Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewährt ein Dritter Arbeitnehmern eines Unternehmens Rabatt, liegt nur ausnahmsweise steuerpflichtiger Lohn vor
Leitsatz (amtlich)
1. Rabatte, die Arbeitnehmern von dritter Seite eingeräumt werden, sind nur Arbeitslohn, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass mit dem Preisnachlass die für den Arbeitgeber erbrachte Arbeitsleistung final entgolten werden soll.
2. "Enge Beziehungen sonstiger Art" zwischen dem Dritten und dem Arbeitgeber allein begründen den erforderlichen Veranlassungszusammenhang nicht (gegen BMF-Schreiben vom 20.01.2015 (BStBl I 2015, 143).
3. Dass der Dritte den Rabatt aus eigenwirtschaftlichen Gründen gewährt, spricht gegen die Annahme von Arbeitslohn.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Lohnsteuerpflicht für Preisnachlässe, die den Mitarbeitern der Klägerin durch die Unternehmen der ... KG gewährt werden.
I.
1. Beide Unternehmen wurden einst von demselben Unternehmer ... gegründet.
Die KG ist ein weltweit tätiger Handels- und Dienstleistungskonzern.
Geschäftsgegenstand der Klägerin ist im Wesentlichen die Entwicklung, Planung, Realisierung und die Verwaltung von Immobilien. Die Klägerin beschäftigt rund ... Mitarbeiter.
Die Geschäftsanteile an der Klägerin hält eine Holdinggesellschaft, deren Gesellschafter zu 20% die verwitwete ... Ehefrau des Unternehmensgründers sowie deren gemeinsamer Sohn (S) zu 60% und seine Schwester zu 20% sind. S ist Vorsitzender der Geschäftsführung der Klägerin.
Die Gesellschafter der Holding sind als Minderheitsgesellschafter zugleich an der KG beteiligt, nämlich S zu etwas über 20 % und seine Mutter und seine Schwester zu jeweils knapp 6% (zusammen also 32...%). S ist eines von 25 Aufsichtsratsmitgliedern der der persönlich haftenden Gesellschafterin der KG. Aufsichtsratsvorsitzender ist dort sein Halbbruder. Mehrheitsgesellschafter der KG ist eine den Namen seines Halbbruders tragende Stiftung.
Die Klägerin auf der einen Seite und die Unternehmen der KG auf der anderen Seite sind rechtlich selbständig. Sie gehören nicht zu einem Konzern im Sinne von § 18 Aktiengesetz und sind keine miteinander verbundenen Unternehmen im Sinne von § 15 Aktiengesetz.
2. Die KG gewährt im Rahmen einer freiwilligen Leistung ihren Konzernmitarbeitern auf alle Käufe aus dem eigenen Warensortiment Rabatt. Über die Gewährung des Mitarbeiter-Rabatts wird bei der KG ausweislich eines als Anlage K 4 vorgelegten Schreibens von dort jährlich durch einen Konzernvertreter und einem Mitglied des Konzernbetriebsrates als Arbeitnehmervertreter, ohne Hinzuziehung des Aufsichtsrates, entschieden. Die Entscheidung wird den Mitarbeitern durch Aushang bekannt gemacht.
Weiter heißt es in dem als Anlage K 4 vorgelegten Schreiben, dass der Rabatt aufgrund dieser Entscheidung auch den Mitarbeitern der Klägerin gewährt werde.
Im streitgegenständlichen Zeitraum betrug der Rabatt 15%. Die Unternehmen der KG gewährten den Mitarbeitern der Klägerin, einschließlich der beurlaubten, pensionierten und in Elternzeit befindlichen Mitarbeiter, bei Warenbestellung diesen Preisnachlass auf den Katalog- bzw. Onlinepreis. Bestellungen richten die Mitarbeiter direkt an die KG unter Angabe ihrer Personalnummer. Der Kaufpreis für bestellte Waren wird dann in der Lohnbuchhaltung direkt vom Lohn des Mitarbeiters einbehalten und dem Lieferunternehmen gutgeschrieben, sofern sich der Mitarbeiter nicht für eine Lieferung per Nachnahme oder für eine Zahlung durch Überweisung entscheidet. Die Waren werden in der Regel an die Klägerin geliefert und dort von den Mitarbeitern entgegengenommen.
Der Umsatz der KG mit Mitarbeitern der Klägerin beläuft sich jährlich auf rund EUR 1 Mio.
Eine ausdrückliche Vereinbarung über die Gewährung des Rabatts an die Mitarbeiter der Klägerin gibt es nicht, weder zwischen der KG und der Klägerin noch mit deren Mitarbeitern, auch nicht zwischen der Klägerin und ihren Mitarbeitern. Die Klägerin ist gegenüber ihren Mitarbeitern oder gegenüber der KG hinsichtlich der Rabattgewährung oder der Durchführung der Personaleinkäufe keinerlei Pflichten eingegangen.
II.
1. Auf entsprechenden Antrag der Klägerin vom 08.01.2014 erließ der Beklagte am 20.03.2015 eine Anrufungsauskunft nach § 42e EStG, nach der es sich bei den Preisnachlässen um steuerpflichtigen Arbeitslohn handele. Zum einen wirke die Klägerin durch ihre Inkassotätigkeit aktiv an der Rabattgewährung mit, denn sie habe die jeweiligen Rechnungsbeträge vom Nettoarbeitslohn der Mitarbeiter einbehalten und an die KG abgeführt. Zum anderen bestünde eine "enge Beziehung sonstiger Art" zwischen der Klägerin und den Unternehmen der KG, denn sie seien über ihre Entstehungsgeschichte und darüber hinaus aufgrund enger familiärer Bindungen der Halbbrüder stark miteinander verflochten.
Den Einspruch der Klägerin hiergegen wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 06.01.2016 als unbegründet zurück.
2. Daraufhin berichtigte die Klägerin am 20.01.2016 ihre streitgegenständliche Lohnsteueranmeldun...