Entscheidungsstichwort (Thema)
Entstehungszeitpunkt eines Erstattungsanspruchs bei Zahlung mit vordatiertem Scheck
Leitsatz (amtlich)
Wird eine überhöhte Zahlung per Scheck geleistet, ist für die Entstehung des Erstattungsanspruchs auf den Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Konto der Finanzbehörde abzustellen. Das gilt auch bei einem vordatierten Scheck.
Die Abtretung eines derartigen Erstattungsanspruchs, die nach Übergabe, aber vor Einlösung des vordatierten Schecks angezeigt wird, ist daher nach § 42 Abs. 2 AO unwirksam.
Normenkette
AO § 37 Abs. 2, § 46 Abs. 2
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin gegen den Beklagten ein Erstattungsanspruch in Höhe von EUR 3.647,11 zusteht.
Die Klägerin vertrat die Eheleute A als Steuerberaterin. Der Beklagte setzte mit Einkommensteuerbescheid für 2000 vom 11.07.2002 nachträgliche Vorauszahlungen zur Einkommen- und Kirchensteuer und zum Solidaritätszuschlag für 2001 in Höhe von insgesamt EUR 7.410,- fest. Diese Vorauszahlungen wurden am 14.08.2002 fällig, durch die Eheleute A jedoch zunächst nicht bezahlt. Die Eheleute A übergaben dem mit der Vollstreckung beauftragten Vollziehungsbeamten des Beklagten am 29.10.2002 einen Scheck. Nach Einlösung durch den Beklagten erfolgte mit Wertstellung vom selben Tag eine Gutschrift auf dem Konto des Beklagten in Höhe von EUR 549,63. Am 05.11.2002 übergaben die Eheleute A dem Vollziehungsbeamten einen weiteren Scheck, der auf den 05.12.2002 vordatiert war. Der Vollziehungsbeamte vermerkte auf der durch ihn ausgestellten Quittung (FGA Bl. 14): "Wert 05. Dezember 2002". Auf dem Beleg über die Scheckeinreichung bei der Steuerkasse (FGA Bl. 15), der durch den Vollstreckungsinnendienst des Beklagten am 06.11.2002 gegengezeichnet wurde, wurde als Datum für die Wertstellung ebenfalls der 05.12.2002 eingetragen.
Wegen Liquiditätsschwierigkeiten der Eheleute A traten diese der Klägerin den zu erwartenden Steuererstattungsanspruch aus der Einkommensteuerveranlagung für 2001 ab. Die durch die Klägerin am 21.11.2002 und durch die Eheleute A am 22.11.2002 unterzeichnete Abtretungsanzeige (Einkommensteuerakten - EStA - Bl. 44) ging am 25.11.2002 bei dem Beklagten ein. Hierin war die Abtretung als Vollabtretung bezeichnet, und als voraussichtliche Höhe des Erstattungsanspruchs war der Betrag von EUR 3.567,58 angegeben.
Der dem Vollziehungsbeamten am 05.11.2002 übergebene Scheck wurde durch die Steuerkasse eingelöst, und die Wertstellung in Höhe von insgesamt EUR 6.860,36 erfolgte zum 05.12.2002.
Die Einkommensteuererklärung der Eheleute A für den Veranlagungszeitraum 2002 ging am 13.12.2002 beim Beklagten ein, der die Veranlagung mit Bescheid vom 20.03.2003 durchführte. In diesem Bescheid wurde die Einkommensteuer auf EUR 195,31 festgesetzt und die Kirchensteuer und der Solidaritätszuschlag auf jeweils EUR 0,-. Wegen der geleisteten Zahlungen ergab sich ein Guthaben in Höhe von EUR 7.214,69. Da der Beklagte versehentlich von einer Teilabtretung des Erstattungsanspruchs an die Klägerin in Höhe von EUR 3.567,58 ausging, obwohl mit diesem Betrag nur die voraussichtliche Höhe des gesamten Erstattungsanspruchs angegeben war, zahlte er diese Summe an die Klägerin aus. Der Restbetrag von EUR 3.647,11 wurde an die Eheleute A ausgezahlt. Die Eheleute A genehmigten die Zahlung an die Klägerin mit Schreiben vom 02.04.2003 nachträglich (EStA Bl. 69).
Die Klägerin klagte vor dem erkennenden Gericht zunächst auf Zahlung des an die Eheleute A ausgezahlten Betrages (Az. II 193/03). Wegen eines entsprechenden Hinweises des Berichterstatters nahm die Klägerin diese Klage zurück und beantragte beim Beklagten die Erteilung eines Abrechnungsbescheides. Am 09.07.2004 erließ der Beklagte daraufhin einen Abrechnungsbescheid, in dem er eine Erstattung an die Klägerin ablehnte. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass den Eheleuten A bei Eingang der Abtretungsanzeige am 25.11.2002 lediglich ein Erstattungsanspruch in Höhe der am 29.10.2002 erfolgten Zahlung von EUR 549,63 abzüglich der festgesetzten Steuer von EUR 195,31, mithin in Höhe von EUR 354,32 zugestanden habe; nur in dieser Höhe sei die Abtretung gem. § 46 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) wirksam geworden. Der Erstattungsanspruch in Höhe von insgesamt EUR 7.214,69 sei in voller Höhe erloschen, nämlich in Höhe von EUR 354,32 durch Zahlung an die Klägerin als Anspruchsinhaberin, in Höhe von EUR 3.647,11 durch die Zahlung an die Eheleute A als Anspruchsinhaber und in Höhe von EUR 3.213,26 durch Zahlung an die Klägerin als ursprünglich Nichtberechtigte mit nachträglicher Genehmigung durch die Eheleute A. Der Klägerin stehe daher kein Anspruch auf Zahlung von EUR 3.647,11 zu.
Die Klägerin hat am 14.07.2004 Sprungklage erhoben. Die Klageschrift ist dem Beklagten am 22.07.2004 zugestellt worden. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Abtretung in voller Höhe des Erstattungsanspruches wirksam geworden sei und ihr infolgedessen ein Anspruch auf Zahlung von EUR 3.647,11 zustehe. Ein Erstattungsanspruch ents...