Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Zinsen und Aufwendungsersatz bei verspätet gewährter Ausfuhrerstattung
Leitsatz (amtlich)
1. Zinsansprüche und Ansprüche auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen auf der Grundlage eines Folgenbeseitigungsanspruchs wegen angeblich zu spät ausgezahlter Ausfuhrerstattung können vor dem Finanzgericht geltend gemacht werden.
2. Zinsen auf Ansprüche auf Vergünstigungen sind nur nach §§ 236, 238 und 239 AO verzinslich (§ 14 Abs. 2 MOG).
3. Es gibt keinen europarechtlichen Anspruch auf Verzinsung zu spät gezahlter staatlicher Leistungen; die Entscheidungen Irimie (C-565/11) und SC Rafinaria Steaua Româna SA (Rs. C-431/12) sind auf staatliche Leistungen nicht übertragbar.
4. Für Zinsverluste und vergebliche Aufwendungen besteht kein Anspruch auf Folgenbeseitigung, wenn sie durch eine zu spät gewährte Ausfuhrerstattung verursacht werden.
Normenkette
FGO § 33 Abs. 1 Nr. 4; MOG §§ 14, 34 Abs. 1 S. 1; AO §§ 236, 238-239
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Zinsen und Erstattung von Verfahrenskosten.
Der Rechtsstreit hat folgende Vorgeschichte: Mit Ausfuhranmeldung Nr. DE ... vom 19.11.1999 wurde beim Hauptzollamt (HZA) A, Zollamt B, gefrorenes Rindfleisch zur Ausfuhr nach Russland angemeldet. Im Feld 2 war als "Versender/Ausführer" die "C" aus D eingetragen. Inhaberin der Ausfuhrlizenz, auf der die ausgeführte Ware abgeschrieben wurde, war jedoch nicht dieses Unternehmen, sondern die Klägerin, die auch in Feld 14 als "Anmelder/Vertreter" eingetragen war. Die Ware wurde ordnungsgemäß ausgeführt.
Den Antrag auf Zahlung von Ausfuhrerstattung vom 29.12.1999 übersandte der Beklagte mit Schreiben vom 22.05.2000 der Klägerin zurück und verwies darauf, dass eine nachträgliche Änderung der Angaben im Feld 2 der Ausfuhranmeldung gemäß Art. 65 ZK nicht zulässig sei. Mit Schreiben vom 31.05.2000 vertrat die Klägerin gegenüber dem Beklagten die Auffassung, dass Art. 65 ZK Korrekturen bei offensichtlichen Schreib- oder Übertragungsfehlern nicht ausschließe.
Mit Bescheid vom 28.06.2000 lehnte der Beklagte die beantragte Ausfuhrerstattung ab, weil im Feld 2 als Ausführer nicht die Klägerin als Inhaberin der Ausfuhrlizenz eingetragen gewesen sei. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren verpflichtete das FG Hamburg mit Urteil vom 24.02.2004 (IV 137/01) den Beklagten zur Gewährung der Ausfuhrerstattung. Die Eintragung im Feld 2 der Ausfuhranmeldung könne gemäß Art. 65 ZK dahingehend ausgelegt werden, dass Ausführer die Klägerin und nicht die dort eingetragene Firma C sei. Der Bundesfinanzhof hob diese Entscheidung jedoch mit Urteil vom 12.12.2006 (VII R 6/05) auf und wies die Klage ab, weil die Eintragung im Feld 2 einer Auslegung nicht zugänglich sei.
Nachdem der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 12.07.2012 (verb. Rs. C-608/10, C-10/11 und C-23/11) entschieden hatte, dass die für die Zahlung der Ausfuhrerstattung zuständigen Behörden bei fehlerhaft ausgefüllten Ausfuhrdokumenten an eine von der Ausfuhrzollstelle vorgenommene, nachträgliche Berichtigung der Eintragungen gemäß Art. 78 ZK gebunden seien, beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 19.05.2014 beim HZA A eine Korrektur der Eintragung in Feld 2 der Ausfuhranmeldung vom 19.11.1999. Daraufhin änderte das HZA A mit Bescheid vom 16.06.2014 die Eintragung in Feld 2 der Ausfuhranmeldung dahingehend, dass dort nunmehr die Klägerin genannt ist.
Daraufhin nahm der Beklagte das Verfahren auf Auszahlung der Ausfuhrerstattung wieder auf und gewährte mit Bescheid vom 02.10.2014 die mit Schreiben vom 29.12.1999 beantragte Ausfuhrerstattung in Höhe von 19.245,94 €, die der Klägerin am 13.10.2014 gutgeschrieben wurde.
Mit Schreiben vom 16.10.2014 machte die Klägerin gegenüber dem Beklagten 24.533,25 € für die Durchführung des Ausfuhrerstattungsverfahrens geltend. Sie begehre Zinsen auf den Erstattungsbetrag ab Rechtshängigkeit der Klage vor dem FG Hamburg zum Aktenzeichen IV 137/01 bis zum Zeitpunkt der Auszahlung des Betrags am 13.10.2014. Insoweit berufe sie sich auf § 14 Abs. 2 MOG i. V. m. § 236 AO. Darüber hinaus habe sie einen Anspruch auf Erstattung der Kosten des finanzgerichtlichen Verfahrens IV 137/01 nebst der des Revisionsverfahrens in Höhe von insgesamt 9.040,27 €.
Mit Bescheid vom 03.12.2014 lehnte der Beklagte den Antrag auf Kostenerstattung ab. Kostenerstattung nebst Zinsen könnten nur aufgrund gesetzlicher Grundlage gewährt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs gebe es keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz auf Verzinsung rückständiger Staatsleistungen. Einen Kostenanspruch gemäß § 103 ff. ZPO habe die Klägerin nicht, weil das Urteil des FG Hamburg in der Sache IV 137/01 aufgehoben worden sei. Im Übrigen sei der Grund für die Auszahlung der Ausfuhrerstattung erst durch den Bescheid des HZA A vom 16.06.2014, mit dem die Ausfuhranmeldung berichtigt worden sei, geschaffen worden. Erst in diesem Zeitpunkt hätten die Erstattungsvoraussetzungen vorgelegen. Auch der Europäische Gerichtshof habe in seinem Urteil vom 12.07.2012 (Rn. 44) festgestellt, dass der ...