Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe auch nach Klagerücknahme möglich
Leitsatz (redaktionell)
Nimmt der Kläger im Rahmen einer Einigung mit dem Finanzamt seine Klage im finanzgerichtlichen Verfahren zurück, so kann ihm auch noch im Nachhinein PKH gewährt werden, wenn der Antrag im Zeitpunkt der Rücknahme bereits bewilligungsreif war.
Normenkette
ZPO § 114; FGO § 142 Abs. 1
Tatbestand
I.
Im Hauptsacheverfahren war streitig, ob vom Antragsgegner (Ag.) im Wege der Schätzung festgestellte Umsätze eines Gewerbebetriebes für 1997 dem Antragsteller (Ast.) oder einer dritten Person zuzurechnen sind.
Der Ast. meldete zum 16.11.1995 in … eine Schank- und Speisewirtschaft mit dem Namen „…” als Gewerbebetrieb an. Er füllte einen vom Finanzamt versandten Fragebogen zur gewerblichen Tätigkeit aus und unterschrieb ihn. Er unterschrieb nicht nur den Vertrag mit der Brauerei, sondern auch die Gewinnermittlungsunterlagen sowie die Umsatzsteuererklärungen der Jahre 1995 und 1996.
Bis Oktober 1996 war er selbst als Koch in diesem Betrieb tätig.
Nachdem für 1997 keine Umsatzsteuererklärung und keine Gewinnermittlung mehr beim Finanzamt einging, schätzte der Ag. die Umsätze mit 250.000,– DM. Ein entsprechender Bescheid erging mit Datum vom 17.06.1999.
Noch vor Erlass des entsprechenden Schätzungsbescheides hatte der Antragsteller sich mit Schreiben vom 05.10.1998 mit dem Finanzamt … in Verbindung gesetzt und ihm mitgeteilt, dass er lediglich als Konzessionsträger für dieses Lokal aufgetreten sei. Betreiber und tatsächlicher Inhaber sei Herr …. Zur Bestätigung dieses Vortrags legte er verschiedene Schriftstücke, u.a. einen Vertrag mit Herrn … vor, in dem dieser bestätigt, dass der Ast.
„von folgenden Sachen freigestellt wird
- Finanzamt
- Angestellten (Bezüge, Lohnnebenkosten)
- Mietzahlungen …
- Werbekosten
- Betriebskosten.”
Überdies verpflichtete sich Herr … in diesem Vertrag, für den Ast. Lohn, Versicherung und Rentenbeiträge zu zahlen.
Dem Ag. wurde gleichzeitig bekannt, dass der Ast. bereits seit 1997 nicht mehr in …, sondern in der Nähe von … wohnte.
Der Ast. erklärte zum 11.11.1998 die Gewerbeabmeldung.
Im Rahmen des Hauptsacheverfahrens trägt der Ast. vor, dass ihm niemals Steuerbescheide zugegangen seien. Vielmehr habe er erst durch die Vollstreckungsstelle des Finanzamts … von diesen Steuerschulden erfahren.
Er habe daraufhin sofort reagiert und sich sowohl an Herrn … gewendet, als auch die Gewerbeabmeldung veranlasst. Zudem sei er auch von der Brauerei aus dem Pachtvertrag entlassen und von jeglicher Haftung freigestellt worden. Die Brauerei habe auch schon immer gewußt, dass Herr … der eigentliche Betreiber sei. Dieser habe auch die notwendige Kaution gezahlt, um die diese beiden sich dann in einem Zivilrechtsstreit gestritten hätten. Auch der Unternehmensberatung …, die für die steuerlichen Angelegenheiten zuständig gewesen sei, sei von Anfang an bekannt gewesen, dass Herr … der Betreiber der Gaststätte gewesen sei. Er habe weder Einblick noch Zugriff auf geschäftliche Unterlagen gehabt.
Er könne schon aufgrund der Aufdeckung des „Strohmannverhältnisses” jedenfalls nach dem 05.10.1998 nicht mehr als Unternehmer und Betreiber des o.g. Lokals angesehen werden. Schon allein deswegen seien die Festsetzungen durch das Finanzamt fehlerhaft erfolgt.
Der Ast. beantragt,
- ihm ratenfreie Prozesskostenhilfe zu gewähren sowie
- ihm Rechtsanwalt … als Rechtsbeistand beizuordnen.
Der Ag. beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Der Ag. vertrat im Hauptsacheverfahren die Auffassung, dass für die Frage, wem eine Leistung zuzurechnen sei, allein entscheidend sei, wer nach außen als Unternehmer auftrete. Bis zur Abmeldung des Gewerbes sei nach außen immer der Ast. als Betreiber des Lokals erschienen. Er sei in Briefköpfen als Inhaber ausgewiesen gewesen, habe Steuererklärungen, Gewerbeanmeldung etc. unterschrieben. Zudem sei er auch Verhandlungspartner für Geschäftspartner, wie bspw. für die Brauerei, gewesen. Zudem seien Rechnungen etc. auf ihn ausgestellt worden. Er habe damit auch das unternehmerische Risiko von Erfolg oder Mißerfolg getragen.
Spätestens aber nach Aufgabe seiner Tätigkeit als Koch dieses Betriebes sei von einer unternehmerischen Tätigkeit des Ast. auszugehen.
Ohne Relevanz sei, dass das Finanzamt vor Erlass des Feststellungsbescheides 1997 und vor Erlass des Umsatzsteuerbescheides 1997 Kenntnis von den Vereinbarungen zwischen dem Ast. und Herrn … erhalten habe. Maßgebend für den Erlass von Steuerbescheiden seien nicht die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Bescheiderteilung, sondern die Verhältnisse im Feststellung- bzw. Steuerjahr.
Im Rahmen eines Erörterungstermins am 03.09.2002 nahm der Ast. – nicht aufgrund mangelnder Erfolgsaussichten in der Hauptsache, sondern aus rein pragmatischen Erwägungen im Rahmen einer Gesamteinigung der Beteiligten – die Klage zurück. Seinen Prozesskostenhilfeantrag hielt er ausdrücklich aufrecht.
Entscheidungsgründe
II.
Dem Ast. ist unter Beiordnung des von ihr benannten Rechtsanwalts, seines Prozessvertreters, Proz...