Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendbarkeit des § 68 FGO
Leitsatz (amtlich)
- Der Begriff "Änderung" im Sinne des § 68 FGO ist entsprechend dem Zweck der Vorschrift weit auszulegen. Eine Änderung im Sinne des § 68 FGO ist bereits dann gegeben, wenn hinsichtlich des ursprünglichen und des neuen Verwaltungsaktes Identität der Beteiligten und eine wenigstens teilweise Identität der Regelungsbereiche beide Verwaltungsakte besteht.
- Die Erhebung einer Fortsetzungsfeststellungsklage ist zwar an keine gesetzlich normierte Klagefrist gebunden. Das Rechtsschutzbedürfnis kann aber entfallen, wenn der Kläger nicht alsbald nach Eintritt der Erledigung Klage erhebt.
Normenkette
FGO § 68
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Maßnahme nach der Verordnung (EG) Nr. 1469/95.
Der Kläger ist Geschäftsführer der Firma A GmbH, die wiederum die Rechtsnachfolgerin der Firma B GmbH ist. Die Firma A GmbH bzw. ihre Rechtsvorgängerin führte in den Jahren 1998 bis 2001 Fleisch unterschiedlicher Marktordnungs-Warenlistennummern unter Inanspruchnahme von Ausfuhrerstattung in verschiedene Drittländer aus.
Aufgrund von Marktordnungsprüfungen, die das Hauptzollamt C bei der Firma A GmbH im Mai 2001 sowie im Januar und Februar 2002 durchgeführt hatte, ergab sich für das beklagte Hauptzollamt der Verdacht auf Unregelmäßigkeiten bei der Abwicklung der Ausfuhrgeschäfte. Das beklagte Hauptzollamt erließ deshalb mit Bescheid vom 07.01.2003 gegenüber dem Kläger eine Maßnahme nach Art. 3 Abs. 1 lit. b) der Verordnung (EG) Nr. 1469/95 und setzte mit sofortiger Wirkung sämtliche Zahlungen von Erstattungen für die Ausfuhr von Rind- und Schweinefleisch aus.
Nachdem das Finanzgericht Hamburg mit Beschluss vom 27.11.2003 (IV 223/03) die Vollziehung des Bescheides vom 07.01.2003 mit der Begründung ausgesetzt hatte, dass der gegenüber dem Kläger erlassene Maßnahmebescheid gemäß Art. 3 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 745/96 nicht ohne eine Befristung hätte ergehen dürfen, befristete das beklagte Hauptzollamt mit Änderungsbescheid vom 23.12.2003 die gegenüber dem Kläger nach Art. 3 Abs. 1 lit. b) der Verordnung (EG) Nr. 1469/95 verhängte Maßnahme bis zum 30.11.2004.
Der vom Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage gab das Finanzgericht in der Folgezeit statt und hob mit Urteil vom 08.04.2004 (IV 222/03) den Bescheid vom 07.01.2003 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.07.2003 und des Änderungsbescheides vom 23.12.2003 auf.
Gegen das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 08.04.2004 (IV 222/03) legte das beklagte Hauptzollamt Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof ein, die dort unter dem Aktenzeichen VII B 95/04 geführt wurde.
Mit Bescheid vom 29.11.2004 änderte sodann das beklagte Hauptzollamt den Bescheid vom 07.01.2003 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 30.07.2003 und des Änderungsbescheides vom 23.12.2003 "mit der Maßgabe, dass die zunächst bis zum 30.11.2004 befristete Maßnahme gemäß Art. 3 Abs. 1 lit. b) der Verordnung (EG) Nr. 1469/95 ... nunmehr bis zum 31.03.2005 anzuwenden (sei)." Der Bescheid vom 29.11.2004 enthält (u.a.) den folgenden Hinweis: "Dieser Bescheid wird gem. § 68 Satz 1 Finanzgerichtsordnung Gegenstand des beim Bundesfinanzhof anhängigen Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens Az. VII B 95/04. Ein Einspruch gegen den neuen Verwaltungsakt ist insoweit ausgeschlossen." Der Bescheid vom 29.11.2004 ist den Bevollmächtigten des Klägers per Telefax am 30.11.2004 zugegangen.
Nachdem die gegenüber dem Kläger verhängte und mit Bescheid vom 29.11.2004 bis zum 31.03.2005 verlängerte Maßnahme durch Zeitablauf ihr Ende gefunden hatte, erklärten die Beteiligten das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren vor dem Bundesfinanzhof übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt. Mit Beschluss vom 01.08.2005 erklärte daraufhin der Bundesfinanzhof das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 08.04.2004 (IV 222/03) für gegenstandslos und legte den Beteiligten die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte auf.
Der Kläger hat am 07.03.2006 die vorliegende Klage erhoben, mit der er - auch zur Vorbereitung eines Amtshaftungsverfahrens gegenüber dem beklagten Hauptzollamt - die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 29.11.2004 begehrt. Er führt zur Begründung im Wesentlichen aus: Der Zulässigkeit der erhobenen Fortsetzungsfeststellungsklage stehe das bereits abgeschlossene Verfahren vor dem Finanzgericht (IV 222/03) bzw. vor dem Bundesfinanzhof (VII B 95/04) nicht entgegen. Insbesondere sei der streitgegenständliche Bescheid vom 29.11.2004 nicht gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des zwischenzeitlich beim Bundesfinanzhof anhängig gewordenen Verfahrens geworden. Denn der Bescheid vom 29.11.2004 habe den Bescheid vom 07.01.2003 weder ersetzt noch geändert. Regelungsgegenstand des Bescheides vom 29.11.2004 sei vielmehr allein die Anwendung einer Maßnahme nach Art. 3 Abs. 1 lit. b) VO (EG) Nr. 1469/05 vom 01.12.2004 bis zum 31.03.2005. Bere...