Entscheidungsstichwort (Thema)
Freistellungsbescheinigung für Bauabzugsteuer
Leitsatz (amtlich)
Versagung der Freistellungsbescheinigung bei Gefährdung des Steueranspruchs durch steuerliches Vorverhalten Dritter (hier: der Eltern) kann im Einzelfall rechtmäßig sein.
Normenkette
EStG § 48b
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erteilung einer Freistellungsbescheinigung für das Verfahren der Bauabzugsteuer gemäß § 48 b des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Die am ... geborene Klägerin ist Schülerin.
Am 11.06.2009 ging bei dem Beklagten ein ausgefüllter und von der Klägerin unterschriebener Fragebogen zur steuerlichen Erfassung einer gewerblichen Tätigkeit ein. Darin gab die Klägerin an, dass sie einen Fugereibetrieb eröffnet habe. Sie beantragte die Erteilung einer Freistellungsbescheinigung gemäß § 48 b EStG.
Auf Nachfragen des Beklagten teilte die Klägerin mit, dass sie sich jeweils nach der Schule um den Betrieb kümmere. Ihre Mutter unterstütze sie dabei. Ihren Vater, der Erfahrungen im Fugereigewerbe habe, beschäftige sie als Arbeitnehmer. Sie arbeite mit unterschiedlichen Auftraggebern zusammen und führe die Vertragsverhandlungen selbst. Die Klägerin legte hierzu eine Gewerbeanmeldung vom ... 2009 und bezüglich des Vaters eine Meldebescheinigung zur Sozialversicherung vom ... 2009 vor.
Der Beklagte stellte fest, dass der Vater der Klägerin von 1996 bis 2004 einen Gewerbebetrieb "Fugereibetrieb im Hochbau" unterhalten hatte und dass die Eltern der Klägerin Steuern in Höhe von 43.229,38 € nicht entrichtet hatten (Stand: 24.06.2009). Wegen dieser Rückstände hatte das Bezirksamt Hamburg-1 dem Vater der Klägerin auf Anregung des Beklagten hin mit Bescheid vom 20.12.2004 die Ausübung seines Gewerbes untersagt. Am 24.01.2005 hatte der Vater eine eidesstattliche Versicherung abgegeben und zugesagt, den Betrieb aufzugeben.
Aus den beigezogenen Steuerakten der Eltern der Klägerin ging zudem hervor, dass die Mutter der Klägerin von 1993 bis 1996 im Baugeschäft tätig gewesen und wegen nicht erklärter Betriebseinnahmen mit Strafbefehl vom 13.09.2001 wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe von 190 Tagessätzen zu je 25,00 DM verurteilt worden war. Der Strafbefehl wurde rechtskräftig.
Mit Bescheid vom 10.07.2009 lehnte der Beklagte die Erteilung einer Freistellungsbescheinigung gemäß § 48 b EStG ab; es sei davon auszugehen, dass der Betrieb tatsächlich nicht von der Klägerin, sondern von ihrem Vater geführt werde.
Der Einspruch der Klägerin vom 27.07.2009 wurde mit Entscheidung des Beklagten vom 08.09.2009 als unbegründet zurückgewiesen. In der Begründung führt der Beklagte aus: Die Freistellungsbescheinigung sei nach § 48 b EStG dem Leistenden i. S. d. Bauabzugsteuer zu erteilen. Als Leistender komme nur in Betracht, wer ein Gewerbe i. S. d. § 15 EStG betreibe. Der Vortrag der Klägerin sei nicht glaubhaft; insbesondere könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin Unternehmerrisiko trage und Unternehmerinitiative entfalte. Es erscheine vielmehr wahrscheinlich, dass der Vater wegen der gegen ihn erwirkten Gewerbeuntersagung die Klägerin bevollmächtigt habe, in ihrem Namen und für ihn geschäftlich tätig zu werden. Insbesondere sei nicht glaubhaft, dass der Vater als Arbeitnehmer den Weisungen der Klägerin unterworfen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
Die Klägerin hat am 12.10.2009 Klage erhoben. Sie trägt vor, sie selbst sei als Gewerbetreibende i. S. d. § 15 EStG anzusehen. Sie allein führe die erforderlichen Vertragsverhandlungen und sei gegenüber ihrem Vater keinen Weisungen unterworfen; vielmehr erteile sie selbst die notwendigen Weisungen und bestimme allein die geschäftlichen Aktivitäten. Ihr Vater könne weder lesen noch schreiben; insoweit sei es ihm objektiv unmöglich, einen Handwerksbetrieb zu führen. Er nutze lediglich seine nach wie vor bestehenden Kontakte zu Auftraggebern und sei mit der Auftragsdurchführung beauftragt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das schriftsätzliche Vorbringen der Klägerin Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt, den Ablehnungsbescheid vom 10.06.2009 sowie die Einspruchsentscheidung vom 08.09.2009 aufzuheben und den Beklagten zum Erlass eines Freistellungsbescheids zu verpflichten.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist der Beklagte im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung.
Der Rechtsstreit ist mit den Beteiligten am 24.02.2010 erörtert worden. Im Rahmen des Erörterungstermins hat die Klägerin noch einmal dargelegt, dass ihre Eltern über die erforderlichen Erfahrungen verfügten und sie bei der Führung des Fugereibetriebs unterstützten. Um die Buchführung kümmere sich ihr Prozessbevollmächtigter. Von Juni bis Oktober 2009 habe sie vielleicht drei bis vier Aufträge gehabt; genau könne sie das nicht mehr sagen. Sie wisse auch nicht mehr, ob es schriftliche Vereinbarungen zu den Aufträgen gegeben habe. Die erforderlichen Steuervoranmeldungen seien bis einschließlich Januar 2010 geferti...