Entscheidungsstichwort (Thema)
Stromsteuerliche Behandlung des auf Tankstellen verbrauchten Stroms
Leitsatz (amtlich)
Verpachtet ein Mineralölunternehmen von ihm errichtete Tankstellen an einen Tankstellenbetreiber, der auf Provisionsbasis u. a. Mineralölprodukte veräußert, ist die Tankstelle als kleinste rechtlich selbstständige Einheit ein Unternehmen im Sinne von § 2 Nr. 4 StromStG. Seitens der Tankstelle entnommene Strommengen sind dann nicht als von dem Mineralölunternehmen als Unternehmen des produzierenden Gewerbes für betriebliche Zwecke im Sinne der Steuerbegünstigungsvorschriften § 9 Abs. 3 und § 10 Abs. 1 StromStG entnommen anzusehen.
Normenkette
StromStG § 9 Abs. 3, § 10 Abs. 1
Nachgehend
BFH (Urteil vom 02.11.2010; Aktenzeichen VII R 48/09) |
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen einen Stromsteuerbescheid.
Die Klägerin ist als operativ tätige Landesgesellschaft der A-Gruppe u. a. im Mineralölgeschäft tätig. Sie vertreibt ihre Produkte, insbesondere Betriebsstoffe für den Kraftfahrzeugverkehr, über ein Netz von Tankstellen, die entweder auf in ihrem Eigentum stehenden oder auf von ihr angemieteten Grundstücken errichtet wurden und den Tankstellenbetreibern aufgrund eines standardisierten Tankstellenpachtvertrags überlassen werden. In diesen Tankstellenpachtverträgen ist die B AG als Verpächterin bezeichnet. Die Klägerin ist und bleibt bis zum Verkauf an den Kunden Eigentümerin der über die Tankstellen vertriebenen Kraft- und Schmierstoffe. Hergestellt werden diese Waren durch die Klägerin aus eigenen Rohstoffen in ihren eigenen Raffinerien sowie in Raffinerien, die als Lohnfertiger für sie arbeiten. Hinsichtlich der ihr gehörenden sowie der von ihr angemieteten Tankstellen hat sie mit Energieversorgern Stromlieferungsverträge geschlossen. Die Rechnungen der Energieversorger werden ausschließlich auf sie ausgestellt und ausschließlich von ihr beglichen.
Seit Ende .... werden die Tankstellen der Klägerin sämtlich unter der Marke B betrieben. Hintergrund dessen ist, dass die ursprüngliche B AG im Jahr .... von der C AG übernommen und in die B KG umgewandelt wurde. Am ..... übernahm die Klägerin die C AG und damit auch die B KG, die im Wege der Anwachsung unterging. Im Verlauf gründete die Klägerin die B AG zu dem Zweck neu, die eingeführte und erfolgreiche Marke B im Tankstellenbetrieb zu nutzen. Nach Darstellung der Klägerin ist die B AG ein Unternehmen (Brand-Company), dem weder Rechte oder Pflichten noch Anlage- oder Betriebsvermögen zugeordnet sind und das keine Mitarbeiter beschäftigt. In einer Vereinbarung zwischen der Klägerin und der B AG vom ..... heißt es, das unter der Firma B AG geführte Geschäft bleibe wirtschaftlich, steuerlich und bilanziell ein Geschäft der Klägerin. In § 1 Nr. 1 der Vereinbarung heißt es weiter, die B AG trete nach Weisung der Klägerin im Kraftstoff- und Schmierstoffgeschäft im eigenen Namen, aber allein und ausschließlich für Rechnung der Klägerin auf. Nach § 1 Abs. 3 der Vereinbarung wird die B AG im Außenverhältnis als verdeckter Treuhänder für die Klägerin tätig, im Innenverhältnis sei sie wirtschaftlich aus dem Vertragsverhältnis weder berechtigt noch verpflichtet. § 5 der Vereinbarung regelt schließlich, dass die Klägerin der B AG unentgeltlich alle für die Vertragsdurchführung notwendigen Waren und Dienstleistungen zur Verfügung stellt, wobei die Waren im Eigentum der Klägerin bleiben. Im Außenverhältnis dürfe sich die B AG als Eigentümerin der Waren gerieren, so dass die Geschäfte aus Sicht eines Dritten eigene Geschäfte seien, im Innenverhältnis handele es sich jedoch wirtschaftlich um ein Geschäft der Klägerin.
Die B AG schließt mit den Tankstellenbetreibern jeweils einen "B Tankstellen- und B-Store-Konzeptvertrag". Dieser Vertrag wird als Pachtvertrag bezeichnet. Die Gebrauchsüberlassung erfolgt zum Vertrieb von B Produkten und sonstigen Agenturwaren (Agenturgeschäft), zum Betrieb eines Einzelhandels- und Gastronomiegeschäfts unter Nutzung des B-Storekonzepts, zum Betrieb einer Waschanlage / von SB-Waschboxen und zur Erbringung von sonstigen tankstellenspezifischen Dienstleistungen (Eigengeschäft). B kann den Pachtgegenstand innerhalb der Geschäftszeiten jederzeit durch Beauftragte betreten und prüfen lassen, in dringenden Fällen auch außerhalb der Geschäftszeiten. Nach Ziffer 7.1 des Vertrages trägt B die für das Agenturgeschäft erforderlichen Kosten für aus Strom erzeugte Energien. Unter Ziffer 9. heißt es, dass der Pächter im Namen von B und nach deren Vorgabe als selbstständiger Handelsvertreter B-Kraftstoffe und sonstige von B vertriebene Produkte an Endverkäufer verkauft. Die Agenturwaren werden von B unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Mit Ausnahme der Agentur- und Kommissionswaren legt der Pächter die Endverkaufspreise im Rahmen des B-Storekonzepts selbst fest. Das Einzelhandelsgeschäft betreibt der Pächter im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Die erforderlichen Regale, Kühlgeräte etc. stellt B zur Verfügung. Nach Ziffer 17.2 betreibt der Päch...