Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifrecht: Tarifierung von getrockneten und gesalzenen Tomaten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Solange getrocknete und gesalzene Tomaten ohne Gefährdung der Gesundheit jedenfalls in kleineren Mengen verzehrt werden könne, sind sie nicht in Pos. 0711 KN einzureihen.

2. Das Salzen von zu trocknenden Tomaten ist eine über die in Pos. 0712 KN zulässige Trocknung hinausgehende Zubereitung.

3. Daher sind derart getrocknete und gesalzene Tomaten in Pos. 2002 KN einzureihen, auch wenn sie noch nicht für den Endverbrauch zubereitet sind.

 

Normenkette

KN Pos. 0711; KN Pos. 0712; KN Pos. 2002

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die zolltarifliche Einreihung von getrockneten, gesalzenen und geschwefelten Tomaten.

1. Die Klägerin stellte am 01.04.2011 den Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft (vZTA) für "sonnengetrocknete Tomaten, produziert aus frischen, einwandfreien Tomaten, gewaschen und gesäubert und schonend getrocknet. Tomaten sind von jeglichen Fremdkörpern befreit". Bei der Ware handelt es sich um Tomaten aus der Türkei, die dort halbiert, in der Sonne getrocknet und während des Trocknungsprozesses mit Salz und mit Schwefel behandelt werden. Das streitgegenständliche Produkt hat eine biegsame, ledrige und zähe Konsistenz. Der Wassergehalt beträgt unstreitig um die 22 %. In der dem Antrag beigefügten "Rohwarenspezifikation" sind u. a. die Zutaten vermerkt, nämlich Tomaten, Salz, Säuerungsmittel: Zitronensäure, Antioxidanten: Natriumdisulfit, Ascorbinsäure. Der Salzgehalt ist mit 16 +/- 1,5 % angegeben, der Gehalt an Schwefeldioxid mit weniger als 200 Ppm. Weiter heißt es dort, dass die Tomaten für 20 Minuten in warmes Wasser zu geben seien. Die Klägerin schlug zur Einreihung die Codenummer 0712 9030 00 0 vor.

2. Der Beklagte erteilte am 13.05.2011 eine vZTA, mit der die Ware in die Codenummer 2002 1090 der Kombinierten Nomenklatur (KN) eingereiht wurde. Zur Beschaffenheit wurde angegeben (Bl. 20 GA): "rote, getrocknete, unmittelbar genießbare Tomatenhälften mit Schale und anhaftenden Salzkristallen. Geschmack: salzig, nach getrockneten Tomaten."

3. Die Klägerin legte am 18.05.2011 Einspruch ein. In der Einspruchsbegründung führte die Klägerin zum Herstellungsprozess u. a. aus, dass die Tomaten vor dem Trocknungsprozess halbiert und mit Salz bzw. Schwefel bestreut werden, damit die Tomaten schneller trocknen und um sie vorläufig haltbar zu machen. Nach Erreichen des gewünschten Trocknungsgrades würden die Tomaten von groben Verunreinigungen befreit und in die Union versendet. Dort müssten sie noch zur Reinigung gewaschen werden, denn bei dem Trocknungsvorgang unter freiem Himmel komme es zu Verschmutzungen wie etwa Vogelkot, die unter Einsatz von Wasser entfernt werden müssten. Würden sie vor dem Transport gewaschen, würden sie verderben. Nach der Reinigung würden die Tomaten in Wasser eingelegt, um sie einzuweichen und den Salzgehalt von 16 % auf 4,5 % zu reduzieren. Im unbehandelten Zustand seien die Tomaten ledrig und zäh und sehr salzig. Sie seien zwar durchaus kau- und unter Überwindung in kleineren Mengen von weniger als drei bis vier Hälften essbar, zum unmittelbaren Genuss aber nicht geeignet. Nach Vermischung mit Kräutern und Gewürzen würden die gewaschenen und gewässerten Tomaten in Gläser abgepackt und pasteurisiert, um sie als Konserve haltbar zu machen. In dem Zustand, in dem die Tomaten eingeführt werden, seien sie rund 540 Tage ohne weitere Verarbeitung haltbar.

4. Der Einspruch der Klägerin vom 18.05.2011 wurde mit Einspruchsentscheidung vom 20.02.2012 als unbegründet zurückgewiesen. Die Ware sei nicht in Pos. 0711 KN einzureihen, weil sie die beiden Bedingungen - vorläufige Haltbarmachung und in diesem Zustand zum unmittelbaren Genuss ungeeignet - nicht erfüllten. Die Haltbarkeit von 540 Tagen sei nicht mehr nur eine vorläufige. Die Tomaten seien durch diese Behandlung nicht ungenießbar geworden. Mehrere Gutachter hätten übereinstimmend festgestellt, dass die Tomaten zwar deutlich wahrnehmbar nach Salz schmeckten, aber dennoch unmittelbar - wenn auch nicht in sehr großen Mengen - verzehrt werden könnten. Für die unmittelbare Genusstauglichkeit spreche auch der Umstand, dass sich getrocknete Tomaten mit vergleichbaren Salzgehalten im Handel befänden. Unabsichtliche Verunreinigungen seien, auch wenn sie die lebensmittelrechtliche Verkehrsfähigkeit in Frage stellten, zolltariflich unerheblich.

5. Die Klägerin hat am 21.03.2012 Klage erhoben. Die Tomaten unterfielen als Gemüse dem Kapitel 7 KN. Die Tomaten seien in Pos. 0711 KN einzureihen - und schon deswegen aus der Pos. 2002 KN ausgewiesen -, weil sie nur vorläufig haltbar gemacht und zum unmittelbaren Genuss nicht geeignet seien; der Salzgehalt mit rund 16 % sei für den menschlichen Genuss deutlich zu hoch und die Schmutzanhaftungen seien ekelerregend. Aus der ErlKN zu Pos. 0711 Rz. 06.1 ff. ergebe sich zum Salzgehalt, das in dieser Tarifstelle eine Grenze bei 10 % liege; jedenfalls bei 15 % Salzgehalt sei ein...

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