rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungsfähigkeit von Gutachterkosten/Entstehen einer Beweisgebühr
Leitsatz (redaktionell)
Aus der Tatsache, dass die Anhörung eines Beteiligten ohne Beachtung besonderer Förmlichkeiten vor sich gegangen ist, kann im Regelfall geschlossen werden, dass eine Beweisaufnahme weder beabsichtigt war, noch stattgefunden hat und folglich eine Beweisgebühr nicht entstanden ist.
Die Erstattung von Aufwendungen für ein im finanzgerichtlichen Verfahren vorgelegtes Privatgutachten kommt nur in Betracht, wenn schwierige technische Fragen zu beurteilen sind, wenn mit dem eingeholten Gutachten ein bereits vorliegendes Gutachten des anderen Beteiligten widerlegt werden soll oder wenn es um die Beantwortung von Fragen aus einem anderen Rechtsgebiet geht.
Normenkette
BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 3; FGO § 139 Abs. 1, 3; BRAGO § 31 Abs. 1
Tatbestand
I. Die Kläger begehrten im Verfahren 10 K 1857/95 wegen Einkommensteuer 1991 die Berücksichtigung von Zahlungen in Höhe von 18.250 DM, die im Streitjahr 1991 auf ein Schuldanerkenntnis geleistet worden waren, als Werbungskosten des Klägers bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit. In dem Klageverfahren hatten die Kläger zur Untermauerung ihrer Ansicht u.a. ein privates Rechtsgutachten vom 16. Juli 1997 vorgelegt, für das dem Prozessbevollmächtigten der Kläger 1.740 DM zzgl. 261 DM USt berechnet wurden und ein weiteres Kurzgutachten vom 22. Mai 1998, für das 350 DM zzgl. 56 DM USt berechnet worden waren. Am 7. Dezember 1999 erschien der Prozessbevollmächtigte im FG zur Vornahme einer Akteneinsicht. Dabei wurden ausweislich eines Vermerks des Bücherei-Verwalters 33 Kopien gefertigt, für die der Prozessbevollmächtigte 33 DM entrichtete. Am 10. November 1999 und am 8. Februar 2001 fanden in der Klagesache mündliche Verhandlungen statt. Der Kläger erschien nur in der Verhandlung vom 10. November 1999 persönlich. Die Niederschrift der mündlichen Verhandlung enthält keinen Hinweis darauf, dass eine förmliche Beweisaufnahme in Form einer Beteiligten-Vernehmung stattgefunden hat.
Der Klage wurde mit Urteil vom 8. Februar 2001 stattgegeben. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Beklagten auferlegt. Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zugelassen, ob die Gestellung einer Sicherheit durch einen ehemaligen Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, die ohnehin wegen Vermögenslosigkeit gelöscht werden soll, auch dann gesellschaftsrechtlich veranlasst ist, wenn mit der Gestellung der Sicherheit die Freigabe des zur Sicherheit übereigneten Inventars für einen neuen Betreiber des Unternehmens erreicht werden soll, der mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer ein neues Arbeitsverhältnis begründen will.
Mit ihrem Kostenfestsetzungsantrag vom 9. März 2001 beantragten die Kläger unter anderem den Ansatz einer Beweisgebühr, der Kosten des Rechtsgutachtens, und die Erstattung von 400 DM für „ca. 400 angefertigte Kopien”. Mit Schreiben vom 7. Januar 2001 wurde der Prozessbevollmächtigte u.a. aufgefordert, zu erläutern, wieso die angesetzten Kosten für Kopien und die Gutachtenkosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen seien. In seinem Antwortschreiben vom 14. Januar 2002 trug der Prozessbevollmächtigte vor, es habe sich um umfangreiche Kopien aus Behörden- und Gerichtsakten gehandelt, die u.a. im Finanzgericht aus den dort vorliegenden Prozessakten gegen Quittung angefertigt worden seien. So seien Aktenteile kopiert worden, die dem Prozessvertreter nicht bekannt gewesen bzw. vom Beklagten bestritten worden seien. Das Gutachten habe sich mit der Analyse der streitigen steuerlichen und rechtlichen Materie befasst und der Klagebegründung gedient.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 16. April 2002 wurden die zu erstattenden Kosten auf 1.118 EUR festgesetzt. Der Ansatz der o.a. Positionen unterblieb dabei. Zur Begründung führte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle aus, eine Beweisgebühr könne zwar auch dann entstehen, wenn das Gericht die für die Parteivernehmung vorgeschriebenen Förmlichkeiten nicht beachtet habe, im Streitfall ergäben sich aber keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Beweisaufnahme stattgefunden habe. Die Aufwendungen für das private Rechtsgutachten seien nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen. Die Erstattung von Schreibauslagen sei durch § 139 Abs. 1 FGO eingeschränkt. Erstattungsfähig seien nur notwendige Schreibauslagen. Der Prozessbevollmächtigte habe trotz Aufforderung im Schreiben vom 7. Januar 2001 nicht erläutert, wieso die angesetzten Kosten für Kopien zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen seien.
Mit der Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss machten die Kläger zunächst geltend, die Beweisgebühr sei zu Unrecht nicht angesetzt worden, auch wenn aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10. November 1999 nicht ersichtlich sei, dass eine Beweiserhebung durchgeführt worden sei. Das Gericht habe in dieser Verhandlung jedoch über streitige recht...