Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld: Keine Beratungspflicht nach § 89 AO außerhalb laufender Verwaltungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Dem Kindergeldanspruch für Zeiträume vor Juli 1997 steht bei Antragstellung nach dem 31.11.1997 die Regelung des § 66 Abs. 3 in Verbindung mit § 52 Abs. 62 EStG entgegen. Es besteht keine Beratungspflicht nach § 89 AO, wenn kein laufendes Verwaltungsverfahren betrieben wird.
Normenkette
EStG §§ 32, 52 Abs. 62, §§ 62-63, 66 Abs. 3; AO § 89
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Festsetzung von Kindergeld.
Die Klägerin, eine bosnische Staatsangehörige, macht insgesamt einen Anspruch auf Kindergeld für die Zeit seit Oktober 1992 geltend. Im vorliegenden Verfahren ist noch die Festsetzung und Zahlung von Kindergeld für den Zeitraum Januar 1996 bis Juni 1997 streitig.
Erstmals hatte die Klägerin am 23.03.1993 die Festsetzung von Kindergeld beantragt (Bl. 1 Kindergeldakte). Dieser Antrag wurde durch Bescheid vom 01.11.1993 abgewiesen, weil der Klägerin der ausländerrechtliche Status fehlte, der nach der damals vertretenen Rechtsansicht gefordert wurde. Der Bescheid, für dessen Inhalt im Einzelnen auf Blatt 27 der Kindergeldakte Bezug genommen wird, wurde bestandskräftig.
Für die Zeit seit Juli 1997 gewährte die Beklagte der Klägerin bzw. ihrem Ehemann fortlaufend Kindergeld für die gemeinsamen Kinder A, B und C, da gemäß geänderter höchstrichterlicher Rechtsprechung bei ausländerrechtlicher Duldung dann ein Anspruch auf Kindergeld bestehe, wenn in Deutschland eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt oder Krankengeld/Arbeitslosengeld bezogen werde (u.a. Bescheide vom 6.11.2001 und 29.1.2003, Bl. 34, 84 Kindergeldakte). Dem lagen nach dem Inhalt der vorgelegten Kindergeldakte Anträge der Klägerin vom 23.03.1993 (Bl. 1 Kindergeldakte), vom 26.10.2001 (Bl. 31 Kindergeldakte), vom 18.4.2002 (Bl. 51 Kindergeldakte) und als Ausgangspunkt des vorliegenden Rechtsstreits der Antrag vom 23.12.2002 (Bl. 74 Kindergeldakte) zugrunde.
Die mit dem Antrag vom 23.12.2002 darüber hinaus geforderte Bewilligung von Kindergeld für den Zeitraum vor Juli 1997 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29.1.2003 (Blatt 84, 85 Kindergeldakte) ab. Nach § 52 Abs. 62 EStG könne Kindergeld auf einen nach dem nach dem 31.12.1997 gestellten Antrag rückwirkend längstens bis einschließlich Juli 1997 bewilligt werden. Den dagegen am 21.02.2003 eingelegten Einspruch (Blatt 89 Kindergeldakte) wies die Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 28.02.2003 (Blatt 90 Kindergeldakte) mit gleicher Begründung zurück.
Dagegen wehrt sich die Klägerin mit ihrer Klage vom 25.03.2003. In den Jahren 1993 bis 1998 seien regelmäßig Kindergeldanträge durch sie oder ihren Ehemann eingereicht worden. Dies könne bei Bedarf nachgewiesen werden. Die Anträge seien alle mit der Begründung abgelehnt worden, sie und ihr Ehemann hätten nur eine Aufenthaltsduldung. Des weiteren verweist sie auf die Begründung ihres Antrags vom 23.12.2002, in dem sie sich darauf beruft, dass bei einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, die sie ausgeübt habe, ein Anspruch auf Kindergeld bestehe. Für Einzelheiten wird auf die Kopien Bl.2 ff der Finanzgerichtsakte Bezug genommen. Dem Hinweis in einem am 2.7.2003 durchgeführten Erörterungstermin, ein Antrag bezüglich Januar 1996 bis Juni 1997 sei nach der Kindergeldakte erst am 23.12.2002 gestellt worden und die Regelung des § 66 Abs. 3 EStG lasse eine rückwirkende Gewährung von Kindergeld nur ab Juli 1997 zu, wurde entgegnet, dass die höchstrichterlichen Grundsätze zum Kindergeldanspruch unabhängig von der Bestandskraft vorliegender Kindergeldbescheide gelten müssten. Nachweise und konkrete Beweisangebote hinsichtlich der behaupteten Antragstellungen wurden nicht erbracht.
Nachdem das die Zeit bis zum 31.12.1996 betreffende Verfahren unter dem Aktenzeichen III 238/03 abgetrennt und an das Sozialgericht Hamburg verwiesen worden ist (Blatt 29 Finanzgerichtsakte), beantragt die Klägerin sinngemäß, die Einspruchsentscheidung vom 28.02.2003 aufzuheben und unter Änderung des Bescheides vom 29.01.2003 für die Kinder A, B und C Kindergeld auch für die Zeit von Januar 1996 bis Juni 1997 festzusetzen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie beruft sich unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung auf die Regelungen der §§ 52 Abs. 62, 66 Abs. 3 EStG.
Für das weitere Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen wird ergänzend auf die eingereichten Anlagen sowie auf die Niederschrift über den Erörterungstermin vom 02.07.2003 Bezug genommen. Ferner wird auf den Inhalt der dem Senat vorliegenden, für die Klägerin geführten Kindergeldakte ... verwiesen.
Entscheidungsgründe
1. Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Festsetzung und Zahlung von Kindergeld für die Monate Januar 1996 bis Juni 1997. Der Bescheid der Beklagten vom 29.01.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28.02.2003 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 FGO.
2. a. Zw...