Entscheidungsstichwort (Thema)
Erlass eine negativen Feststellungsbescheids als Ergänzungsbescheid
Leitsatz (redaktionell)
Negativer Feststellungsbescheid als Ergänzungsbescheid i.S.v. § 179 Abs. 3 AO.
Zur Auslegung des Begriffs "von geringer Bedeutung" § 180 Abs. 3 Nr. 2 AO.
Zur Aktivlegitimation eines Testamentsvollstreckers.
Normenkette
AO § 179 Abs. 3, § 180 Abs. 3 Nr. 2
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte berechtigt war, für den Veranlagungszeitraum 1976 einen negativen Feststellungsbescheid an die inzwischen verstorbene Klägerin des vorliegenden Verfahrens Frau W... in Bezug auf eine (nicht bestehende) Beteiligung an der W... KG (KG) zu erlassen.
Die Kläger zu 1) bis 3) sind Kinder und Erben der während des Klageverfahrens verstorbenen Frau W... (W); der Kläger zu 3) ist gleichzeitig Testamentsvollstrecker.
Gesellschafter der (bis dahin als OHG bestehenden) KG waren bis 31.5.1973 W und die Beigeladene, die V... GmbH (V). Ab 1.6.1973 war V persönlich haftende Gesellschafterin der KG, W schied aus, an ihrer Stelle wurden die Kläger 1-3 Kommanditisten.
Die beim Beklagten geführte KG reichte für das Streitjahr eine unter dem 15.4.1982 vom Kläger zu 3) unterzeichnete Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte beim Beklagten ein, nach der der erklärte Verlust von ca. 433 TDM auf V und die Kläger zu 1) bis 3) zu verteilen war. Der Beklagte erließ am 18.1.1983 erklärungsgemäß einen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Gewinnfeststellungsbescheid.
Nach einer vom November 1984 bis März 1989 durchgeführten Betriebsprüfung erließ der Beklagte am 15.6.1989 einen geänderten Feststellungsbescheid für das Streitjahr, stellte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit ca. 332 TDM fest, verteilte ihn ebenfalls auf V und die Kläger zu 1) bis 3) und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf.
Bereits unter dem 29.3.1989 hatte der Beklagte an das für die Besteuerung der W zuständige Finanzamt F eine Kontrollmitteilung des Inhalts gesandt, dass W von den Gesellschaftern der KG in den Jahren 1976-1985 Zahlungen erhalten habe, die als private Versorgungsrente in der Form einer dauernden Last gemäß § 22 Ziffer 1 EStG voll zu versteuern seien. Für 1976 ist ein Betrag von 382.831,00 DM angegeben. In einem daran anschließenden Schriftwechsel zwischen dem Beklagten und dem Finanzamt F wies der Beklagte (Betriebsprüfungsstelle) in einem Schreiben vom 19.10.1989 u. a. darauf hin, dass W nicht Gesellschafterin der KG sei und die Mitteilung über die ihr zuzurechnenden Einkünfte deshalb nicht als sog. ESt 4 B-Mitteilung, sondern als Kontrollmitteilung anzusehen sei.
Im Anschluss an eine die Jahre 1983 bis 1987 betreffende Betriebsprüfung bei der KG schlossen die KG und der Beklagte eine als "Tatsächliche Verständigung" bezeichnete, vom 19.2/19.3.1992 datierte Vereinbarung, dass wegen der vom Kläger zu 3) als Bevollmächtigtem der W - der Kläger zu 3) ist aufgrund einer notariellen Vollmacht vom 16.3.1960 ihr Generalbevollmächtigter gewesen - in der KG ausgeübten Tätigkeit W als Mitunternehmerin der KG gelten solle. Zu dieser "tatsächlichen Verständigung" ist es gekommen, weil dem Beklagten erstmals Stimmrechtsvollmachten der Kläger zu 1) bis 3) und der V aus dem Jahr 1973 vorgelegt wurden, mit denen W für den Fall der Übertragung ihrer Beteiligung an der KG auf ihre Kinder unwiderruflich und uneingeschränkt Stimmrechtsvollmacht erteilt wurde.
Nach bei den Beiakten befindlichen Kopien von Bl. 1 und 2 der 1977 eingereichten Einkommensteuererklärung der W für 1976 (Sonderakte neg. F-Bescheid vorgeheftet 1. und 2. Blatt) sind unter der Rubrik "Einkünfte aus Gewerbebetrieb" erklärt:
"Gewinn als Mitunternehmer der Firma W... KG Hamburg, Finanzamt Hamburg-... St.-Nr. ...: von Amts wegen zu berücksichtigen".
Durch die steuerliche Erfassung der in der oben erwähnten Kontrollmitteilung des Beklagten an das FA F ausgewiesenen Beträge (private Versorgungsrente als sonstige Einkünfte) soll es zur Festsetzung erheblicher Mehrsteuern gekommen sein, weil das FA F in den Veranlagungen u. a. für das Streitjahr 1976 die Gewinnanteile aus der KG im Schätzungswege mit 50.000 DM angesetzt hatte. Ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren wurde wegen Strafverfolgungsverjährung nicht eingeleitet. Gegen die ESt-Änderungsbescheide des FA F - auch für das Streitjahr 1976 - legte W Einspruch ein.
Während des Einspruchsverfahrens regte der Vorsteher des FA F in einem Schreiben vom 2.11.1993 an den Vorsteher des Beklagten an, einen negativen Feststellungsbescheid hinsichtlich einer Beteiligung der W an der KG rechtzeitig vor dem prognostizierten Feststellungs-Verjährungseintritt am 31.12.1993 zu erlassen. Daraufhin erließ der Beklagte am 30.11.1993 den im vorliegenden Verfahren streitigen negativen Feststellungsbescheid. Darin wurde u. a. für das Streitjahr unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den Feststellungsänderungsbescheid vom 19.6.1989 festgestellt, dass eine Verteilung von Besteuerungsgrundlagen auf W nicht erfolg...