Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH VII B 36/20)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruf der Bestellung zum Steuerberater: Widerlegung der Vermutung des Vermögensverfalls bei vorgezogener Ankündigung der Restschuldbefreiung
Leitsatz (amtlich)
Die vorgezogene Ankündigung der Restschuldbefreiung gemäߧ 287a InsO kann allenfalls nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens die Vermutung des Vermögensverfalls eines Steuerberaters (§ 46 Abs. 2 Nr 4 StBerG) widerlegen.
Normenkette
StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4, § 57 Abs. 1; InsO §§ 287a, 291
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Widerrufs der Bestellung zum Steuerberater.
Der Kläger absolvierte 1992 sein Steuerberaterexamen und wurde im ... 1993 von der Beklagten zum Steuerberater bestellt. Durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom ... 2018 (...) wurde er der Steuerhinterziehung in 13 Fällen sowie der versuchten Steuerhinterziehung in zwei weiteren Fällen für schuldig gesprochen (§ 370 Abs. 1 und 2 der Abgabenordnung - AO -) und zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Jahren verurteilt, deren Vollstreckung auf vier Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Grundlage des Urteils ist, dass der Kläger seine Einkommensteuererklärungen 2006 bis 2013 sowie seine Umsatzsteuerjahreserklärungen 2007 bis 2013 nicht fristgemäß abgeben hatte und dadurch Steuern in Höhe von mehreren ... € verkürzt und zu verkürzen versucht hat.
Durch Urteil des Landgerichts Hamburg vom ... 2018 (...) wurde gegenüber dem Kläger in einem berufsgerichtlichen Verfahren ein Verweis erteilt und eine Geldbuße in Höhe von ... € verhängt. Die Verurteilung erfolgte wegen der Verletzung der Berufspflichten des Klägers aus § 57 Abs. 1 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG). Der Kläger habe in eigener Sache - ausgehend von den Feststellungen des Amtsgerichts Hamburg im Urteil vom ... 2018 (...) in 15 Fällen vorsätzlich gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO Umsatzsteuer der Jahre 2007 bis 2013 und Einkommensteuer der Jahre 2006 bis 2013 in Höhe von insgesamt ... € hinterzogen und in Höhe von weiteren ... € zu hinterziehen versucht.
Auf die Berufung der Generalstaatsanwaltschaft hat das Hanseatische Oberlandesgericht mit Urteil vom ... 2019 (...) das Urteil des Landgerichts Hamburg vom ... 2018 (...) im Rechtsfolgenausspruch dahingehend abgeändert, dass gegen den Kläger ein Berufsverbot für die Dauer von zwei Jahren verhängt wurde. Die Revision wurde nicht zugelassen. Das Urteil ist derzeit wegen der Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht rechtskräftig (§ 129 Abs. 3 und 4 StBerG).
Das Finanzamt Hamburg-1 übersandte der Beklagten mit Schreiben vom ... 2019 eine Rückstandsaufstellung zu diesem Datum für den Kläger und seine Ehefrau. Daraus ergaben sich Abgabenschulden in Form von nicht entrichteter Lohnsteuer, Kirchenlohnsteuer, Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer, Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag zur Einkommensteuer, Umsatzsteuer, Nebenleistungen und Vollstreckungskosten in Höhe von insgesamt ... €. Das Finanzamt teilte ferner mit, dass das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg mit Bußgeldbescheid vom ... 2018 gegenüber dem Kläger eine Gesamtgeldbuße in Höhe von ... € wegen Schädigung des Lohnsteueraufkommens nach § 380 AO festgesetzt hat.
Die Beklagte hörte den Kläger daraufhin mit Schreiben vom ... 2019 zum drohenden Widerruf der Bestellung zum Steuerberater wegen Vermögensverfalls an.
Auf Antrag des Finanzamtes Hamburg-1 und auf Eigenantrag des Klägers wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom ... 2019 (...) wegen Zahlungsunfähigkeit am ... 2019 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet und Rechtsanwalt Dr. A zum Insolvenzverwalter ernannt. In dem Beschluss wird zugleich bestimmt, dass der Kläger Restschuldbefreiung erlangt, wenn er in der Laufzeit seiner Abtretungserklärung den Obliegenheiten nach § 295 der Insolvenzordnung (InsO) nachkommt und die Voraussetzungen für eine Versagung nach den §§ 290, 297 bis 298 InsO nicht vorliegen. Der Insolvenzverwalter hat dem Insolvenzgericht am ... 2019 gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 InsO angezeigt, dass der Kläger eine selbständige Tätigkeit als Steuerberater ausübe und gegenüber dem Kläger erklärt, dass das Vermögen aus seiner selbständigen Tätigkeit nicht zur Insolvenzmasse gehöre und Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren nicht geltend gemacht werden könnten (§ 35 Abs. 2 Satz 1 InsO). Das Insolvenzverfahren ist noch nicht beendet.
Mit Bescheid vom ... 2019, zugestellt am ... 2019, widerrief die Beklagte die Bestellung des Klägers als Steuerberater gemäߧ 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG . Nach dieser Vorschrift sei die Bestellung als Steuerberater zwingend zu widerrufen, wenn der Steuerberater in Vermögensverfall geraten sei, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Auftraggeber nicht gefährdet seien. Ein Vermögensverfall werde nach dieser Vorschrift vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Steuerberaters eröffnet worden sei. Dies sei am ... 2019 erfolgt. D...