr nach Jordanien an. Für diese Ausfuhrsendung gewährte ihr das beklagte Hauptzollamt antragsgemäß mit Bescheid vom 23.03.1994 (94-.....) Ausfuhrerstattung in Höhe von DM 27.976,01.
Anlässlich einer nachträglichen Überprüfung des Erstattungsvorgangs stellte das beklagte Hauptzollamt fest, dass die Klägerin für den Transportweg der Rinder von B/Syrien nach Jordanien kein Beförderungspapier eingereicht hatte. Es forderte deshalb die Klägerin mit Schreiben vom 24.09.1998 unter Fristsetzung, die in der Folgezeit bis zum 20.11.1998 verlängert wurde, auf, den direkten Beförderungsweg nachzuweisen. Da die Klägerin innerhalb dieser Frist kein Beförderungspapier für die Anschlussbeförderung von B nach Jordanien vorlegte, forderte es mit Rückforderungsbescheid vom 16.12.1998 die der Klägerin gewährte Erstattung unter entsprechender Rücknahme des Bescheides vom 23.03.1994 unter Hinweis auf § 10 MOG (Gesetz zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen vom 27.08.1986, BGBl. I S. 1397 ff) zurück. Den hiergegen gerichteten Einspruch der Klägerin wies das beklagte Hauptzollamt mit Einspruchsentscheidung vom 23.08.2001 zurück.
Mit ihrer am 25.09.2001 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren fort. Sie wendet u.a. ein, dass der vom beklagten Hauptzollamt geltend gemachte Rückforderungsanspruch verjährt sei.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Rückforderungsbescheid vom 16.12.1998 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 23.08.2001 in Bezug auf den Bescheid vom 23.03.1994
(94-.....) aufzuheben.
Das beklagte Hauptzollamt verteidigt die angefochtenen Bescheide und beantragt,
die Klage abzuweisen.
Dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist die Ladung zur mündlichen Verhandlung am 01.07.2009 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 10.07.2009 hat der Prozessbevollmächtigte dem Gericht mitgeteilt, dass er die Klägerin nicht mehr vertrete.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Sachakten des beklagten Hauptzollamtes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Entscheidung kann ergehen, obgleich für die Klägerin zur mündlichen Verhandlung niemand erschienen ist. Denn der (ehemalige) Prozessbevollmächtigte der Klägerin ist gemäß § 91 Abs. 1 Satz 2 FGO ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung geladen und dabei darauf hingewiesen worden, dass bei seinem Ausbleiben auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (§ 91 Abs. 2 FGO). Dem steht auch nicht entgegen, dass der (ehemalige) Prozessbevollmächtigte dem Gericht mit Schriftsatz vom 10.07.2009 mitgeteilt hat, dass er die Klägerin nicht mehr vertrete. Die Mitteilung über die Mandatsniederlegung erfolgte nämlich zu einem Zeitpunkt, als ihm die Ladung zur mündlichen Verhandlung bereits zugestellt worden war.
Die zulässige Anfechtungsklage führt zum Erfolg. Die angefochtenen Bescheide sind im tenorierten Umfang rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
Dem auf die Vorschrift des § 10 Abs. 1, Abs. 3 des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen vom 27.08.1986 (BGBl. I S. 1397, im Folgenden: MOG) gestützten Rückforderungsanspruch des beklagten Hauptzollamtes steht der Eintritt der Verjährung gemäß Art. 3 Abs. 1 Unterabsatz 1 Satz 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18.12.1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (ABl. Nr. L 312/1, im Folgenden: VO Nr. 2988/95) entgegen (hierzu unter 1.). Das nationale Recht sieht in Bezug auf den in Rede stehenden Rückforderungsanspruch keine längeren Verjährungsfristen vor (hierzu unter 2.). Insoweit merkt der erkennende Senat im Einzelnen Folgendes an:
1. Dem vom beklagten Hauptzollamt geltend gemachten Rückforderungsanspruch steht die Einrede der Verjährung gemäß Art. 3 Abs. 1 Unterabsatz 1 Satz 1 VO Nr. 2988/95 entgegen.
In Art. 3 Abs. 1 Unterabsatz 1 Satz 1 VO Nr. 2988/95 ist bestimmt, dass die Verjährungsfrist für die Verfolgung vier Jahre ab Begehung der Unregelmäßigkeit nach Art. 1 Abs. 1 VO Nr. 2988/95 beträgt, wobei als Unregelmäßigkeit jeder Verstoß gegen eine Gemeinschaftsbestimmung als Folge einer Handlung oder Unterlassung eines Wirtschaftsteilnehmers gilt, die einen Schaden für den Gesamthaushaltsplan der Gemeinschaften oder die Haushalte, die von de...