Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit einer Sanktion bei Beantragung einer überhöhten Ausfuhrerstattung
Leitsatz (amtlich)
Die Klägerin hat aufgrund unzutreffender Angaben eine höhere als die ihr zustehende Erstattung beantragt, da sie mit ihren Zahlungsanträgen versicherte, dass das ausgeführte Rindfleisch von handelsüblicher Qualität sei, obwohl sie den entsprechenden Nachweis nicht führen konnte. Die Festsetzung einer Sanktion ist rechtmäßig, wenn die Klägerin für die streitigen Ausfuhrsendungen Rindfleisch eine höhere Erstattung beantragt als ihr zusteht und diese vorschussweise erhalten hat.
Normenkette
EWGV 3665/87 Art. 11 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin führte im Mai und Juni 1997 mit Ausfuhranmeldungen des Hauptzollamts H vom 7. Mai, 18. bzw. 19. Juni 1997 fünf Warensendungen mit gefrorenem Rindfleisch der Marktordnungs-Warenlistennummer 0202 3090 9400 nach Russland aus. Auf die entsprechenden Anträge der Klägerin gewährte der Beklagte für vier der genannten Warensendungen Ausfuhrerstattung als Vorschuss. Mit vier Änderungsbescheiden vom 10. November 1997 forderte der Beklagte jedoch die gewährten Erstattungen mit einem Zuschlag von jeweils 15 % zurück und führte zur Begründung aus, dass Ermittlungen ergeben hätten, dass die Waren entgegen dem Verbringungsverbot der Kommissionsentscheidungen Nr. 96/239/EG und Nr. 96/362/EG (betreffend BSE) aus dem Hoheitsgebiet des Vereinigten Königreichs versandt worden seien. Daher seien die Erzeugnisse nicht von gesunder und handelsüblicher Qualität; außerdem sei der Ursprung der Erzeugnisse nicht dargelegt. Mit derselben Begründung setzte der Beklagte für die fünfte Ausfuhrsendung mit Erstattungsbescheid vom 10. November 1997 die von der Klägerin beantragte Erstattung auf 0,00 DM fest. Gegen diesen Bescheid und die vier Rückforderungsbescheide vom 10. November 1997 hat die Klägerin jeweils Klage erhoben. Der Senat hat diese Klagen mit Urteilen vom 20. Juni 2002 (IV 252-255 und 257/99), auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, abgewiesen. Gegen die Nichtzulassung der Revision in den genannten Urteilen hat die Klägerin jeweils Beschwerde eingelegt, die beim Bundesfinanzhof unter den Aktenzeichen VII B 246-250/02 anhängig sind.
Mit Sanktionsbescheid vom 24. November 1997 zu den o.g. Rückforderungsbescheiden bzw. dem Erstattungsbescheid vom 10. November 1997 setzte der Beklagte eine Sanktion in Höhe von 116.017,70 DM gemäß Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. a VO Nr. 3665/87 gegen die Klägerin fest (wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf den Bescheid Bezug genommen. - Bl. 8 ff. d. Sachakte). Auf den hiergegen am 4. Dezember 1997 erhobenen Einspruch der Klägerin, reduzierte der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 10. September 1999, zur Post aufgegeben am 16. September 1999, die Sanktion auf 104.312,90 DM, indem er nur die Erstattungsbeträge, nicht aber den 15 %igen Zuschlag, der Berechnung des Sanktionsbetrags zugrunde legte, wies jedoch den Einspruch im Übrigen zurück.
Mit ihrer am 13. Oktober 1999 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, dass sie das Fleisch von der französischen Firma A. S.A. gekauft habe und die entsprechenden Einkaufsbestätigungen und Veterinärzeugnisse belegten, dass es sich um Fleisch belgischen Ursprungs gehandelt habe. Die Behauptung des Beklagten, das Rindfleisch stamme aus dem Hoheitsgebiet des Vereinigten Königreichs, werde bestritten. Jedenfalls habe sie aufgrund der amtlichen Dokumente darauf vertrauen dürfen, dass es sich bei dem eingekauften Fleisch um einwandfreie belgische Ware gehandelt habe. Sollte tatsächlich britisches Rindfleisch nach Russland ausgeführt worden sein, habe sie jedenfalls nicht schuldhaft gehandelt und auch ein schuldhaftes Handeln ihres Vertragspartners liege nicht vor, weil sich allenfalls dessen Vertragspartner schuldhaft verhalten habe. Auch für ein etwaiges Fehlverhalten der belgischen Behörden habe sie nicht einzustehen. Sie habe daher schuldlos gehandelt. Die Rechtswidrigkeit der auf Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. a VO Nr. 3665/87 gestützten Sanktion gegen einen schuldlos handelnden Ausführer ergebe sich aus einem Verstoß gegen höherrangiges Recht, insbesondere aus Verstößen gegen Art. 40 Abs. 3 und Art. 43 Abs. 2 EGV, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, das Rechtsstaatsprinzip und das Diskriminierungsverbot. Die Sanktionsregelung verstoße zudem gegen die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 über den Schutz der finanziellen Interessen der EG. Im Fall einer vorschussweise gewährten Erstattung entstehe bei einer unzutreffenden Anmeldung für den Gemeinschaftshaushalt ohnehin kein Nachteil, weil der zurückzuzahlende Vorschuss um 15 % erhöht werde. Die Sanktion nach Art. 11 Abs. 1 VO Nr. 3665/87 führe in solchen Fällen zu einer doppelten Bestrafung. Im Übrigen habe sie in der Ausfuhranmeldung alle Angaben gemacht, zu denen sie in der Lage gewesen sei. Dem Beklagten hätten alle Tatsachen zur Verfügung g...