Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH VII B 197/12)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifierung von Etidronsäure
Leitsatz (amtlich)
Bei Etidronsäure, die als wässrige Lösung mit einem Wasseranteil von 40 % eingeführt wird, handelt es sich um eine reine Substanz im Sinne des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 17.02.2011 (C-11/10), so dass nach Teil I Titel II lit. C Nr. 1. 1), Abschnitt II, Anhang 3 VO Nr. 1006/2011 der Zusatzcode 2500 für zollfrei einzuführende Waren zu vergeben ist.
Normenkette
EUVO-1006/2011
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über eine Zollbefreiung.
Die Klägerin führt die Ware Hydroxyethandiphosphonsäure (auch bezeichnet als Etidronsäure, HEDP) aus ... ein. Bestandteile der Ware sind neben Etidronsäure noch Wasser (max. 40%), Essigsäure (max. 1%), Phosphorsäure (phosphorige Säure, max. 2%), Spuren von Eisen-Ionen (im Regelfall 0,0005%, max. 0,0025%) und Salzsäure (berechnet als Chlorid, max. 0,02%). Es handelt sich, wie die Klägerin in der Klagebegründung ausführt, bei der importierten Ware um eine wässrige Lösung, die 60% Etidronsäure enthält (daher auch bezeichnet als HEDP-60). Die Herstellung erfolgt in zwei Schritten. Zunächst reagieren die flüssigen Ausgangsprodukte Phosphortrichlorid und Essigsäure bei hohen Temperaturen zu Polykondensaten, einer glasartig anfallenden Masse, die hoch konzentrierte Salzsäure enthält. In einem zweiten Reaktionsschritt wird diese Masse bei Temperaturen um 80° C mit Wasser umgesetzt, wodurch die gewünschte Etidronsäure gebildet wird. Wasser wird im Überschuss eingesetzt, um einerseits Zwischenprodukte vollständig in Etidronsäure umzuwandeln und andererseits um die entstandene Salzsäure durch Destillation aus dem Produkt zu entfernen. Die Etidronsäure ist unter der CAS RN 2809-21-4 im Anhang 3 der Kombinierten Nomenklatur, in der pharmazeutische Stoffe, für die Zollfreiheit gilt, benannt sind, aufgelistet.
Am 23.03.2012 erteilte der Beklagte der Klägerin eine verbindliche Zolltarifauskunft, mit der die Etidronsäure antragsgemäß in die Warennummer 2931 9090 eingereiht wurde. Weiter wurde der Zusatzcode 2501 vergeben, der für "alle übrigen Waren" gilt, die nicht als pharmazeutische Stoffe der Tabellen 1 bis 4 (zollfrei) einzuführen sind.
Mit ihrer am ... 2012 bei Gericht eingegangenen (Sprung-)Klage wendet sich die Klägerin lediglich gegen die Vergabe des Zusatzcodes 2501. Sie meint, es müsse der Zusatzcode 2500 für zollfrei einzuführende pharmazeutische Stoffe vergeben werden. Die Ware werde mit der CAS RN 2809-21-4 unter der Bezeichnung "Etidronisäure" genannt und sei somit vom Zoll befreit. Dass die Etidronsäure tatsächlich nur 60 % der Gesamtsubstanz ausmache, sei unerheblich, weil dies der Stoff sei, der der Ware ihren wesentlichen Charakter verleihe. Pharmazeutische Substanzen müssten zwar grundsätzlich in reiner Form vorliegen, um in den Genuss der Zollfreiheit zu kommen, jedoch seien Verunreinigungen unerheblich, die nach dem eigentlichen Herstellungsprozess in der Grundsubstanz als herstellungsbedingte Rückstände vorhanden seien. Nur Substanzen, die der Grundsubstanz nachträglich hinzugefügt würden, führten dazu, dass die pharmazeutische Substanz nicht mehr in Reinform vorliege. Bei dem Wasseranteil in der streitgegenständlichen Ware handele es sich um eine Verunreinigung aus Rückständen. Nur mit Hilfe des zugeführten Wassers könnten die wertvollen, im ersten Reaktionsschritt erzeugten Polykondensatzwischenprodukte vollständig in die gewünschte Grundsubstanz "Etidronsäure" umgesetzt werden. Erst durch diesen Reaktionsschritt entstehe "Etidronsäure". Zwar könne der Wasseranteil durch Destillation, Ausfällung und Trocknung reduziert werden, allerdings besitze auch die kristalline Etidronsäure in festem Zustand aufgrund ihres hygroskopischen Verhaltens immer noch einen erheblichen Wassergehalt. Wasser sei damit Teil der Grundsubstanz "Etidronsäure". Würde man den Wassergehalt nicht als Verunreinigung aus Rückständen im Sinne der Definition des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteil vom 17.02.2011, C-11/10) einstufen, gäbe es überhaupt keine Etidronsäure in reiner Form - dann liefe der Anhang 3 der Kombinierten Nomenklatur leer. Aus der genannten Entscheidung ergebe sich nicht, dass als Verunreinigungen aus Rückständen nur marginale oder geringe Mengen im Sinne einer Restfeuchte zulässig seien. Außerdem würden sich die chemischen und physiologischen Eigenschaften der Etidronsäure durch die Menge des Wassers nicht verändern, die chemische Struktur bleibe unabhängig vom Wasseranteil gleich. Aus Rn. 1 d) der Anmerkungen zu Kapitel 29 ergebe sich zudem, dass wässrige Lösungen wie das entsprechende chemische Erzeugnis selbst einzureihen seien. Daher sei HEDP-60 wie Etidronsäure einzureihen.
Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verpflichten, die verbindliche Zolltarifauskunft vom 23.03.2012 (DE .../...-1) dahin abzuändern, dass die von ihr eingeführte Ware 1,1-Hydroxy-1...