Entscheidungsstichwort (Thema)
Marktordnungsrecht: Übereinstimmung der Milchabgabenregelungen mit Unions- und Verfassungsrecht
Leitsatz (amtlich)
Die im Milchwirtschaftjahr 2007/2008 in Bezug auf die Erhebung der Abgabe geltenden Bestimmungen der VO Nr. 1788/2003 sowie der Milchabgabenverordnung (MilchAbgV) verstoßen weder gegen Unionsrecht noch gegen nationales Verfassungsrecht.
Normenkette
GG Art. 80 Abs. 1 Sätze 2-3; MilchAbgV § 39
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger wehrt sich gegen die Erhebung von Milchgarantiemengenabgaben.
Zum Ende des Milchwirtschaftsjahres 2007/2008 verfügte der Kläger über eine Anlieferungs-Referenzmenge in Höhe von ... kg mit einem Referenzfettgehalt von ... %. Er lieferte im Milchwirtschaftsjahr 2007/2008 an die Meiereigenossenschaft A ... kg Milch mit einem durchschnittlichen Fettgehalt von ... %. Unter Berücksichtigung einer Korrektur wegen des Schaltjahres und des Fettgehalts errechnete sich eine Überlieferung von ... kg bzw. ... kg. Infolge einer Saldierung auf Molkerei- und auf Bundesebene reduzierte sich die für die Abgabenerhebung maßgebliche Milchmenge auf ... kg.
Ausgehend von einem Abgabensatz von 27,83 €/100 kg errechnete die Molkerei für das Milchwirtschaftsjahr 2007/2008 eine Abgabe in Höhe von 37.466,97 €, die sie am 07.07.2008 beim Beklagten anmeldete.
Am 30.07.2008 legte der Kläger gegen die Abgabenanmeldung Einspruch ein. Er meint, die Abgabenerhebung sei unverhältnismäßig. Vor Inkrafttreten der VO Nr. 1788/2003 sei mit der Zusatzabgabenregelung ein Vorteil für die Milcherzeuger einhergegangen, weil ein Richtpreis festgesetzt gewesen sei. Da dieser Richtpreis mit Einführung der VO Nr. 1788/2003 entfallen sei, eine Intervention der EU erst ab einem Rohstoffwert von ca. 0,20 bis 0,22 €/kg greife und daher praktisch nicht stattfinde und zudem die Aufwendungen für den Absatz von Überschüssen bedeutend reduziert worden seien, sei die Rechtfertigung für die Abgabenerhebung entfallen. Insofern greife auch die zur Verhältnismäßigkeit der Vorgängerverordnung ergangene Rechtsprechung nicht mehr. Die Gründe für die Einführung der Milchquotenregelung hätten im Milchwirtschaftsjahr 2007/2008 nicht mehr bestanden; statt einer Überproduktion habe es teilweise sogar Lieferengpässe gegeben. Tatsächlich liege die Quote um annähernd 10 % über dem tatsächlichen Binnenverbrauch, so dass die Quotenregelung zum Abbau von Überschüssen ungeeignet sei. Die Unverhältnismäßigkeit der Regelung ergebe sich auch daraus, dass das Quotensystem und die für den Fall der Überlieferung drohende Abgabe verhinderten, dass die Erzeuger auf veränderte Umstände am Markt reagieren könnten. Zudem bestünden vor dem Hintergrund des Bestimmtheitserfordernisses aus Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG erhebliche Zweifel an der hinreichenden Bestimmtheit des § 12 Abs. 2 S. 1 i. V. m. § 1 Abs. 2 MOG als Ermächtigung für den Erlass der MilchAbgV. Schließlich bestünden Zweifel hinsichtlich der gebotenen zweckgerechten Verwendung des Abgabenaufkommens.
Mit Einspruchsentscheidung vom 23.06.2009 wies der Beklagte den Einspruch zurück. Die Milchquotenregelung habe ihre historische Rechtfertigung in der Notwendigkeit, das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage auszugleichen ("Butterberg", "Milchsee"). Gem. VO Nr. 1787/2003 seien die Interventionspreise schrittweise gekürzt worden und es sei eine Höchstmenge für Interventionskäufe festgesetzt worden. Zum Ausgleich für den zu erwartenden Preisverfall werde den Erzeugern mit der Milchprämie eine direkte Unterstützung gewährt. Der Richtpreis, der sich aus den Interventionspreisen für Butter und Magermilchpulver errechnet habe, sei entbehrlich geworden, da die Interventionen für beide Erzeugnisse nur noch für eine Höchstmenge und für einen begrenzten Zeitraum des Jahres durchgeführt würden. Die Stützungsmechanismen hätten sich dergestalt geändert, dass statt hoher Interventionspreise eine direkte Beihilfe in Form der Milchprämie gewährt werde, es bleibe aber, wie sich aus dem 22. Erwägungsgrund der VO Nr. 1788/2003 ergebe, bei dem Ziel der Regulierung und Stabilisierung des Milchmarktes, insoweit seien mindestens die in Art. 33 Abs. 1 lit. c), d) und e) EGV aufgeführten Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik erfasst. Insoweit liege kein Systembruch vor. Die VO Nr. 1788/2003 verfolge das Ziel, das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage bei Milch und Milcherzeugnissen sowie die daraus resultierenden strukturellen Überschüsse zu verringern. Die Abgabe würde seit Erlass der Verordnungen Nr. 856 und Nr. 857/84 erhoben. Der Kläger könne auch nicht damit gehört werden, dass das Abgabenaufkommen nicht zweckentsprechend verwandt werde. Aus dem 22. Erwägungsgrund der VO Nr. 1788/2003 ergebe sich, dass die Abgabe vorrangig der Regulierung des Milchmarktes diene. Es sei auch nicht so, dass die Abgabe im Jahr der Erhebung zweckentsprechend verwendet werden müsse.
Mit seiner am 24.07.2009 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt der Kläger s...