Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung von § 32c EStG a. F. bei atypisch stiller Beteiligung an einer Organgesellschaft?
Leitsatz (amtlich)
Die durch eine atypisch stille Beteiligung an einer Organgesellschaft begründete Mitunternehmerschaft verdrängt das Organschaftsverhältnis mit der Folge, dass die Tarifbegrenzung für gewerbliche Einkünfte nach § 32c EStG a. F. im Gewinnfestsetzungsbescheid des Organträgers nicht festzustellen ist.
Normenkette
EStG § 32c; GewStG § 2 Abs. 2 S. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Tarifbegrenzung des § 32c des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren 1996 bis 1998 geltenden Fassung (EStG a. F.) auf das der Klägerin zuzurechnende Einkommen ihrer Organgesellschaften zu gewähren ist.
Die Klägerin ist eine Personenhandelsgesellschaft, ihre Gesellschafter sind mit einem Anteil von jeweils 50 % die Brüder S. und T. A. Die Klägerin war zu jeweils 100% beteiligt an der ... Handelsgesellschaft mbH (H GmbH) und an der ... Agentur GmbH (M GmbH). Mit beiden Gesellschaften bestanden Ergebnisabführungsverträge und steuerlich anerkannte Organschaftsverhältnisse in umsatz- und körperschaftsteuerlicher Hinsicht. Per 01.01.1996 beteiligten sich die Ehefrauen der Gesellschafter A mit jeweils 5 % atypisch still an den Organgesellschaften; ihnen wurde nach § 4 der jeweiligen Gesellschaftsverträge die einem Kommanditisten entsprechende Rechtsstellung i. S. von § 164 des Handelsgesetzbuches eingeräumt. Für die hierdurch entstandenen Mitunternehmerschaften wurden in der Folgezeit Feststellungs- und Gewerbesteuererklärungen unter eigenen Steuernummern eingereicht, denen der Beklagte folgte. Den auf die GmbHs entfallenden Anteil am Gewinn der Mitunternehmerschaften bezog die Klägerin als Organträgerin in ihre Einkünfte aus Gewerbebetrieb ein. In den mit dem Vorbehalt der Nachprüfung versehenen Feststellungsbescheiden für die Streitjahre stellte der Beklagte zunächst die Tarifbegrenzung nach § 32c EStG a. F. für den Gesamtbetrag der gewerblichen Einkünfte der Klägerin einschließlich der Einkünfte der GmbHs als Organgesellschaften fest.
Nach einer Außenprüfung bei der Klägerin ergingen am 20.12.2002 geänderte Gewinnfeststellungsbescheide für die Streitjahre, bei denen nunmehr das Einkommen der GmbHs nicht mehr in die Tarifbegrenzung einbezogen wurde, weil die gewerbesteuerliche Organschaft durch das Bestehen atypisch stiller Beteiligungen verdrängt werde. Die hiergegen gerichteten Einsprüche vom 23.1.2003 ruhten zunächst wegen Musterverfahren beim Bundesfinanzhof (BFH) -VIII R 18/98- und beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) -2 BvL 2/99. Nachdem beide Gerichte entschieden hatten, änderte der Beklagte am 27.12.2006 die Feststellungsbescheide erneut aus hier nicht streitigen Gründen und wies die Einsprüche mit Entscheidung vom 28.11.2008 zurück. Am 19.12.2008 hat die Klägerin Klage erhoben.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Tarifbegrenzung des § 32c EStG a. F. sei auch auf das ihr als Organträgerin zuzurechnende Einkommen ihrer Organgesellschaften anzuwenden. In den Streitjahren habe ein auch von dem Beklagten in steuerlicher Hinsicht anerkannter Ergebnisabführungsvertrag bestanden. Es sei daher kein Grund dafür erkennbar, warum die gewerbesteuerliche Organschaft anders behandelt werde als die -anerkannte- körperschaftsteuerliche.
Unerheblich für die Beurteilung der Streitfrage sei, ob die Organgesellschaften originär gewerblich tätig gewesen seien oder lediglich Anteile an den atypisch stillen Gesellschaften gehalten und verwaltet hätten, denn die Gesellschaften seien bereits qua Rechtsform gewerblich tätig. Schließlich berufe sich der Beklagte auch zu Unrecht auf die Entscheidung des BFH in der Sache VIII R 54/93, die einen anderen Sachverhalt betreffe als er im Streitfall gegeben sei, weil in jenem Fall der Organträger und nicht, wie im Streitfall, die Organgesellschaft an einer Mitunternehmerschaft beteiligt gewesen sei.
Die Klägerin beantragt, die Bescheide für 1996 bis 1998 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, jeweils vom 27.12.2008, und die Einspruchsentscheidung vom 28.11.2008 mit der Maßgabe zu ändern, dass die gewerblichen Einkünfte, die der Tarifermäßigung nach § 32c EStG a. F. unterliegen, in 1996 in Höhe von 467.518,00 DM, in 1997 in Höhe von 572.662,00 DM und in 1998 in Höhe von 1.445.733,00 DM festgestellt werden.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte nimmt auf seine Einspruchsentscheidung sowie seinen rechtlichen Hinweis vom 24.09.2008 Bezug und hält an seiner Auffassung fest, dass die Wirkungen der gewerbesteuerlichen Organschaft durch die von den Organgesellschaften gebildeten atypischen Beteiligungen verdrängt würden. Die Organgesellschaften seien in ihrer mitunternehmerischen Verbundenheit mit den atypisch still Beteiligten selbst Gewerbesteuersubjekte gewesen, mit eigenen Gewerbeerträgen, für die separate Gewerbesteuermessbescheide unter eigenen Steuernu...