Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH X B 86/19)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Schätzung von Besteuerungsgrundlagen bei einem Gebrauchtwagenhändler - Überzeugungsgrad - Heranziehung von Kraftfahrzeug- und Fahrtenverzeichnisbüchern
Leitsatz (amtlich)
1. Im Rahmen der Schätzung können Tatsachenfeststellungen auch mit einem geringeren Grad an Überzeugung getroffen werden, als dies in der Regel geboten ist. Dazu können die Kraftfahrzeug- und Fahrtenverzeichnisbücher (rote Kennzeichen) herangezogen werden.
2. Die Feststellungen im Strafverfahren binden das Gericht vorliegend nicht, weil das Besteuerungsverfahren grundsätzlich unabhängig vom Strafverfahren ist.
Normenkette
FGO § 96; AO § 162
Tatbestand
Streitig ist die Schätzung von Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 2011-2015 bei einem Gebrauchtwagenhändler.
Der Kläger betrieb seit dem Jahr 2004 einen Gebrauchtwagenhandel (XXX) an der X-Straße in Hamburg als Einzelunternehmer. Er ermittelte seinen Gewinn mittels Einnahme-Überschussrechnung.
Mit Datum vom 16. Februar 2016 ordnete der Beklagte eine Umsatzsteuersonderprüfung für das zweite und dritte Quartal 2015 sowie eine Außenprüfung hinsichtlich der Einkommensteuer, der gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf den 31. Dezember, der Gewerbesteuer, der gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember sowie die Umsatzsteuer für die Jahre 2011-2013 an.
Während der Belegprüfung im März 2016 stellte der Prüfer fest, dass in den Buchführungsunterlagen diverse Hinweise auf nicht erklärte PKW Verkäufe enthalten waren. Es wurde ein Steuerstrafverfahren eingeleitet und mit Bescheid vom 10. Januar 2017 wurde die Außenprüfung hinsichtlich der Einkommensteuer, der gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf den 31. Dezember, der Gewerbesteuer, der gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember und der Umsatzsteuer auf die Jahre 2014-2015 erweitert.
Im Rahmen des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens räumte der Kläger ein, dass Einnahmen unvollständig erklärt worden seien. Er schätzte die verschwiegenen Einnahmen auf rund ... € pro Monat für den Zeitraum 2011 bis zum zweiten Quartal 2015. Das Steuerstrafverfahren wurde gemäß § 153a der Strafprozessordnung gegen Zahlung eines Geldbetrages i. H. v. ... € eingestellt.
In seinem Prüfungsvermerk vom 26. Juni 2017 kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass formelle und sachliche Mängel der Buchführung vorlägen. Laut diversen Belegen und den beiden Kraftfahrzeug- und Fahrtenverzeichnisbüchern ("rote Nummernbüchern") werde auf Fahrzeugidentifikationsnummern Bezug genommen, die nicht in der Liste der verkauften Fahrzeuge enthalten seien. Im Strafverfahren habe der Kläger eingeräumt, dass Einnahmen unvollständig erklärt worden seien und habe diese auf ... € pro Monat geschätzt. Zugleich seien damit die Umsätze formell nicht vollständig aufgezeichnet. Auch lägen keine ordnungsgemäßen Rechnungen für Ausgangsumsätze gemäß § 14 Abs. 4 Nr. 4 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) vor.
Wegen der erheblichen formellen und sachlichen Mängel der Buchführung seien die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen. Hier erscheine es zweckmäßig, die Schätzung anhand der Anzahl der nicht erklärten Fahrzeugverkäufe und anhand eines durchschnittlichen Veräußerungsgewinns zu bemessen. Da davon ausgegangen werde, dass alle nicht erklärten Fahrzeugverkäufe der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG unterlägen, sei der Ansatz eines Veräußerungsgewinns auch für umsatzsteuerliche Zwecke ausreichend. Die Ermittlung der Schätzungsgrundlagen beziehe sich auf die Jahre 2011-2013. Für die Jahre 2014-2015 werde das Schätzungsergebnis entsprechend anteilig anhand der Jahre 2011-2013 berechnet.
Laut Buchhaltung seien in den Jahren 2011-2013 41 Fahrzeugidentifikationsnummern und zusätzlich laut zwei roten Nummernbüchern 81 Fahrzeugidentifikationsnummern ermittelt worden. Es erfolge ein Sicherheitsabschlag von 50 % auf die Anzahl der Fahrzeuge in den roten Büchern. Pro Jahr und Buch werde jeweils aufgerundet. Damit ergäben sich für das Jahr 2011 insgesamt 31 zusätzliche Fahrzeugverkäufe, für das Jahr 2012 insgesamt 23 zusätzliche Fahrzeugverkäufe und für das Jahr 2013 insgesamt 29 zusätzliche Fahrzeugverkäufe. Die Höhe des Gewinns pro nicht erklärtem Fahrzeugverkauf ergebe sich aus dem Bericht über Steuerstraftaten und betrage demnach ... €. Ein Abschlag für die mit dem Verkauf der Fahrzeuge zusammenhängenden Kosten erfolge nicht, da anzunehmen sei, dass diese bereits in der Buchführung als Betriebsausgaben gebucht worden seien. Es seien pro Jahr etwa 100-150 Fahrzeugverkäufe erklärt worden. Die Anzahl der ermittelten zusätzlichen Verkäufe erscheine angemessen. Es ergebe sich ein durchschnittlicher Mehrgewinn von ... € für die Jahre 2011-2013. Dies bedeute einen Mehrgewinn von ... € jeweils in 2014 und 2015.
Im Bericht über die Außenprüfung vom 26. Juni 2017 ermittelte der Betriebsprüfer für das Jahr 2011 einen Mehrgewinn von ... €, für d...