rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Herstellung und Vertrieb von Schiffsminiaturen als zweckfreie künstlerische Tätigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Herstellung und der Vertrieb von Schiffsminiaturen in einem weltweit gebräuchlichen Sammlermaßstab aus Zinn stellt eine zweckfreie künstlerische Betätigung dar.

 

Normenkette

EStG § 18 Abs. 1; GewStG § 2 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger, der Miniatur-Schiffsmodelle herstellt, gewerblich oder freiberuflich (künstlerisch) tätig ist.

Der Kläger beschäftigt sich seit ca. 20 Jahren damit, Schiffsmodelle aus Zierzinn in Miniaturformat (Maßstab: ca. 1:1.250) herzustellen. Er ging dazu auch im Streitjahr so vor, dass er zunächst von dem abzubildenden Original einen sogenannten Urtyp aus Kunststoff herstellte. Dieser Urtyp besteht aus handbearbeiteten Kunststoff-(Polystyrol-)Platten, die der Kläger anhand textlicher Beschreibungen, Zeichnungen, alter Bilder und Stiche, Fotografien und in seltenen Fällen auch anhand etwa vorhandener Werftenpläne selbst herstellt. Bei den Originalen handelt es sich um historische Wasserfahrzeuge, aber auch um moderne Konstruktionen, wie beispielsweise der im Streitjahr zum Vorbild genommene sowjetische Flugzeugträger "Admiral Kusnetzov". Die ca. 2-25 cm langen Schiffsminiaturen geben das Bild der Originale ab der Wasserlinie wieder, ihnen fehlt der Unterwasserrumpf. Mit dem Kunststoff-Urtyp stellt der Kläger eine Gussform her, indem er den Prototyp mit Kautschuk übergießt. Mit Hilfe dieser Gussform ist der Kläger anschließend in der Lage, das Schiffsmodell aus Zinn "in einem Stück" zu gießen. Nur in seltenen Fällen werden anschließend einzelne charakteristische Schiffsbestandteile (wie beispielsweise ein Signalmast oder ein Dampfwölkchen bei einem Raddampfer) angefügt. Die Schiffsminiaturen werden danach von dem Kläger selbst handbemalt, wobei es ihm weniger auf Detailtreue ankommt, sondern für ihn im Vordergrund steht, dass die Wirkung der Miniatur für den Betrachter der des Originals gleichkommt.

Die Anzahl der auf diese Weise je Gussform hergestellten Miniaturen schwankt. Sie reicht von einem Exemplar (bei besonderer Bestellung) bis hin zu Serien von 100 bis 150 Exemplaren. Der Kläger vertrieb die Schiffsmodelle nicht selbst an interessierte Kunden, sondern verkaufte sie beispielsweise über Buchhandlungen und Galerien, in einem Einzelfall auch über eine Spezialabteilung eines Spielwarengeschäftes. Die Preise der Arbeiten reichen von 70 DM bis 130 DM je nach Größe und Ausstattung der Schiffe, eine Auftragsarbeit kostete durchschnittlich 4.000 DM. Für eine durchschnittlich große Miniatur mit etwas aufwendigerer Bemalung benötigte der Kläger eine Arbeitszeit (einschließlich Herstellung der Gussform) von ca. 14 Tagen.

Seit 1985 gibt der Kläger Gewerbesteuererklärungen ab, in denen die Art seines Unternehmens als "Herstellung und Vertrieb von Modellen" bezeichnet wird. Im Streitjahr erklärte der Kläger in seiner Gewerbesteuererklärung vom 15.06.1992 einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... DM. Der Beklagte veranlagte den Kläger mit Gewerbesteuermessbescheid 1990 vom 18.02.1993, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, erklärungsgemäß und setzte den Gewerbesteuermessbetrag auf ... DM fest. Am 30.03.1993 wurde dieser Gewerbesteuermessbescheid nach § 164 Abs. 2 AO geändert und der Gewerbesteuermessbetrag auf ... DM festgesetzt, wobei der Vorbehalt der Nachprüfung bestehen blieb. Nach einer bei dem Kläger durchgeführten Außenprüfung wurde der Gewerbesteuermessbescheid 1990 am 17.02.1994 erneut geändert, der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben und der Gewerbesteuermessbetrag auf ... DM festgesetzt.

Der Kläger legte gegen diesen Bescheid am 01.03.1994 Einspruch ein, mit dem er unter anderem die Meinung vertrat, seine Tätigkeit sei künstlerischer Natur. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens legte der Kläger ein Schreiben des Leiters des wissenschaftlichen Institutes für Schifffahrts- und Marinegeschichte GmbH, Herrn A, vom 29.10.1999 vor. Darin wird bescheinigt, dass diese Art von Schiffsmodellen ursprünglich militärischen Zwecken (Schiffstypenerkennung) gedient habe, es mittlerweile aber sehr viele Hersteller von Schiffsminiaturen im Maßstab 1:1250 gebe, so dass sich die Qualität der Modelle ständig verbessert und inzwischen einen "absolut künstlerischen Höhepunkt" erreicht habe. Nur mit Hilfe dieser Schiffsmodelle, für die sich mittlerweile eine weltweite Sammlergemeinschaft gebildet habe, sei es seinem Institut möglich, die Weltschifffahrt der letzten 3000 Jahre vergleichend darzustellen. Auch andere berühmte öffentliche und private Museen weltweit verfügten heute über Sammlungen zu diesem Thema. Hinsichtlich des weiteren Inhalts des Schreibens wird auf Blatt 19 der Rechtsbehelfsakte Bezug genommen. Der Kläger wies im Rahmen des Einspruchsverfahrens weiter darauf hin, dass es sein Ziel sei, das tatsächliche Aussehen der Originale in den Skulpturen zu treffen, dies schließe aber eine künstlerische Tät...

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