Entscheidungsstichwort (Thema)

Zollrecht - Tarifierung: Zur Bestimmung des Stärkegehalts bei Sojaproteinkonzentrat

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 444/2013 ist entsprechend auf Sojaproteinkonzentrat mit einem nach der polarimetrischen Methode ermittelten Stärkegehalt von 6 GHT anwendbar.

2. Die Verordnung (EG) Nr. 152/2009 ist auf Tarifierungsfragen anwendbar.

3. Die Verordnung (EG) Nr. 121/2008 in der bis zur 01.02.2017 geltenden Fassung ist auf Sojaerzeugnisse weder direkt noch analog anwendbar.

4. Die Erläuterungen zur Position 2309 KN in der bis zum 30.01.2018 geltenden Fassung sind auf Sojaerzeugnisse weder direkt noch analog anwendbar.

 

Normenkette

ZKDV Art. 242 Abs. 2 Unterabs. 2; KN 2014 Unterposition 2309 9031; KN 2014 Unterposition 3209 9096; EUDVO-444/2013; EUVO-152/2009; EUVO-121/2008

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Einreihung von Sojaproteinkonzentrat.

Am 20.05.2014 meldete die Klägerin ... t "Bras. Sojaproteinkonzentrat SPC-Rückstände bei der Gewinnung pflanzlicher Öle aus Sojabohnen" (im Folgenden: Sojaproteinkonzentrat) zur Überführung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr unter Angabe der zollfreien Unterposition 2304 0000 KN (Ölkuchen und andere feste Rückstände aus der Gewinnung von Sojaöl) an. Der Beklagte setzte am selben Tag mit dem nicht abschließenden Steuerbescheid XX-1 anmeldungsgemäß lediglich Einfuhrumsatzsteuer fest und entnahm eine Warenprobe.

Nach Untersuchung der Probe kam das Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung Berlin (im Folgenden: BWZ) zu dem Ergebnis, dass das Sojaproteinkonzentrat in die Unterposition 2309 9096 KN einzureihen sei. Unter Befund heißt es: "Zubereitungen von der zur Fütterung verwendeten Art, andere, einschließlich Vormischungen, keine Glukose, Glukosesirup, Maltodextrin oder Maltodextrinsirup der Unterposition 1702 30 50, 1702 30 90, 1702 40 90, 1702 90 50 und 2106 90 55 oder Stärke oder Milcherzeugnisse enthalten, andere". Weiter führte das Gutachten aus, dass mikroskopisch Sojabohnen erkennbar seien. Der Proteingehalt betrage ca. 61 Gewichtshundertteile (GHT). Nach dem enzymatischen Analyseverfahren betrage der Stärkegehalt weniger als 0,5 GHT.

Auf der Grundlage dieses Gutachtens erhob der Beklagte gemäß Art. 78 Abs. 3 und Art. 220 ZK unter Anwendung der Unterposition 2309 9096 KN (Zollsatz: 9,6 %) mit Einfuhrabgabenbescheid vom 11.12.2014 (Registrierkennzeichen XX-2) Zoll in Höhe von ... € nach. Den hiergegen mit Schreiben vom 15.12.2014 eingelegten Einspruch begründete die Klägerin mit Schreiben vom 29.01.2015: Die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 444/2013, auf die sich das BWZ und der Nacherhebungsbescheid stützten, trage die Nacherhebung nicht, da die mit der Verordnung eingereihte Ware der Unterposition 2309 9031 KN und nicht der Unterposition 2309 9096 KN zugeordnet worden sei. Im Übrigen gehöre das Sojaproteinkonzentrat nicht in die Position 2309 KN, sondern in die Position 2304 KN.

Mit Einspruchsentscheidung vom 14.07.2015 (RL ...) wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Das Sojaproteinkonzentrat entspreche der mit der Einreihungsverordnung (EU) Nr. 444/2013 eingereihten Ware. Eine Einreihung in die Position 2304 KN scheide aus, weil das Sojaproteinkonzentrat nicht direkt aus der Extraktion von Sojabohnen resultiere. Aufgrund des festgestellten Stärkegehalts von weniger als 0,5 GHT habe das BWZ das Sojaproteinkonzentrat innerhalb der Position 2309 KN in die Unterposition 2309 9096 KN eingereiht.

Mit der am 13.08.2015 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Ihr ursprüngliches Begehren, das Sojaproteinkonzentrat in die Position 2304 KN einzureihen, hält sie nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 03.03.2016 in der Rs. C-144/15 nicht mehr aufrecht. Das Sojaproteinkonzentrat sei vielmehr in die Position 2309 KN einzureihen. Innerhalb der Unterpositionen 2309 9031 ff. KN sei es nicht der festgesetzten Unterposition 2309 9096 KN, sondern der Unterposition 2309 9031 KN zuzuordnen, weil es auf der Grundlage des polarimetrischen Verfahrens einen Stärkegehalt zwischen 0,5 und 10 GHT habe. Die Erläuterungen zur Position 2309 KN sähen als Grundsatz die Anwendung dieser Methode vor. Nur bei den in den Erläuterungen zur Position 2309 KN (EZT-Nr. 02.2) aufgeführten Futtermittel, zu denen Soja nicht gehöre, werde der Stärkegehalt enzymatisch bestimmt. Dies sei nach dem klaren Wortlaut eine abschließende Aufzählung. Die Erläuterungen zur Position 2309 KN gingen eindeutig von einem Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen den polarimetrischen und den enzymatischen Verfahren aus.

Wenn der Beklagte sich darauf berufe, dass durch die Verordnung (EWG) Nr. 1822/86 für die Ermittlung des Stärkegehalts bei Sojaproteinkonzentraten die enzymatischen Methoden zur Anwendung kommen sollte, übersehe er, dass diese Verordnung bereits 1988 durch die Verordnung (EWG) Nr. 4154/87 aufgehoben worden sei. Erst mit Wirkung vom 02.02.2017 seien Sojaerzeugnisse durch die Verordn...

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