Entscheidungsstichwort (Thema)
Verpflichtung zur Durchführung von Afa besteht unabhängig von einem tatsächlichen Wertverzehr
Leitsatz (amtlich)
Wenn die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG vorliegen, ist zwingend eine Afa durchzuführen. Das gilt unabhängig davon, ob tatsächlich ein Wertverzehr beim Wirtschaftsgut stattgefunden hat. Ein Wahlrecht des Steuerpflichtigen besteht insofern nicht.
Eine Teilwertzuschreibung nach Durchführung der Afa ist nicht zulässig, da hierdurch die zwingenden Afa-Regelungen umgangen würden.
Grundsätzlich ist jedes abnutzbare Wirtschaftsgut bis zu einem Erinnerungswert von 1 € abzuschreiben. Nur bei Wirtschaftsgütern mit einem erheblichen Schrottwert besteht die Ausnahme, dass nur bis zum Schrottwert abgeschrieben wird. Ein verkehrsüblicher Pkw hat keinen relevanten Schrottwert. Ein Anhaltewert, der sich insbesondere aus einem höheren Teilwert ergibt, ist nicht zulässig.
Das Nachholen der Afa in einem späteren Veranlagungsjahr ist dann nicht möglich, wenn der Steuerpflichtige in den Vorjahren bewusst die Afa unterlassen hat, um steuerliche Vorteile daraus zu ziehen. Das gleiche gilt, wenn er die Afa unterlassen hat, um steuerliche Nachteile zu vermeiden, die sich z.B. aus der Anwendbarkeit der 1%-Regelung ergeben.
Bei einem Steuerpflichtigen, der seinen Gewinn gem. § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, gelten die o.a. Grundsätze entsprechend. Dies ergibt sich insbesondere aus § 4 Abs. 3 Satz 3 EStG.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 2-3, § 7 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, welchen Buchwert ein Pkw im Streitjahr gehabt hat. Insbesondere stellt sich die Frage, ob die Klägerin verpflichtet gewesen ist, die Afa in den Vorjahren bis zu einem Erinnerungswert vorzunehmen, und ob die Möglichkeit besteht, in den Vorjahren nicht vorgenommene Afa im Streitjahr nachzuholen.
Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG. Am 24.07.1991 wurde von der Klägerin ein Kfz für 60.987,20 DM angeschafft und dem Sozius Dr. L zur Verfügung gestellt. Für 1991 wurden anteilig Abschreibungen in Höhe von 7.623,20 DM, in 1992 und 1993 jeweils eine Afa in Höhe von 15.246,00 DM und in 1994 eine Afa in Höhe von 12.872,00 DM vorgenommen, so dass ein Restwert in Höhe von 10.000 DM verblieb. In den Jahren 1995 bis 1998 wurde keine Afa geltend gemacht. Die Nutzungswertentnahme von Dr. L wurde nicht nach den pauschalen Wertansätzen (1%-Regelung) ermittelt, sondern durch die tatsächlich durch den Pkw entstandenen Aufwendungen bestimmt. 1999 wurde das Fahrzeug entnommen. Als Entnahmewert wurden 10.000 DM (Netto) angesetzt. Der Restbuchwert in Höhe von 10.000 DM wurde als Betriebsausgabe berücksichtigt und dementsprechend ein Entnahmegewinn von 0,00 DM erklärt.
Durch den Bescheid für 1999 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 29.05.2005 wurden Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von ... Mio. DM festgestellt. Der Bescheid erging gem. § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
In der Zeit vom 22.08.2001 bis zum 17.04.2002 wurde eine Betriebsprüfung durchgeführt. Die Betriebsprüferin gelangte insbesondere zu der Ansicht, dass der Pkw nur mit einem Erinnerungswert von 1,00 DM anzusetzen gewesen wäre und dementsprechend die Entnahme einen Entnahmegewinn von 10.000 DM bewirke, da die nicht vorgenommene Afa nicht nachgeholt werden könne.
Durch den Bescheid vom 02.07.2002 wurde der Bescheid für 1999 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 29.05.2005 geändert und Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von ... Mio. DM festgesetzt. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.
Hiergegen richtet sich der Einspruch vom 12.07.2002. Dabei monierte die Klägerin neben anderen nicht mehr streitigen Punkten die Nichtberücksichtigung eines Pkw-Restbuchwertes von 10.000 DM in 1999.
Der Bescheid für 1999 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 02.07.2002 wurde gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO durch den Bescheid vom 15.07.2002 geändert. Hierdurch wurden Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von ... Mio. DM festgesetzt.
Durch Einspruchsentscheidung vom 27.05.2005 wurde der Einspruch insbesondere bezüglich des Entnahmegewinnes des Pkws als unbegründet zurückgewiesen. Die Anschaffungskosten seien auf die Gesamtdauer der Verwendung zu verteilen. § 7 Abs. 1 EStG unterstelle einen gleichmäßigen Werteverzehr, unabhängig von der tatsächlichen Nutzung. Aus § 7 EStG ergebe sich die gesetzliche Pflicht zur Vornahme der Afa. Ein Wahlrecht ergebe sich nicht, auch aus dem Handelsrecht nicht. Der BFH habe in seinem Urteil vom 07.02.1975 entschieden, dass bei einem Pkw ... kein gegenüber den Anschaffungskosten erheblicher Schrottwert zu erwarten sei. Eine bewusst unterlassene Afa könne anders als eine versehentlich nicht vorgenommene Afa nicht nachgeholt werden.
Hiergegen richtet...