Revision eingelegt (BFH VII R 56/18)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Inhaftungnahme für Tabaksteuer: Auch ein Steuerschuldner kann Haftungsschuldner gemäß § 71 AO sein
Leitsatz (amtlich)
Haftungsschuldner gemäß § 71 AO kann auch der Steuerschuldner sein.
Normenkette
AO § 71; TabakStG § 23 Abs. 1 S. 2
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Inhaftungnahme für Tabaksteuer.
Nach den polizeilichen Ermittlungen hätten am 26.05.2014 zwei Zeugen beobachtet, wie der gesondert verfolgte A auf einem näher bezeichneten Parkplatz an der Autobahnabfahrt B an den Fahrer eines Kleintransporters Ford Transit, dessen Halterin die Mutter des Klägers ist, Zigaretten gegen eine größere Menge an Geldscheinen ausgetauscht habe. Noch am selben Tag sei die Anschrift der Halterin des Ford Transit aufgesucht worden. Dort sei der Kläger als Nutzer des Fahrzeugs festgestellt worden. Das Haus des Klägers sei anschließend mit seiner Einwilligung in Augenschein genommen worden. Keinen Zutritt habe er jedoch zu einem Heizungsraum seiner Mutter gewährt. Es sei nichts Relevantes festgestellt worden.
Im Zuge der sich daran anschließenden steuerstrafrechtlichen Ermittlungen gegen den Kläger und den A ordnete das AG C auf Antrag der Staatsanwaltschaft C mit Beschluss vom 25.03.2015 die Überwachung der Telekommunikation des A an.
Bei der Durchsuchung der Wohnung des Klägers am 17.02.2016 wurden insgesamt elf Schachteln XXX mit weißrussischer Steuerbanderole gefunden. Bei der sich anschließenden Vernehmung des Klägers räumte dieser ein, von dem A XXX zum Preis von 25 € pro Stange für den Eigenverbrauch angekauft zu haben. Es sei ihm bekannt, dass der Ankauf von unversteuerten Zigaretten strafbar sei.
Das Steuerstrafverfahren der Staatsanwaltschaft C gegen den Kläger (...) wegen des Verdachts der Steuerhehlerei vom 26.05.2014 wurde gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 800 € gem. § 153a StPO eingestellt.
Mit Haftungsbescheid über Tabaksteuer vom 15.06.2016 (xxx-1) setze der Beklagte Tabaksteuer in Höhe von 4.024,80 € fest. Im Rahmen der Überwachung der Telekommunikation des gesondert verfolgten A sei festgestellt worden, dass der Kläger in zwei Fällen unverzollte Zigaretten unbekannter Marken von dem A angekauft und im Besitz genommen habe. Im ersten Fall habe er am 12.04.2015 30 Stangen mit 6.000 Zigaretten unbekannter Marke um 11:29 Uhr bestellt und am selben Tag ab 15:44 Uhr in D/Gartenanlage in Besitz genommen. Im zweiten Fall habe er am 19.05.2015 100 Stangen mit 20.000 Zigaretten unbekannter Marken ab 13:59 Uhr in der X-Straße am ... in C in Besitz genommen.
Bei seiner Vernehmung am 17.02.2016 habe er eingeräumt, Inhaber und Nutzer des Mobilfunkanschlusses mit der Rufnummer xxx zu sein, den A zu kennen und Zigaretten von ihm zu einem Preis von 25 € pro Stange für den Eigenbedarf angekauft zu haben. Außerdem sei ihm bekannt, dass der Ankauf unversteuerter Zigaretten strafbar sei.
Die Tabaksteuer, die bisher nicht entrichtet worden sei, sei entweder durch Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr oder durch das erstmals zu gewerblichen Zwecken im Besitz Halten entstanden. Schuldner der Steuer sei der unbekannte Dritte, der den Steuerentstehungstatbestand verwirklicht habe. Die hier in Rede stehenden 26.000 Zigaretten habe der Kläger mit Bereicherungsabsicht von dem A angekauft. Hierdurch habe er die Steuerstraftat einer gewerbsmäßigen Steuerhehlerei begangen, so dass er für von einem unbekannten Steuerschuldner hinterzogene Tabaksteuer hafte. Da der Tabaksteuerschuldner nicht zu ermitteln sei, werde er als Haftungsschuldner in voller Höhe in Anspruch genommen. Eine Verschonung als Haftender komme wegen des hohen Verschuldensgrades nicht in Betracht. Hinsichtlich des Entschließungsermessens liege eine Ermessensreduzierung auf Null vor. Das Auswahlermessen werde gegen weitere Haftungsschuldner ausgeübt werden, sofern diese bekannt werden würden.
Für die Berechnung würde zu Gunsten des Klägers der für Zigaretten unbekannter Marke geringste Kleinverkaufspreis von 26 1/15 Cent/Stück zu Grunde gelegt.
Mit Schreiben vom 27.06.2016 legte der Kläger Einspruch gegen den Bescheid ein. Er habe nur eingeräumt, für den Eigenbedarf Zigaretten angekauft zu haben. Er bestreite, die im Bescheid angegebene Menge Zigaretten angekauft zu haben. Auch habe er nicht gewerblich gehandelt. Die bei der Hausdurchsuchung aufgefundenen Zigaretten belegten, dass er Zigaretten nur für den Eigenbedarf angekauft habe. Im Übrigen müsse der A ebenfalls als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden.
Mit Schreiben vom 28.11.2016 begründete der Kläger nach erfolgter Einsicht in die Ermittlungsakte seinen Einspruch weiter. Die Protokolle der Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) stützten den Vorwurf nicht. Es sei nicht nachvollziehbar, wie aus dem bloßen Nennen der Zahlen 30 und 100 eine Bestellung von 30 bzw. 100 Stangen abgeleitet werden könne. Es könne sich ohne weiteres auch um die Menge der einzelnen Zigarett...