Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgabenordnung/Einkommensteuer: Zum bestimmten Sachverhalt i. S. des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO
Leitsatz (amtlich)
1. Sachverhalt i. S. des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO ist der zugrundeliegende tatsächliche Lebensvorgang, unabhängig von den gezogenen restlichen Folgerungen.
2. Ein Betrieb kann über mehrere Jahre ruhen, wenn die Möglichkeit besteht, ihn jederzeit wieder aufleben zu lassen. Dabei kommt es auf die Verhältnisse des Zeitpunktes an, zu dem die letzte werbende Tätigkeit eingestellt wurde.
Normenkette
AO 2004 § 174 Abs. 4 S. 1; EStG 2004 § 16 Abs. 3 S. 1, Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Voraussetzungen einer Änderungsvorschrift und inhaltlich über die Frage, ob eine Betriebsaufgabe vorliegt.
Unter der Firma "A & Sohn" betrieb der Großvater des Klägers seit ... ein Baugeschäft. Der Vater des Klägers betrieb das Baugeschäft unter derselben Firma seit ... weiter. Das Unternehmen wurde als Einzelunternehmen im Handelsregister (Amtsgericht ..., HRA ...) eingetragen. Unternehmensgegenstand war dabei insbesondere die Erstellung von Gebäuden, die anschließend veräußert oder entnommen oder durch Vermietung/Verpachtung genutzt wurden. In den Jahresabschlüssen des Unternehmens waren im Anlagevermögen seit Mitte der 1970er Jahre verschiedene Grundstücke erfasst, so zum Beispiel das Grundstück X-Straße. Im Jahresabschluss zum 31.12.1979 wurde erstmalig das Grundstück Y-Straße im Anlagevermögen des Unternehmens erfasst. 1980/1981 wurde auf dem Grundstück X-Straße eine ... Halle errichtet, die ebenfalls im Anlagevermögen des Unternehmens aufgenommen wurde. 1982 wurde ein Gebäude mit Mietwohnungen auf dem Grundstück Y-Straße errichtet. Das Gebäude wurde ebenfalls im Anlagevermögen des Unternehmens aufgenommen.
Mit Schreiben vom ... 1984 teilte der Steuerberater des Unternehmens dem Finanzamt mit, dass versucht werde, die ... Halle zu vermieten bzw. zu verpachten oder zu verkaufen.
Vor dem Tod des Vaters des Klägers Anfang des Jahres ... war das Unternehmen im Baugeschäft allenfalls noch mit Kleinreparaturen befasst. Der im Jahr ... geborene Kläger führte das Unternehmen nach dem Tod des Vaters unter der bisherigen Firma fort. Die Umsatzerlöse des Unternehmens des Jahres 1988 setzten sich - wie im Vorjahr - aus Erlösen aus der Vermietung/Verpachtung der ... Halle sowie der Wohnungen Y-Straße zusammen. Das Anlagevermögen betreffend technische Anlagen und Maschinen belief sich zum 31.12.1988 auf einen Buchwert in Höhe von insgesamt ... DM, wobei hierin Gerüste mit einem Buchwert von ... DM enthalten waren. Im Übrigen waren dort die Grundstücke sowie die Gebäude ... Halle und Y-Straße mit einem Buchwert in Höhe von ... DM sowie andere Anlagen mit einem Buchwert von ... DM enthalten. Im Jahr 1989 wurde die Firma in "A & Sohn Inh. B" geändert. In den Folgejahren erzielte das Unternehmen gemäß den Jahresabschlüssen fast ausschließlich Umsatzerlöse nur aus der Vermietung/Verpachtung der ... Halle und der Wohnungen Y-Straße.
Mit notariellem Kaufvertrag vom ... 2004 verkaufte der Kläger das Grundstück X-Straße mit der aufstehenden ... Halle. Die Übergabe (Übergang von Nutzungen und Lasten) erfolgte gemäß Kaufvertrag am ... 2005 geräumt und frei von Miet- und Pachtrechten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den notariellen Kaufvertrag (Urkundenrolle Nr. XXX des Notars C in Hamburg) verwiesen. Das auf die ... Halle bezogene Pachtverhältnis endete zum ... 2004. In den Jahren 2004 und 2005 betätigte sich der Kläger mit dem Unternehmen "A & Sohn" ausschließlich mit der Verwaltung, Nutzung bzw. Veräußerung des eigenen Grundbesitzes.
In ihrer am ... eingereichten Einkommensteuererklärung 2004 erklärten die Kläger nebst Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verschiedener Objekte Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer unter der Firma "A & Sohn". Der Beklagte erließ am ... einen Einkommensteuerbescheid für 2004 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, wobei er im Wesentlichen der Erklärung folgte.
Der Beklagte stellte mit Bescheid vom ... den vortragsfähigen Gewerbeverlust für den Kläger auf den 31.12.2004 in Höhe von ... € fest.
In ihrer am ... eingereichten Einkommensteuererklärung für 2005 erklärten die Kläger u. a. neben einem laufenden Verlust aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer unter der Firma "A & Sohn" in Höhe von -... € einen Veräußerungsgewinn bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... €. Der Kläger ermittelte diesen Veräußerungsgewinn aus der Differenz des Teils des Kaufpreises, der auf das Grundstück mit der ... Halle entfiel, zu dem Buchwert des Grundstücks. Der Beklagte erließ am ... einen erklärungsgemäßen Einkommensteuerbescheid 2005 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
In seiner Gewerbesteuererklärung für 2005 erklärte der Kläger Entgelte für Dauerschulden in Höhe von insgesamt... õ und setzte des Weiteren eine erweiterte Kürzung für ein Grundstücksunternehmen im Sinne von § 9 Nr. 1 Sätze 2 und 3 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) in Hö...