Entscheidungsstichwort (Thema)
Befreiung der privaten nichtgewerblichen Schifffahrt durch eine gemeinnützige Stiftung von der Energiesteuer
Leitsatz (amtlich)
1. Die Ausnahme der "privaten nichtgewerblichen Schifffahrt" von der Steuerbefreiung für die Schifffahrt in Art. 14 Abs. 1 Buchst. c) RL 2003/96/EG umfasst jegliche Schifffahrt, die nicht zu kommerziellen Zwecken mit Gewinnerzielungsabsicht durchgeführt wird; es ist nicht erforderlich, dass es sich um eine Nutzung im nicht-öffentlichen, persönlich-familiären geprägten Bereich handelt.
2. Die Steuerbefreiung für ein Energieerzeugnis ist ausgeschlossen, sofern es im Rahmen einer Schifffahrt Verwendung findet, die zur Verwirklichung eines Gemeinnützigkeitszwecks ausgeübt wird.
Normenkette
EnergieStRL 2003/96/EG Art. 14 Abs. 1 Buchst. c); EGRichtl 2003/96/EG Art. 14 Abs. 1 Buchst. c); EnergieStG § 21 Abs. 1, § 27; EnergieStV § 46 Abs. 2, § 460 Abs. 3, § 60 Abs. 7
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung von Energiesteuer für den auf ihrem Großsegelschiff verwendeten Kraftstoff.
1. Die Klägerin ist eine im Jahr 19... gegründete Stiftung bürgerlichen Rechts mit Sitz in A.
Gemäß § 3 ihrer Satzung verfolgt die Klägerin "ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der §§ 51 ff. AO". Der Stiftungszweck ist gemäß § 2 Abs. 1 der Satzung insbesondere, "als gemeinnützige Einrichtung im Sinne der steuerrechtlichen Vorschriften geeignete Segelschiffe zu beschaffen, zu betreiben und instandzuhalten, um - bei bevorzugter Förderung Jugendlicher im Sinne des Jugendwohlfahrtgesetzes - allen geeigneten und interessierten Personen Gelegenheit zu geben, unter fachkundiger Leitung Hochseesegeln im Rahmen traditioneller Seemannschaft auf Traditionsschiffen zu betreiben."
Im Rahmen des durch § 2 Abs. 1 - 5 der Satzung präzisierten Zwecks "können die Schiffe, das Personal und die Einrichtungen für Körperschaften des öffentlichen und privaten Rechts für gemeinnützige Zwecke der Ausbildung, Wissenschaft und Forschung und für Zwecke, die dem Erhalt, dem Betrieb, der Verbesserung und Ergänzung der Sachwerte dienen, nutzbar gemacht werden. Erträge aus dieser Verwendung sind ausschließlich dem Stiftungszweck zuzuführen."
Die Klägerin ist Eigentümerin des streitgegenständlichen Schiffes, der Bark "Schiff-1". Dieses Schiff hat 2011 das Vorgängerschiff "Schiff-2" ersetzt. Weitere Schiffe betreibt die Klägerin nicht.
Das Finanzamt A hat die Klägerin als gemeinnützig anerkannt.
Unter Berücksichtigung einer Abstimmung der Klägerin mit dem für sie zuständigen Betriebsstättenfinanzamt gliedert die Klägerin ihre Erträge einerseits in einen ideellen Bereich / Zweckbetrieb und andererseits in einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (vgl. Bericht über die Erstellung des Jahresabschlusses zum 31.12.2011, Beklagten-Akte Bl. 20-67, dort S. 13 f.). Die im ideellen Bereich / Zweckbetrieb erfassten Umsatzerlöse (im Jahr 2011 von rund EUR ...) bestanden im Wesentlichen (knapp EUR ...) aus sog. Törnbeiträgen, die die Klägerin von Teilnehmern an ihren satzungsgemäßen Segeltörns erhält (vgl. "Bedingungen für den Segeltörn auf der Bark "Schiff-1" vom März 2011, Beklagten-Akte Bl. 14-19). In diesem Bereich erfasst die Klägerin auch Spenden und Zuschüsse (2011: EUR ...). Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb umfasst Erlöse aus dem Souvenirhandel und sog. Gästefahrten (2011: jeweils rund EUR ...).
Die Klägerin unterhält eine Website (www. ...), auf der sie über die zu buchenden Törns und über die Chartermöglichkeit informiert.
Das Schiff wird mit einer ehrenamtlich tätigen Stammcrew betrieben, zu der die zahlenden Mitsegler kommen. Die Stiftung wird durch einen dreiköpfigen, ebenfalls ehrenamtlich tätigen Vorstand geleitet.
2. Am ... 2012 wurde das Schiff im ... Hafen durch Beamte des Beklagten kontrolliert. Es wurde festgestellt, dass der Kraftstofftank Gasöl enthielt, das durch roten Farbstoff und Markierstoffe gekennzeichnet war. Nach Ermittlung des Fassungsvermögens der Tankanlage von 65.400 l erließen die Beamten vor Ort einen Steuerbescheid über EUR 31.764,78 Energiesteuer mit sofortiger Zahlungsaufforderung an den Kapitän des Schiffes. Die Steuerforderung wurde am 20.06.2012 durch die Klägerin beglichen. Gegen den Bescheid legte der Kapitän unter dem 21.06.2012 Einspruch ein.
Mit Bescheid vom 29.06.2012 setzte der Beklagte die Steuer in Höhe von EUR 31.764,78 zusätzlich gegenüber der Klägerin als Gesamtschuldner zusammen mit dem Kapitän des Schiffes fest.
Gegen diesen Steuerbescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 13.07.2012 einen Einspruch ein, den sie mit Schreiben vom 22.08.2012 damit begründete, dass das Schiff gewerblich in Form eines Zweckbetriebs nach § 65 AO genutzt werde und sei daher steuerbefreit gemäß § 27 Abs. 1 EnergieStG sei. Darüber hinaus habe der Beklagte bei der Besteuerung fehlerhaft das Gesamtvolumen des Tanks zu Grunde gelegt. Tatsächlich werde die Tankanlage aus rechtlichen und technischen Gründen immer nur bis zu maximal 85% befüllt, was durch einen eingebauten...