Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Bildung gewillkürten Sonderbetriebsvermögens nach Aufgabe eines originär gewerblichen Betriebes durch eine GmbH & Co. KG i. S. d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG
Leitsatz (amtlich)
Ändert das Finanzamt während des Klagverfahrens den den Verfahrensgegenstand bildenden Feststellungsbescheid durch eine geänderte Feststellung einer bis dahin nicht angefochtenen Besteuerungsgrundlage, kann der Kläger eine darin liegende neue Beschwer durch eine Klageerweiterung auch außerhalb der Frist für die Klage gegen den ursprünglichen Bescheid geltend machen.
Hat eine Personengesellschaft ihren originär gewerblichen Betrieb aufgegeben und liegen die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG nicht vor, können die ehemaligen Betriebsgrundstücke auch dann nicht zu gewillkürtem Sonderbetriebsvermögen gewidmet werden, wenn sie der Sicherung einer z. Z. des Betriebes aufgenommenen und noch nicht getilgten Betriebsschuld dienen.
Eine Umqualifizierung von Einkünften nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG setzt voraus, dass auf der Ebene der Personengesellschaft Einkünfte erzielt werden, die ihrer Art nach einer der Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Nr. 1, 3-7 EStG unterfallen.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 2, § 16 Abs. 3, § 2 Abs. 1; FGO §§ 67-68
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob ein Gewinn aus einer Grundstücksveräußerung durch die Klägerin zu versteuern ist und ob es sich bejahendenfalls um einen laufenden oder einen steuerbegünstigten Aufgabegewinn handelt.
Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft. Persönlich haftende Gesellschafterin und Geschäftsführerin ist die A GmbH. Auf den Gesellschaftsvertrag vom 15.12.1973 wird Bezug genommen (Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 10.07.2007). Die Klägerin betrieb bis Ende 1993 ein Transportunternehmen (Güternah- und Fernverkehr mit Kraftfahrzeugen sowie Spedition und Lagerung). Die in der X-Straße belegenen Betriebsgrundstücke mietete die Klägerin von der Grundstücksgesellschaft B (im folgenden als "B GbR" bezeichnet), einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestehend aus allen Kommanditisten der Klägerin (vgl. Gesellschaftsvertrag der B GbR vom 15.12.1973 und Mietvertrag vom 02.12.1973, Anlagen zum Schriftsatz der Klägerin vom 10.07.2007), in deren Eigentum die Grundstücke standen. Die Grundstücke wurden in den Gesamthandsbilanzen der B GbR ausgewiesen. Die Grundstücke waren mit einer Grundschuld zugunsten der Bank-1 belastet, die der Absicherung eines von der Klägerin im Jahr 1977 aufgenommenen Darlehens diente (Darlehensvertrag vom 23.12.1976/19.01.1977, Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 01.02.2008). Das ursprünglich in Höhe von 500.000 DM aufgenommene Darlehen diente der Finanzierung des Grundstücksankaufs. Die Darlehenssumme wurde im Jahr 1987 zur Finanzierung des Fuhrparks der Klägerin aufgestockt.
Im Januar 1994 beschlossen die Gesellschafter der Klägerin die Liquidation der Gesellschaft und veräußerten sämtliches Betriebsvermögen. Ausweislich der durch die Klägerin zum 30.06.1994 erstellten Zwischenbilanz für die Liquidationsphase (Bilanz- und Bilanzberichtsakten - BilA -, nicht paginiert) erzielte die Klägerin durch den Abgang von Anlagevermögen (v. a. von Lkws) Erträge in Höhe von DM 188.715,-. Insgesamt erzielte sie in 1994 einen Verlust in Höhe von DM 792.565,36.
Baurechtlich zugelassen war für die Grundstücke eine rein industrielle Nutzung. Der Klägerin gelang es zunächst nicht, einen Käufer für diese Grundstücke zu finden. Um die Attraktivität der Grundstücke zu erhöhen, bemühte sich die Klägerin, eine Änderung des Bebauungsplanes dahingehend zu erwirken, dass eine Mischnutzung der Grundstücke zugelassen würde. Mitte 1995 stellte die Klägerin einen Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheides zum Neubau von 124 Wohneinheiten und 12.044 qm Gewerbeflächen mit Tiefgarage. Das Verfahren ruhte über mehrere Jahre, während die Klägerin die Änderung des Bebauungsplanes zu erreichen versuchte. Dieses Vorhaben stieß zunächst auf positive Resonanz seitens der Stadtentwicklungsbehörde und anderer öffentlicher Stellen, scheiterte dann aber Anfang 1999. Wegen der Einzelheiten des Verwaltungsverfahrens wird auf das Schreiben der Klägerin an den Beklagten vom 05.09.2006 (FGA Bl. 19 ff.) Bezug genommen. Seit dem 06.03.1995 wurden die Grundstücke an eine Spedition (Anl. K 7, FGA Anlagenband) und seit dem 01.08.2003 an den späteren Erwerber Herrn C (Anlage zum Schreiben der Klägerin vom 16.06.2006, Gewerbesteuerakten - GewStA -, nicht paginiert) vermietet. In dem Mietvertrag mit der Spedition D ist die B GbR als Vermieterin bezeichnet. Über der für sie erfolgten Unterschrift ist der Firmenstempel der Klägerin angebracht. Der Mietvertrag mit Herrn C wurde durch die B GbR geschlossen. Die Mieteinnahmen wurden als Sonderbetriebseinnahmen bei der Klägerin erklärt, während die Grundstücke weiterhin (nur) in den Gesamthandsbilanzen der B GbR ausgewiesen wurden.
Im Anschluss gelang es ...