Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung eines Ergänzungsbescheides - Mitunternehmerschaft bei Beteiligung für logische Sekunde

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Wirksamkeit eines Ergänzungsbescheides bedarf es eines eigenständigen Regelungsinhalts.

2. Die Rechtsstellung eines Mitunternehmers wird nicht erlangt, wenn der Beteiligungserwerb nur für eine logische Sekunde erfolgt.

 

Normenkette

AO § 118 Abs. 1, § 180 Abs. 1 Nr. 2; EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2

 

Tatbestand

In formeller Hinsicht ist streitig, ob die ehemalige Klägerin, die A GmbH, später umfirmiert in B GmbH, klagebefugt war; in materieller Hinsicht streiten die Beteiligten darüber, ob sie im Streitjahr 2005 an dem Feststellungsverfahren der Schifffahrtsgesellschaft "C", der Beigeladenen, zu beteiligen war mit der Folge, dass ein vor ihr erzielter Veräußerungserlös unter die sog. Tonnagebesteuerung gem. § 5a des Einkommensteuergesetzes (EStG) fällt.

Der jetzige Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der ehemaligen Klägerin (Schuldnerin), nachdem mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom ... 2014 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist und er das unterbrochene Klageverfahren zwischenzeitlich aufgenommen hat.

Dem Streitfall liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Schuldnerin erwarb mit Kauf- und Übertragungsvertrag, datierend vom 30. Mai 2005, mit Wirkung zum 1. Juni 2005, 24.00 h, eine Kommanditbeteiligung an der "C", einer Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co KG, mit einer voll eingezahlten Pflichteinlage in Höhe von ... € von Dr. D, ihrem Prokuristen und früheren Geschäftsführer zum Kaufpreis von "99 % der Kommanditbeteiligung = ... €". Dr. D gehörte gemäß Beitrittserklärung aus dem Jahr 1999 zu den Erstzeichnern. Im Kauf- und Übertragungsvertrag vom 30. Mai 2005 heißt es u. a.:

(2) Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Übergang der Gesellschafterstellung im Verhältnis zur Gesellschaft und den Mitgesellschaftern, insbesondere also des Rechtes zum Bezug von Ausschüttungen, des Stimmrechts, der Informations- und Kontrollrechte sowie der einkommensteuerlichen Beteiligungsrechte auf den Käufer mit Wirkung zum 01.06.2005 erfolgt. Bis zu diesem Datum stehen die Rechte weiterhin dem Verkäufer zu. Stichtag ist der 01.06.2005, 24.00 Uhr.

(7) Die Übertragung der Beteiligung und der Stellung als Kommanditist erfolgt unter den nachfolgenden aufschiebenden Bedingungen:

1) ...

2) Zustimmung der persönlich haftenden Gesellschafterin zur Übertragung

3) ...

4) Eintragung des Käufers in das Handelsregister

Ferner war in dem Vertrag geregelt, dass die Treuhänderin E GmbH & Co KG (E) die Beteiligung für den Verkäufer gemäß Beitrittserklärung und Treuhandvertrag betreut. Nach § 2 Abs. 5 des Kaufvertrages werden die eingetragenen Kommanditisten in der Gesellschaft nach Maßgabe des Gesellschafts- und Treuhandvertrages betreut; der Käufer übernimmt sämtliche Rechte und Pflichten eines Treugebers nach dem Treuhandvertrag.

Ausweislich des Treuhand- und Verwaltungsvertrages kam mit Unterzeichnung der Beitrittserklärung der Treuhandvertrag zustande. § 5 Ziff. 1 des Treuhandvertrages erlaubte die jederzeitige Übertragung der treuhänderisch gehaltenen Beteiligungen nur in Verbindung mit den Rechten und Pflichten aus dem Treuhandvertrag; der Treuhänder musste der Übertragung zustimmen. Nach § 7 Ziff. 7 hatte der Treugeber das Recht, sich als Kommanditist mit dem vierfachen seiner bisher treuhänderisch gehaltenen Hafteinlage in das Handelsregister eintragen zu lassen und die gesamte Kommanditeinlage (Pflichteinlage) auch im Außenverhältnis zu übernehmen. In diesem Fall endete der Treuhandvertrag nicht, sondern wurde als Verwaltungstreuhandvertrag mit dem Treuhänder fortgeführt (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Treuhandvertrag Bezug genommen, Anl. 3 - 2 K 179/08). Dr. D war am ... 2001 als Kommanditistin in das Handelsregister eingetragen worden.

Die Schuldnerin veräußerte ihre Beteiligung ebenfalls mit Wirkung vom 1. Juni 2005, 24.00 h zu einem Preis von "104 % der Kommanditbeteiligung = ... €" weiter. Dem Kauf- und Übertragungsvertrag vom 30. Mai/1. Juni 2005, der im Wortlaut mit dem Kaufvertrag der Schuldnerin übereinstimmt, stimmte die E am 22. Juni 2005 und die persönlich haftende Gesellschafterin am 24. Juni 2005 zu. Die Schuldnerin wurde ... 2005 in das Handelsregister eingetragen; am ... 2007 erfolgte die Eintragung des Erwerbers ihrer Kommanditbeteiligung.

Am 16. März 2007 reichte die Beigeladene eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr ein, die die Schuldnerin als Mitunternehmerin aufführte. Dem folgte der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 der Abgabenordnung (AO) erlassene Feststellungsbescheid vom 29. Juni 2007 zunächst. Mit negativem Feststellungsbescheid vom 16. Mai 2008 lehnte es der Beklagte dann ab, die Schuldnerin in die Feststellung einzubeziehen, weil sie nur für eine logische Sekunde beigetreten sei und daher mangels Übernahme von Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisi...

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