Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung von Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus VuV
Leitsatz (redaktionell)
Erwirbt der Nießbrauchsberechtigte Miteigentum an dem zu Vermietungszwekken genutzten Nießbrauchsgrundstück, sind die damit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen steuerlich unbeachtlich, weil Vermietungseinkünfte allein aufgrund des Nießbrauchs erreicht werden.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Nr. 1; BGB §§ 889, 1030
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Berücksichtigung von Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
Die Klägerin ist die Witwe des am 05.07.1986 verstorbenen A. Die Eheleute hatten am 20.04.1979 einen notariellen Erbvertrag geschlossen, wonach die Kinder der Eheleute, Frau B, geborene A, Dr. C A und D A zu gleichen Teilen als Erben eines jeden der Eheleute eingesetzt werden. Der Längstlebende sollte an dem Nachlass des Erstversterbenden den lebenslänglichen uneingeschränkten Nießbrauch erhalten. U. a. heißt es in dem Erbvertrag: "Wenn der überlebende Ehegatte sich wieder verheiratet, soll dieser Nießbrauch mit dem Tage der Eheschließung endigen."
Zu dem Nachlass von A gehörten u. a. die bebauten Grundstücke X-Straße 1 und 2, die mit seinem Tode auf die Kinder in Erbengemeinschaft übergingen.
Mit notariellem Übertragungsvertrag vom 03.12.1991 übertrug Dr. C A seinen Erbanteil auf die Klägerin. Zugleich übernahm sie die anteiligen Verbindlichkeiten der Erbengemeinschaft (Bank-1-Darlehen über 481.627,13 DM und Bank-2-Darlehen über 36.126,83 DM). Das Bank-1-Darlehen war ursprünglich am 17.12.1984 vom verstorbenen Ehemann und der Klägerin aufgenommen und durch eine Grundschuld auf dem Grundstück X-Straße 1 besichert worden (Darlehensnummer ...). Die Valutierung des Darlehens erfolgte zugunsten des Bank-1-Kontos Nr. ... der Klägerin. Dieses Darlehen wurde von den Erben übernommen . Nachdem das Darlehen in der Folgezeit notleidend geworden war, ist es von der Bank 1 als Abwicklungskonto geführt und mit dem Darlehen ... zum 01.01.1993 abgelöst worden. Ferner hatte die Klägerin gemäß Vereinbarung vom 01.09.1991 auf die ihrem Sohn Dr. C A gewährten Darlehen in Höhe von 3.200.000 DM verzichtet.
Auf der Grundlage der übernommenen Verbindlichkeiten und des Forderungsverzichtes hinsichtlich der dem Sohn Dr. C A gewährten Darlehen errechnete der steuerliche Berater der Klägerin Anschaffungskosten für den Erwerb des Anteils an den Grundstücken X-Straße 1 in Höhe von 1.666.052,81 DM und X-Straße 2 in Höhe von 1.786.531,84 DM (insgesamt 3.452.584,65 DM).
In ihren Einkommensteuererklärungen (ESt-Erklärungen) für die Streitjahre erklärte die Klägerin erhöhte Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Grundstücke X-Straße 1 und 2 im Hinblick auf die anteiligen Verbindlichkeiten der Erbengemeinschaft und auf die Refinanzierungskosten für die dem Sohn gewährten Darlehen. Ferner machte die Klägerin im Streitjahr 1996 erhöhte AfA-Beträge wegen der Anschaffungskosten für den erworbenen Anteil geltend. Im Einzelnen handelte es sich um folgende Beträge:
- Schuldzinsen zur Refinanzierung der Dr. C A gewährten Darlehensbeträge: (alle Beträge in DM) |
X-Straße 1: |
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Bank 3 |
Darlehen |
Schuldzinsen |
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1995 |
1996 |
Konto 1 |
300.000,00 |
13.679,28 |
17.336,90 |
Konto 2 |
200.000,00 |
9.119,52 |
11.579,47 |
Konto 3 |
1.500.000,00 |
111.464,02 |
43.757,56 |
Konto 4 |
600.000,00 |
44.185,96 |
43.663,03 |
X-Straße 2: |
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Bank 4 |
Darlehen |
Schuldzinsen |
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1995 |
1996 |
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600.000,00 |
24.699,96 |
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- Erhöhte AfA-Beträge: |
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1995 |
1996 |
X-Straße 1 |
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19.245,95 |
19.245,95 |
X-Straße 2 |
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20.755,97 |
20.755,97 |
- Schuldzinsen für Darlehen der Erbengemeinschaft, die anteilig mit dem Erbanteil übernommen wurden: |
Bank 1 |
Darlehen |
Schuldzinsen |
Stand zum 01.01.93 |
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1995 |
1996 |
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481.627,13 DM |
34.850,40 |
22.883,18 |
Der Beklagte ließ mit ESt-Bescheid 1995 vom 04.06.1998 und 1996 vom 31.07.1998 die Schuldzinsen für die Darlehen der Bank 3 nicht als Werbungskosten zu, da die Verwendung des Kapitals zweckentfremdet worden sei. Ferner ließ er die im Veranlagungszeitraum 1996 geltend gemachte erhöhte AfA unberücksichtigt.
Hiergegen richteten sich die Einsprüche vom 06.07. und 02.09.1998; zugleich reichte die Klägerin für 1995 eine geänderte Einnahmeüberschussrechnung mit korrigierter Zuordnung der Schuldzinsen ein. Die Klägerin machte geltend, dass es sich bei dem Erwerb des Miteigentumsanteils um ein entgeltliches Übertragungsgeschäft gehandelt habe, das ihre Stellung als Vermieterin gestärkt habe mit der Folge, dass die im Zusammenhang mit der Übernahme der Verbindlichkeiten der Erbengemeinschaft entstandenen Schuldzinsen Werbungskosten seien. Gleiches gelte für die Refinanzierungszinsen für die dem Sohn gewährten Darlehen. Der Beklagte änderte die ESt-Bescheide 1995 und 1996 mit Einspruchsentscheidung vom 06.06.2000 entsprechend den im Rechtsbehelfsverfahren eingereichten korrigierten Einnahmeüberschussrechnungen und folgte der geänderten Zuordn...