Entscheidungsstichwort (Thema)

Zollschuldentstehung wegen vorschriftswidriger Verbringung

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Bedeutung der Gutgläubigkeit für die Zollschuldentstehung wegen vorschriftswidriger Verbringung gem. Art. 202 Zollkodex.

 

Normenkette

EWGVO-2913/92 Art. 244; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1; ZK Art. 202; TabStG § 21; ZK Art. 203; ZollV § 8 S. 2

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller (Ast) als Fahrer und sein Bekannter V als Beifahrer reisten am 3. 8. 1998 von Litauen über die Fähre Klaipeda / Travemünde in einem Lkw des V in die Bundesrepublik Deutschland ein. Der Lkw war mit einem Anhänger, einem Kühlauflieger, verbunden, der mit Holzpaletten beladen war. Bei einer Kontrolle des Lkw im Rasthof der Autobahn Hamburg-... und späterer Überprüfung in der Container-Prüfanlage des Hauptzollamts ... wurde festgestellt, dass im Dach des Kühlaufliegers in einem eigens hierfür hergerichteten Hohlraum 2.901 Stangen (= 580.200 Stück) unversteuerte Zigaretten untergebracht waren.

Mit Steuerbescheid vom 12. 8. 1998 und den der Höhe nach zu Gunsten des Ast geänderten Bescheid vom 14. 12. 1998 forderte der Antragsgegner (Ag) von dem Ast als Gesamtschuldner mit dem Fahrer V Tabaksteuer in Höhe von 85.347,42 DM an. Hiergegen legte der Ast mit am 1. 9. 1999 eingegangenem Schreiben vom 31. 8. 1998 Einspruch ein und stellte gleichzeitig einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung. Letzter wurde unter dem 14. 12. 1998 abgelehnt.

Ein wegen des Verdachtes der Steuerhinterziehung gegen den Fahrer und den Ast eingeleitetes Strafverfahren wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 22. 1. 1999 abgeschlossen, mit dem das Amtsgericht die Eröffnung des Hauptverfahrens mangels hinreichenden Tatverdachtes ablehnte.

Der Ast und V hatten sich in ihrer Vernehmung dahingehend eingelassen, V habe den Auftrag zum Transport der Holzpaletten nach Großbritannien und zur Aufnahme von Rückfracht für Litauen in Form bestimmter Spenden (Kleidung etc.) von einem in Litauen ansässigen Unternehmer erhalten. Dieser habe auch den für den Transport eingesetzten Kühlauflieger vermittelt. Ohne diesen näher untersucht zu haben, hätten sie sich nur davon überzeugt, dass der Anhänger leer und sauber gewesen sei. Das Amtsgericht Hamburg ging unter Bezugnahme auf einen weiteren Beschluss betreffend die Aufhebung des Haftbefehls vom 15. 9. 1998 davon aus, dass den dort Beschuldigten nicht widerlegt werden könne, dass die von dem Zoll im Dach des Aufliegers gefundenen Zigaretten von dem Ast unbemerkt dort "eingearbeitet" worden seien, bevor der Auflieger zur Beladung angeliefert worden sei. Die Art des Verstecks sei nicht geeignet gewesen, Argwohn zu wecken.

Mit Einspruchsentscheidung vom 25. 3. 1999, zur Post gegeben am 26. 3. 1999, wies der Ag den Einspruch als unbegründet zurück. Er stützte seinen Anspruch weiterhin auf Art. 202 Zollkodex und vertrat die Ansicht, dass der Ast gemäß Art. 202 Abs. 3 Zollkodex allein aufgrund der tatsächlichen Beförderung der Ware diese vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht und demzufolge Zollschuldner geworden sei.

Hiergegen hat der Ast am 30. 4. 1999 Klage erhoben (IV 116/99) und in der Klagschrift durch Vorlage der mit einem Eingangsstempel versehenen Einspruchsentscheidung vorgetragen, dass diese am 30. 4. 1999 eingegangen sei. Gleichzeitig hat er vor Gericht einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt.

Der Ast trägt vor:

Unabhängig von der Frage der Entstehung der Eingangsabgabenschuld beim Ast sei es unbillig, dem Ast die Steuerlast aufzubürden. Im Rahmen seines Ermessens habe der Ag berücksichtigen müssen, dass der Ast selbst Opfer einer Straftat und als absichtsloses Werkzeug von den wahren Tätern für die begangene Steuerhinterziehung missbraucht worden sei. Gemäß Art. 235 ff Zollkodex, 163, 227 Abgabenordnung hätten die Einfuhrabgaben nicht gegenüber dem Ast festgesetzt werden dürfen. Die Gutgläubigkeit des Ast sei auch nach dem Beschluss des BFH vom 12. 7. 1999 (VII B 2/99) erheblich. Darüber hinaus sei die wirtschaftliche Situation des Ast zu berücksichtigen. Dieser habe ausweislich der zum Prozesskostenhilfeantrag eingereichten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse lediglich ein kärgliches Einkommen in Litauen und zwei minderjährige Kinder zu unterhalten. Aus nichtselbständiger Tätigkeit erhalte er 400 litas (umgerechnet ca. 200 DM) monatlich. Gleiches gelte für seine Ehefrau, die hiervon zudem noch 120 litas Sozialabgaben zu zahlen habe. Der Ast besitze eine ca. 42 qm große Wohnung, für die monatlich ca. 250 litas Nebenkosten anfielen.

Aus den vorgenannten Gründen sei die Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung gerechtfertigt. Der Ast sei aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage, eine Sicherheit zu leisten.

Der Ast beantragt,

die Vollziehung des Steueränderungsbescheides vom 14. 12. 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. 3. 1999 auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Unter Bezugnahme auf den Ablehnungsbe...

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