Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausfuhrerstattung: Nachweis der Einhaltung der Tierschutzbestimmungen
Leitsatz (amtlich)
1. Das Hauptzollamt darf gemäß Art. 5 Abs. 6 VO (EG) Nr. 615/98 andere Dokumente im Hinblick auf die Einhaltung der tierschutzrechtlichen Bestimmungen nur dann akzeptieren, wenn die Kontrolle nach Art. 3 Abs. 1 VO (EG) Nr. 615/98 infolge von Umständen nicht durchgeführt wurde, die außerhalb des Einflussbereichs des Ausführers liegen.
2. Die Erfüllung der in Art. 3 Abs. 1, Abs. 2 VO (EG) Nr. 615/98 normierten Nachweisförmlichkeiten bezüglich der Einhaltung der Vorschriften des Gemeinschaftsrechts über den Schutz der Tiere während des Transports ist als Teil der Hauptpflicht anzusehen. Ihre Verletzung darf daher, ohne gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu verstoßen, ebenso wie eine Verletzung der Hauptpflicht selbst den Verlust des Erstattungsanspruchs zur Folge haben.
Normenkette
EGV 615/98 Art. 1, 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1-3, Art. 5 Abs. 6; EGV 639/2003 Art. 4 Abs. 3; EWGV 805/68 Art. 13 Abs. 9
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Bewilligung von Ausfuhrerstattung durch das beklagte Hauptzollamt.
Die Klägerin meldete Anfang Februar 1999 mit mehreren Ausfuhranmeldungen insgesamt 522 Zuchtrinder der Marktordnungs-Warenlistennummer 0102 1010 9120 zur Ausfuhr nach Ägypten an. Ursprünglich war vorgesehen, die Tiere über den Hafen von Sète (Frankreich) auszuführen. Im Hinblick auf unvorhergesehene Witterungsverhältnisse entschied sich die Klägerin indes, die Zuchtrinder über den in Slowenien gelegenen Hafen Koper für den Transport nach Ägypten zu verladen.
Für diese Ausfuhrsendungen beantragte die Klägerin beim beklagten Hauptzollamt im März 1999 die Gewährung von Ausfuhrerstattung. Mit Schreiben aus dem April und Mai 1999 wies das beklagte Hauptzollamt der Klägerin unter Bezug auf die Frist des Art. 47 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 darauf hin, dass für diese Ausfuhrsendungen gemäß Art. 3 Abs. 3 der Verordnung (EG) VO Nr. 615/98 die Vorlage entsprechender Gesundheitszeugnisse erforderlich sei. Daraufhin teilte die Klägerin dem beklagten Hauptzollamt mit Schreiben vom 6.5.1999 mit, dass sie aufgrund der schlechten Witterungsverhältnisse in Frankreich umdisponiert und die Verladung über Slowenien gewählt habe. Der amtliche Tierarzt an der Außengrenze der Gemeinschaft habe es indes versäumt, sie bzw. ihren Spediteur auf das Erfordernis der Drittlandskontrolle aufmerksam zu machen. Nachdem das beklagte Hauptzollamt die Klägerin mit Schreiben vom 18.5.1999 darüber unterrichtet hatte, dass es auf die unterbliebene Benachrichtigung durch den zuständigen Grenzveterinär an der italienischen Grenze in Prosecco nicht ankomme, da eine Drittlandskontrolle ohnehin im Hinblick auf die Umladung in Koper erforderlich gewesen sei, bat die Klägerin mit Schreiben vom 4.6.1999 unter Hinweis auf Art. 5 Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 615/98 um Zulassung von Ersatzdokumenten.
Mit Bescheiden vom 5.8.1999 lehnte das beklagte Hauptzollamt die Gewährung von Ausfuhrerstattung mit der Begründung ab, die Klägerin habe entgegen Art. 3 Abs. 1, Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 615/98 keine Kontrollberichte einer internationalen Kontroll- und Überwachungsgesellschaft über die erste Verladung der Tiere im Bestimmungsdrittland vorgelegt. Zur Vorlage dieser Kontrollberichte sei sie im Hinblick darauf verpflichtet gewesen, dass sie zwischen dem Ort, an dem die Kontrolle nach Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 615/98 vorgenommen worden sei, und dem Ort der Entladung im Bestimmungsdrittland das Transportmittel gewechselt habe, was auch aus dem der Ausgangszollstelle vorgelegten Transportplan hervorgegangen sei. Eine Anwendung des Art. 5 Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 615/98 komme vor dem Hintergrund nicht in Betracht, dass die Kontrolle aus einem von der Klägerin zu vertretenden Grunde unterblieben sei.
In ihrem gegen die Bescheide vom 5.8.1999 gerichteten Einspruch wandte die Klägerin im Wesentlichen ein: Die gemäß Art. 3 Abs. 3 1. Spiegelstrich der Verordnung (EG) Nr. 615/98 vorgeschriebene Kontrolle durch eine Kontroll- und Überwachungsgesellschaft sei in Ägypten aus verschiedenen Gründen irrtümlich nicht durchgeführt worden. Zum einen habe es sich bei der streitgegenständlichen Ausfuhrsendung um die erste Beförderung von lebenden Rindern gehandelt, die sie - die Klägerin - witterungsbedingt nicht über Frankreich, sondern über den Hafen in Koper abgewickelt habe. Zum anderen habe sie entsprechend Art. 3 Abs. 3 letzter Unterabsatz der Verordnung (EG) Nr. 615/98 eine Information des amtlichen Tierarztes für den Fall erwartet, dass noch eine Kontrolle bei der Entladung der Tiere im Drittland erforderlich sei. Vor diesem Hintergrund sei sie jedenfalls gemäß Art. 5 Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 615/98 berechtigt, andere Dokumente, die den Schluss auf die Einhaltung der Richtlinie über den Schutz von Tieren beim Transport zuließen, vorzulegen. Die Voraussetzungen...