Entscheidungsstichwort (Thema)

EG-Amtshilfegesetz, DBA-Spanien, Einstweilige Anordnung auf Unterlassen der Mitteilung von Steuerverhältnissen, Spontanauskunft

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Anordnungsanspruch ist gegeben, wenn zwar die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 EGAHiG i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 1 EGAHiG für die beabsichtigte Auskunftserteilung gegeben sind, die beabsichtigte Spontanauskunft jedoch ermessensfehlerhaft ist.

2). Die Voraussetzungen für eine Spontanauskunft nach Art. 26 Abs. 1 DBA-Spanien sind nicht erfüllt, wenn die Finanzbehörde keine an den Tatbestandsmerkmalen dieser Vorschrift orientierte Ermessensentscheidung getroffen hat.

3) Ein Anordnungsanspruch i.S.v. § 114 FGO in Bezug auf die spontane Weiterleitung von Steuerinformationen ist nicht gegeben, wenn diese für die zutreffende Besteuerung des Steuerpflichtigen im anderen Mitgliedsstaat geeignet sein können (§ 2 Abs. 2 Satz 1 EGAHiG 2008). Dem steht nicht entgegen, dass die Vorgänge im anderen Mitgliedsstaat möglicherweise bereits ordnungsgemäß versteuert worden sind oder dass eine Besteuerung wegen eingetretener Verjährung ausgeschlossen ist.

 

Normenkette

AO § 117 Abs. 1-2, 4; FGO § 102 S. 1, § 114; EGAHiG § 1 Abs. 2 S. 1, § 2 Abs. 1, 2 S. 1; DBA Spanien Art. 26 Abs. 1 S. 1; BGB § 1004 analog; AO § 30 Abs. 4 Nr. 2

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit einer beabsichtigten Spontanauskunft der deutschen an die spanischen Finanzbehörden.

Der Antragsteller ist als Unternehmer im … tätig. Er ist Inhaber der in G ansässigen A OHG sowie an verschiedenen im In- und Ausland tätigen Unternehmen der „A-Gruppe” mit Büros in G (Deutschland), R und U (Spanien) beteiligt. Der Antragsteller hat nach den Feststellungen der deutschen Finanzbehörden Wohnsitze in Deutschland, Spanien, der Schweiz und Österreich. Der Antragsteller unterlag bis zum Jahre 2002 in Deutschland der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht und ist seit 2003 beschränkt steuerpflichtig; er wurde dementsprechend zur Einkommensteuer veranlagt.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung bei verschiedenen Gesellschaften, an denen der Antragsteller beteiligt ist, sowie im Zuge von ab dem Jahre 2007 geführten steuerstrafrechtlichen Ermittlungen gegen den Antragsteller traf das Finanzamt G im Wesentlichen durch die Steuerfahndungsstelle folgende Feststellungen:

  1. Im Jahre 2000 veräußerte der Antragsteller mit Vertrag vom 10. November 2000 (Bl. 20 der Gerichtsakte –GA–) seine 22-prozentige Beteiligung an der spanischen Gesellschaft M S.A., S (Spanien), zu einem Verkaufspreis von … US-$ (umgerechnet … DM). Den hieraus erzielten Veräußerungsgewinn schätzte das Finanzamt – auf Basis geschätzter Anschaffungskosten – auf … DM (vgl. Teilziffer 1.15 des Fahndungsberichts des Finanzamts G vom 14. September 2010, Bl. 51 der GA). Der Antragsteller hatte im Jahre 2000 sowohl in Deutschland als auch in Spanien einen Wohnsitz, war jedoch aufgrund seines Lebensmittelpunktes in Spanien dort ansässig. In der Folge nahm das Finanzamt ein Spanien zustehendes Besteuerungsrecht bezüglich des Veräußerungsgewinns an (vgl. Art. 13 DBA-Spanien); in Deutschland wurde der Veräußerungsgewinn lediglich im Rahmen des Progressionsvorbehalts (vgl. § 32b EStG; Art. 23 DBA-Spanien) berücksichtigt (Bl. 53 der GA).
  2. Die A OHG verfügte nach Angaben des Antragstellers bis 2008 in Spanien, in U über eine Betriebsstätte, von der aus sie die … von spanischen … an vornehmlich deutsche Erwerber betrieb. Die Räumlichkeiten wurden von der spanischen Gesellschaft H S.A. angemietet, deren Aktien zu 100 % der K S.L. gehörten, die sich wiederum im Alleineigentum des Antragstellers befand. Ein weiteres Büro der A OHG befand sich im B in R-S. Nach den Feststellungen des Finanzamts G sei die spanische Betriebsstätte nicht anzuerkennen, solange ein Nachweis der Besteuerung der erzielten Gewinne in Spanien fehlt. Demzufolge wurden die in Spanien erzielten Einkünfte vollumfänglich in Deutschland besteuert (vgl. Bl. 6, 54, 72 der GA).
  3. In den von der A OHG in den Jahren 2004 und 2005 in Spanien erzielten Einkünften sind sowohl Provisionserträge als auch Provisionsaufwendungen im Zusammenhang mit der Vermarktung und Umsetzung des Projekts „W” bzw. der Vermittlung der Veräußerung von Anteilen an der P S.A. enthalten. Hintergrund dieses Projekts ist die Verwirklichung eines … auf Grundstücken der P S.A.

    Um die Vermarktung und Umsetzung dieses Projektes sollte sich die A International Consulting S.L., S, kümmern. Als Gegenleistung dafür sollte diese Gesellschaft Aktien der P S.A. erhalten (vgl. Bl. 6 der GA sowie die Vereinbarung vom 14. August 2002, Bl. 135 der GA). Der Antragsteller ist an der A International Consulting S.L. über die A International Investment S.L., deren Anteile der Antragsteller sowie dessen Ehefrau halten, beteiligt. Zwischen der A International Consulting S.L. und der A OHG wurde am 9. November 2002 ein Kooperationsvertrag (Bl. 145 der GA) abgeschlossen, won...

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